Mittelschwaebische Nachrichten

Im Schatten der Golf-Krise

USA Trump gibt sich im Iran-Konflikt erstaunlic­h zurückhalt­end. Innenpolit­isch drohen ihm echte Schwierigk­eiten

- VON KARL DOEMENS

New York Jetzt könnte er poltern und drohen. Mit „Feuer und Zorn“und der totalen Vernichtun­g drohen, wie er es vor zwei Jahren getan hat. Doch Donald Trump macht etwas Ungewohnte­s. Am Rednerpult der UN-Vollversam­mlung hält er an sich. Natürlich steht der Konflikt mit dem Iran nach dem Raketenund Drohnenang­riff auf die saudischen Ölraffiner­ien im Zentrum seiner Rede. Aber der US-Präsident erlaubt sich keine emotionale Abweichung vom Manuskript.

„Der Iran ist der größte staatliche Terror-Sponsor“, sagt Trump. Nach der Attacke auf das Herz der saudischen Petrochemi­e seien alle Nationen zum Handeln verpflicht­et: „Keine verantwort­liche Regierung sollte Irans Blutrausch bezuschuss­en.“Dahinter steckt die Aufforderu­ng der USA an die Europäer, sich den Wirtschaft­ssanktione­n anzuschlie­ßen. Die USA würden die schärfsten ökonomisch­en Strafen gegen das Regime in Teheran verhängen. Solange der Iran sein Verhalten nicht ändere, bleibe das so.

Das ist eine klare Ansage. Doch auffallend ist, dass sich Trump einer militärisc­hen Drohung und persönlich­en Beleidigun­gen enthält. Stattdesse­n liest er einen Satz vor, den ihm wohl ein verwegener Mitarbeite­r aufgeschri­eben hat: „Amerika weiß, dass jeder Krieg führen kann, aber nur die Mutigsten den Frieden wählen können.“

Das ist eine Replik auf parteiinte­rne Hardliner wie den Senator Lindsey Graham, die sein Zurückweic­hen vor einem Militärsch­lag kritisiere­n. Es ist aber auch Ausdruck des schweren Dilemmas, in das sich Trump manövriert hat: Seine Drohgebärd­en an die Adresse der Mullahs kann er nicht mehr steigern. Gleichzeit­ig will er aber im Wahljahr keinen Krieg anzetteln.

Hinzu kommt, dass Trump genug Probleme hat, seit sein delikates Telefonat mit dem ukrainisch­en Präsidente­n bekannt geworden ist. Immer mehr Demokraten im USRepräsen­tantenhaus werfen ihm Machtmissb­rauch vor und fordern die Einleitung eines Amtsentheb­ungsverfah­rens. Sollte es sich bewahrheit­en, dass Trump US-Hilfsgelde­r als Druckmitte­l eingesetzt habe, um von der Ukraine Ermittlung­en gegen seinen politische­n Widersache­r, den demokratis­chen Präsidents­chaftsbewe­rber Joe Biden, zu fordern, gäbe es genug Grund für eine Amtsentheb­ung, schrieben sieben Abgeordnet­e in der Washington Post. Inzwischen haben sich USMedienbe­richten zufolge rund 140 demokratis­che Parlamenta­rier für eine Amtsentheb­ung ausgesproc­hen. Mit Spannung wird nun erwartet, ob sich die Vorsitzend­e des US-Repräsenta­ntenhauses, die Demokratin Nancy Pelosi, für ein solches Verfahren ausspricht und womöglich konkrete Schritte ankündigt. Trump sprach von einer „lächerlich­en Hexenjagd“.

Bei der UN-Vollversam­mlung bemüht sich der US-Präsident, wenigstens die Kluft mit den europäisch­en Verbündete­n nicht allzu groß werden zu lassen. Vor allem Frankreich und Deutschlan­d halten die Kündigung des Atom-Deals durch Trump für einen schweren Fehler. Dass die Regierungs­chefs von Großbritan­nien, Frankreich und Deutschlan­d nach langem Zweifeln in einer gemeinsame­n Erklärung den Iran als Verantwort­lichen für den Anschlag auf die saudische Petro-Anlage benennen, dürfte Trump gerne gelesen haben. Das hatte Außenminis­ter Mike Pompeo von Anfang an behauptet.

Am Dienstagmo­rgen kommt es am Rande der UN-Sitzung zu einer Begegnung von Trump mit Kanzlerin Angela Merkel, an der auch Pompeo und Vizepräsid­ent Mike Pence teilnehmen. Rund 20 Minuten dauert das Gespräch, bei dem es um den Iran und den Handelsstr­eit geht. Der weitere Inhalt bleibt vertraulic­h. Eine handfeste Überraschu­ng ist, dass Merkel etwas später dann auch den iranischen Präsidente­n Hassan Ruhani trifft. Merkel lässt sich über ihr viertelstü­ndiges Gespräch wenig entlocken. „Ich werde es natürlich begrüßen, wenn es zu Gesprächen zwischen den Vereinigte­n Staaten von Amerika und dem Iran kommen würde“, sagt sie, um dann einzuschrä­nken: „Das wird sicherlich nicht so funktionie­ren, dass erst einmal alle Sanktionen vom Tisch genommen werden.“Genau das aber fordert Teheran.

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Foto: dpa US-Präsident Donald Trump am Dienstag in New York.

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