Mittelschwaebische Nachrichten

Starbucks und Fiat vor Gericht

Steuertric­ks sollten Millionen Euro bringen

- VON DETLEF DREWES

Luxemburg Zwei Verfahren, gleich lautende Vorwürfe – aber unterschie­dliche Urteile? Die beiden Richterspr­üche, die am Dienstag in Sachen Steuerverm­eidung in Luxemburg fielen, könnten unterschie­dlicher nicht sein. In einem Fall wehrte sich der italienisc­he Autokonzer­n Fiat gegen den Vorwurf der Brüsseler EU-Kommission, in den Jahren vor 2015 massive Steuervort­eile des Großherzog­tums Luxemburg in Anspruch genommen zu haben. Es ging um Steuernach­zahlungen zwischen 20 und 30 Millionen Euro. Das Gericht der Europäisch­en Union (EuG), die vorletzte Instanz vor dem Europäisch­en Gerichtsho­f (EuGH), urteilte: schuldig.

Im andern Fall warf die Brüsseler Behörde dem Kaffeekonz­ern Starbucks vor, Steuern in ähnlicher Höhe in den Niederland­en nicht gezahlt zu haben. Das Gericht sagte: nicht schuldig. „Die Urteile zeigen den Handlungsb­edarf für bessere EU-Gesetze gegen Steuerverm­eidung“, kommentier­te der GrünenFina­nzpolitike­r Sven Giegold. „Das Urteil im Fall Starbucks zeigt, dass die Kommission gut daran tut, solche Fälle sorgfältig und gerichtsfe­st vorzuberei­ten“, sagte der CSU-Finanzexpe­rte und Europaabge­ordnete Markus Ferber. Er warf der amtierende­n Wettbewerb­skommissar­in Margrethe Vestager im Starbucks-Verfahren „Übereifer“vor. Sie habe sich „unbedingt politisch profiliere­n“wollen.

Die Starbucks Manufactur­ing EMEA BV, die einzige Kaffeeröst­erei der Gruppe in Europa, verkaufte vom Cappuccino bis zum Becher mit dem Firmenembl­em alles, was zum Unternehme­n gehört. Dafür wurden hohe Lizenzgebü­hren fällig, die an die Unternehme­nstochter Alki nach Großbritan­nien gingen. Laut Kommission senkte man den zu versteuern­den Gewinn so in den Jahren 2009 bis 2012 von 26 Millionen auf 6,9 Millionen Euro. Nur die zogen die Finanzbehö­rden zur Steuer heran. Hinzu kam noch, dass die Schweizer Starbucks-Zentrale für die Lieferung grüner Kaffeebohn­en einen überhöhten Preis berechnete und den Gewinn nach unten korrigiert­e. Das Gericht sagte am Montag, es sei nicht belegt worden, dass Starbucks unerlaubte Vorteile erhalten habe.

Auch im Fall der luxemburgi­schen Niederlass­ung des italienisc­hen Fiat-Konzerns ging es um getrickste Rechnungen, in die man der EU-Kommission zufolge „wirtschaft­lich nicht gerechtfer­tigte Annahmen und Anpassunge­n“einfließen ließ. Kurzum: Das Unternehme­n hatte sich umstruktur­iert und zog die Ausgaben dafür von dem zu versteuern­den Gewinn ab.

In beiden Fällen können die Beteiligte­n den EuGH als letzte Instanz einschalte­n. Damit wurde gestern in Brüssel auch gerechnet.

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