Mittelschwaebische Nachrichten
Im Schatten der Golf-Krise
USA Trump gibt sich im Iran-Konflikt erstaunlich zurückhaltend. Innenpolitisch drohen ihm echte Schwierigkeiten
New York Jetzt könnte er poltern und drohen. Mit „Feuer und Zorn“und der totalen Vernichtung drohen, wie er es vor zwei Jahren getan hat. Doch Donald Trump macht etwas Ungewohntes. Am Rednerpult der UN-Vollversammlung hält er an sich. Natürlich steht der Konflikt mit dem Iran nach dem Raketenund Drohnenangriff auf die saudischen Ölraffinerien im Zentrum seiner Rede. Aber der US-Präsident erlaubt sich keine emotionale Abweichung vom Manuskript.
„Der Iran ist der größte staatliche Terror-Sponsor“, sagt Trump. Nach der Attacke auf das Herz der saudischen Petrochemie seien alle Nationen zum Handeln verpflichtet: „Keine verantwortliche Regierung sollte Irans Blutrausch bezuschussen.“Dahinter steckt die Aufforderung der USA an die Europäer, sich den Wirtschaftssanktionen anzuschließen. Die USA würden die schärfsten ökonomischen Strafen gegen das Regime in Teheran verhängen. Solange der Iran sein Verhalten nicht ändere, bleibe das so.
Das ist eine klare Ansage. Doch auffallend ist, dass sich Trump einer militärischen Drohung und persönlichen Beleidigungen enthält. Stattdessen liest er einen Satz vor, den ihm wohl ein verwegener Mitarbeiter aufgeschrieben hat: „Amerika weiß, dass jeder Krieg führen kann, aber nur die Mutigsten den Frieden wählen können.“
Das ist eine Replik auf parteiinterne Hardliner wie den Senator Lindsey Graham, die sein Zurückweichen vor einem Militärschlag kritisieren. Es ist aber auch Ausdruck des schweren Dilemmas, in das sich Trump manövriert hat: Seine Drohgebärden an die Adresse der Mullahs kann er nicht mehr steigern. Gleichzeitig will er aber im Wahljahr keinen Krieg anzetteln.
Hinzu kommt, dass Trump genug Probleme hat, seit sein delikates Telefonat mit dem ukrainischen Präsidenten bekannt geworden ist. Immer mehr Demokraten im USRepräsentantenhaus werfen ihm Machtmissbrauch vor und fordern die Einleitung eines Amtsenthebungsverfahrens. Sollte es sich bewahrheiten, dass Trump US-Hilfsgelder als Druckmittel eingesetzt habe, um von der Ukraine Ermittlungen gegen seinen politischen Widersacher, den demokratischen Präsidentschaftsbewerber Joe Biden, zu fordern, gäbe es genug Grund für eine Amtsenthebung, schrieben sieben Abgeordnete in der Washington Post. Inzwischen haben sich USMedienberichten zufolge rund 140 demokratische Parlamentarier für eine Amtsenthebung ausgesprochen. Mit Spannung wird nun erwartet, ob sich die Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, die Demokratin Nancy Pelosi, für ein solches Verfahren ausspricht und womöglich konkrete Schritte ankündigt. Trump sprach von einer „lächerlichen Hexenjagd“.
Bei der UN-Vollversammlung bemüht sich der US-Präsident, wenigstens die Kluft mit den europäischen Verbündeten nicht allzu groß werden zu lassen. Vor allem Frankreich und Deutschland halten die Kündigung des Atom-Deals durch Trump für einen schweren Fehler. Dass die Regierungschefs von Großbritannien, Frankreich und Deutschland nach langem Zweifeln in einer gemeinsamen Erklärung den Iran als Verantwortlichen für den Anschlag auf die saudische Petro-Anlage benennen, dürfte Trump gerne gelesen haben. Das hatte Außenminister Mike Pompeo von Anfang an behauptet.
Am Dienstagmorgen kommt es am Rande der UN-Sitzung zu einer Begegnung von Trump mit Kanzlerin Angela Merkel, an der auch Pompeo und Vizepräsident Mike Pence teilnehmen. Rund 20 Minuten dauert das Gespräch, bei dem es um den Iran und den Handelsstreit geht. Der weitere Inhalt bleibt vertraulich. Eine handfeste Überraschung ist, dass Merkel etwas später dann auch den iranischen Präsidenten Hassan Ruhani trifft. Merkel lässt sich über ihr viertelstündiges Gespräch wenig entlocken. „Ich werde es natürlich begrüßen, wenn es zu Gesprächen zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und dem Iran kommen würde“, sagt sie, um dann einzuschränken: „Das wird sicherlich nicht so funktionieren, dass erst einmal alle Sanktionen vom Tisch genommen werden.“Genau das aber fordert Teheran.