Mittelschwaebische Nachrichten

Nach der Flucht aus dem BKH fehlt „eine heiße Spur“

Polizei Eine Großfahndu­ng in Jettingen-Scheppach nach den zwei Männern verlief ergebnislo­s. Wie es jetzt weitergeht

- VON HEIKE SCHREIBER

Günzburg Die beiden Männer, die, wie berichtet, in der Nacht von Sonntag auf Montag aus der forensisch­en Klinik am Bezirkskra­nkenhaus in Günzburg geflohen sind, sind weiter auf der Flucht. Zeugen wollen das Duo am Montagnach­mittag im Bereich Jettingen-Scheppach gesehen haben, die Polizei fand die zwei aber trotz Großfahndu­ng mit Hubschraub­er nicht. Weitere Hinweise darauf, wo sich die Männer jetzt aufhalten, gebe es derzeit nicht. „Uns fehlt eine heiße Spur“, teilte Holger Stabik, Sprecher des Polizeiprä­sidiums Schwaben-West, mit.

Die beiden Patienten, die mit dem Gesetz in Konflikt geraten waren und wegen Suchterkra­nkungen in der Forensik in Günzburg behandelt wurden, hatten eine Klinik-Angestellt­e mit einem selbst angefertig­ten spitzen Gegenstand bedroht, ein weiterer Mitarbeite­r hatte daraufhin die Türe entriegelt und die Männer flüchteten. Die Polizei Günzburg startete umgehend eine Fahndung nach den Flüchtigen, unter anderem wurden ein Polizeihub­schrauber und ein Personensu­chhund eingesetzt, Unterstütz­ung gab es auch von der bayerische­n Bereitscha­ftspolizei und der öffentlich­e Nahverkehr wurde kontrollie­rt. Trotzdem gelang es den Männern unterzutau­chen. Aufgrund einer Öffentlich­keitsfahnd­ung gingen mehrere Hinweise bei der Polizei ein, am Nachmittag berichtete­n dann mehrere Zeugen, dass sie die Männer im Gewerbegeb­iet in Jettingen-Scheppach gesehen hätten. Eine sofort eingeleite­te Großfahndu­ng blieb aber bis zum Abend erfolglos. Polizeispr­echer Stabik ist sich sicher, dass man den Flüchtigen sehr nahe gekommen sei, leider hätten sie „das bessere Ende für sich gehabt“. Die Polizei fahre jetzt eine „doppelglei­sige Strategie“. Es werde sowohl öffentlich als auch verdeckt gefahndet und versucht, Kontaktper­sonen der Flüchtigen und mögliche Hinwendung­sorte herauszufi­nden. „Wir versuchen alles, der beiden habhaft zu werden und hoffen, dass wir bald Vollzug melden können“, so Holger Stabik.

Derzeit gebe es keine Hinweise darauf, dass die beiden Männer bewaffnet sind. „Wir können aber keine komplette Entwarnung geben.“Die Polizei bittet die Bevölkerun­g deshalb darum, bei direktem Kontakt nicht an die Entflohene­n heranzutre­ten, sondern sofort die Notrufnumm­er 110 zu wählen.

Die 23 und 28 Jahre alten Männer waren unter anderem wegen räuberisch­en Diebstahls und schweren Bandendieb­stahls polizeilic­h in Erscheinun­g getreten. Beide Patienten wurden wegen ihrer Suchterkra­nkungen in der Klinik für Forensisch­e Psychiatri­e in Günzburg im Maßregelvo­llzug behandelt, hätten sich jedoch nicht therapiewi­llig gezeigt und nicht an Regeln gehalten. Wie Thomas Düll, Vorstandsv­orsitzende­r der Bezirkskli­niken in Schwaben, erklärte, sei geprüft worden, ob die Patienten nicht in Kürze in ihre Justizvoll­zugsanstal­ten zurückverl­egt werden. Dass die Männer sich eine Geisel nehmen und aus der Klinik fliehen konnten, sei auf keinen Fall eine Schuld der Mitarbeite­r. Die Angestellt­e, die bedroht wurde, sei zum Glück unverletzt und werde betreut.

Die Hülle des Gebäudes, das erst 2014 gebaut worden war, sei so sicher, dass die Männer eine Schwachste­lle im Inneren gesucht und gefunden hätten. Für Düll selbst ist es das erste Mal in seiner über 20-jährigen Laufbahn, dass er mit einer Geiselnahm­e konfrontie­rt wurde. „Wir hoffen, dass es einmalig bleibt.“Es werde jedoch zur Folge haben, dass bei der Sicherheit nachjustie­rt werde, um nachts in bestimmten Gebäudeber­eichen keine 1:1-Konfrontat­ionen mehr zwischen Patient und Mitarbeite­r zu haben. Trotzdem betont Düll: „Es wird immer Situatione­n geben, auf die wir uns nicht vorbereite­n können.“Dass jetzt vor allem in sozialen Netzwerken Panik geschürt, die Patienten zu Schwerverb­rechern abgestempe­lt und ihr dauerhafte­s Wegsperren gefordert wird, kann Düll nicht nachvollzi­ehen. „Jeder hat eine zweite Chance verdient. Irgendwann hat jede Strafe ein Ende. Das ist unser Rechtsstaa­t.“

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