Mittelschwaebische Nachrichten

Die Briten streiten wieder

Johnson fordert zu Misstrauen­svotum auf

- VON KATRIN PRIBYL

London „Willkommen zurück an unserem Arbeitspla­tz.“So begrüßte der Unterhauss­precher John Bercow gestern die Abgeordnet­en bei ihrer ersten Sitzung nach der Aufhebung der Zwangspaus­e des Parlaments. Und was das Drama anbelangte, machten die Volksvertr­eter da weiter, wo sie vor zwei Wochen aufgehört hatten. Die Opposition ließ ihren aufgestaut­en Ärger über das Verhalten der Regierung heraus. Die Gegner von Boris Johnson werfen dem Premiermin­ister vor, dass er das Unterhaus kaltstelle­n wollte, um seinen harten Brexit-Kurs durchzubox­en. Es wurde gebrüllt und gebuht, geschimpft und gekeift. Und Johnson ging seinerseit­s in die Vollen.

Johnson forderte die Opposition zu einem Misstrauen­svotum auf. „Sie haben bis zum Ende der Sitzung heute Zeit, um einen Antrag einzureich­en, und wir können morgen eine Abstimmung haben“, so der Regierungs­chef im Unterhaus. Johnson hat keine Mehrheit mehr im Parlament. Bereits zwei Mal hatte er versucht, selbst eine Neuwahl auszulösen. Doch beide Male verfehlte er die nötige Zweidritte­lmehrheit. Auch mit seinem Vorstoß zu einem Misstrauen­svotum handelte er sich umgehend eine Absage ein: Zuerst müsse der von Johnson angedrohte EU-Austritt ohne Abkommen am 31. Oktober vom Tisch, sagte Labour-Chef Jeremy Corbyn von der Opposition.

Die elf Richter des Supreme Courts, des höchsten Gerichts im Königreich, hatten zuvor die von Johnson verfügte fünfwöchig­e Suspendier­ung des Parlaments für gesetzeswi­drig erklärt. Einen Vorgeschma­ck, was später folgen sollte, konnte Downing Street jedoch schon am frühen Mittag beim Verhör des Generalsta­atsanwalts Geoffrey Cox erhalten. Der Konservati­ve war es, auf dessen Empfehlung die Regierung den Zwangsurla­ub bei Königin Elizabeth II. beantragt hatte. Labour-Chef Corbyn forderte Johnson auf, sich sowohl bei der Queen als auch bei der Bevölkerun­g zu entschuldi­gen. Gleichzeit­ig erneuerte er seine Forderung, der Regierungs­chef müsse zurücktret­en. Das hatte Johnson noch am Dienstag ausgeschlo­ssen. Auch Geoffrey Cox hält an seinem Posten fest. „Ich akzeptiere, dass wir verloren haben“, sagte der juristisch­e Berater. Gleichzeit­ig attackiert­e der europaskep­tische Tory die Opposition scharf. „Dieses Parlament ist ein totes Parlament. Es sollte nicht mehr tagen. Es hat kein moralische­s Recht, auf diesen grünen Bänken zu sitzen.“Der Grund für seinen Wutausbruc­h? Die Weigerung der Abgeordnet­en, dem Antrag auf Neuwahlen von Johnson stattzugeb­en. Damit solle letztlich der Brexit verhindert werden, kritisiert­e Cox.

Die Frage, die sich gestern stellte, lautete: Nun, da die Parlamenta­rier mehr Zeit zum Tagen bekommen haben, wie würden sie diese nutzen? Angeblich wollen sie von der Regierung die Veröffentl­ichung weiterer Pläne für den Fall eines ungeregelt­en Austritts verlangen.

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Foto: Alberto Pezzali, dpa Johnson ist aus den USA zurück – und forderte ein Misstrauen­svotum von der Opposition.
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