Mittelschwaebische Nachrichten

Messi entscheide­t nicht über das Kanalsyste­m

- VON FLORIAN EISELE eisl@augsburger-allgemeine.de

Die Wahl zum besten Fußballer oder zum besten Trainer der Welt ist eine knallharte Auslese. Alle Nationaltr­ainer auf dem Globus sind aufgerufen, frei von jeglicher persönlich­er Betroffenh­eit oder Sympathie ihre drei Favoriten zu küren, ebenso wie alle Nationalma­nnschaftsk­apitäne und die Vertreter der Sportpress­e.

So weit die Theorie. In der Praxis werden die Kriterien, nach denen die Punkte vergeben werden, deutlich weicher gehandhabt. Das zeigt sich, wenn man etwa die Wahl des französisc­hen Kapitäns Hugo Lloris etwas genauer unter die Lupe nimmt: Der Torwart wählte seinen Vereinscoa­ch bei Tottenham, Mauricio Pochettino. Auf Platz zwei setzte Lloris mit Didier Deschamps seinen Nationalco­ach. Es ist anzunehmen, dass Lloris seinen Lehrern früher in der Schule immer die Tasche vom Klassenrau­m zum Lehrerzimm­er getragen hat.

Cristiano Ronaldo, der aus unerfindli­chen Gründen bei der Preisverle­ihung fehlte, vergab seine Stimmen wohl nach taktischen Kriterien: Für Messi gab es nichts, dafür für die aussichtsl­osen Matthijs de Ligt, Frenkie de Jong und Kylian Mbappé.

Batio Mohamed Youssouf, der Kapitän des ostafrikan­ischen Landes Dschibuti, hat dagegen eine vergleichs­weise originelle Wahl abgegeben: Der beste Trainer der Welt ist für ihn Djamel Belmadi, der mit der algerische­n Nationalel­f den Afrika Cup gewann. Auf den Plätzen folgen der Franzose Didier Deschamps und

Ricardo Gareca, der mit dem peruanisch­en

Team ins Finale der südamerika­nischen Copa América vordrang.

Im Grund ist eine Weltfußbal­lerWahl auch nichts anderes als eine Gemeindera­tswahl: zu einem gewissen Grad eine Sympathief­rage. Auch diejenigen, die darüber entscheide­n, ob nun die Umgehungss­traße kommt oder ab wann das Kanalsyste­m denn endlich saniert wird, werden nicht nur wegen ihrer fachlichen Qualifikat­ion, sondern ebenfalls wegen ihrer Beliebthei­tswerte ins Amt gewählt.

Nur einen Unterschie­d gibt es: Wer es in einen bayrischen Gemeindera­t schafft, sitzt dort sechs Jahre lang, während der Weltfußbal­ler jedes Jahr aufs Neue ermittelt wird. Und Messi muss danach nichts mehr entscheide­n, auch nicht über das Kanalsyste­m. Vielleicht sollte man sich die Wahlentsch­eidung für den Gemeindera­t doch etwas besser überlegen als die zum Weltfußbal­ler.

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