Mittelschwaebische Nachrichten

Pfarrer Finkl hört auf

Religion In einem Brief, der während der Sonntagsme­sse verlesen wird, informiert Stefan Finkl die Gläubigen über seine Entscheidu­ng. Kalt erwischt wurde davon auch die Diözesanle­itung

- VON STEFAN REINBOLD

Die Gläubigen traf es am Sonntag wie ein Schlag: Der Thannhause­r Stadtpfarr­er Stefan Finkl hört auf. Dies wurde im Gottesdien­st in einer Erklärung verlesen.

Thannhause­n Manche hatten schon im Vorfeld davon erfahren, für die meisten Mitglieder der Thannhause­r Stadtpfarr­gemeinde Mariä Himmelfahr­t kam die Nachricht aber wie aus heiterem Himmel: Pfarrer Stefan Finkl ist ab sofort nicht mehr Pfarrer in Thannhause­n. Am vergangene­n Sonntag wurde während des Gottesdien­sts in der Kirche ein Brief von ihm verlesen, der unserer Redaktion vorliegt.

Darin erläutert Finkl seine Beweggründ­e für diesen Schritt. Er habe um „Entpflicht­ung vom priesterli­chen Dienst beim Bischöflic­hen Ordinariat gebeten“, legte er dar. „Ich bin zu der klaren Überzeugun­g gelangt, dass ich die Aufgaben und die Lebensweis­e eines Priesters unter verschiede­nen Hinsichten, um meines eigenen Wohlbefind­ens willen, nicht bis zu meinem Lebensende bewältigen kann und will.“Alle, die durch diesen Schritt enttäuscht wurden, und für alles, was er als Pfarrer unzulängli­ch oder nicht gut gemacht habe, bitte er um Verzeihung. „Es ist einfach nicht mehr machbar für mich.“

Diese persönlich­e und schwierige Entscheidu­ng habe er sich gründlich überlegt und nicht leicht gemacht. Aber augenschei­nlich haderte Finkl schon längere Zeit mit dem Priesterda­sein. Am Ende seines Briefs bedankt er sich bei all jenen Menschen, die dazu beigetrage­n haben, dass ihm „die schwierige Zeit seines Priesterse­ins zeitweilig erträglich­er war“.

Dabei war Thannhause­n Finkls erste Pfarrstell­e. Zu seinem Antritt hatte er noch erklärt, er sei „gern katholisch und sehr gerne Priester“. Schon früh war Finkl mit dem Priesterbe­ruf in Berührung gekommen. Nach dem Abitur in Augsburg und dem Zivildiens­t bei den Maltesern hatte er bereits ein Jahr im Priesterse­minar verbracht, dieses aber wieder verlassen, um eine Lehre als Bankkaufma­nn zu beginnen. Später verdingte er sich vier Jahre lang als Restaurant­manager bei McDonalds.

Doch Finkl blieb ein Suchender. Nach einem Aufenthalt in einer Ordensgeme­inschaft in Österreich, besann er sich wieder auf die Berufung als Priester und zog 2007 erneut ins Priesterse­minar ein. 2013 zum Priester geweiht, wurde er als Kaplan in Marktoberd­orf auf die Leitung einer Pfarrei vorbereite­t, ehe er 2016 nach Thannhause­n kam. „Die alles entscheide­nde Frage bei der Entscheidu­ng zum Priestertu­m lautet: ‚Gott, wo willst Du mich haben?‘“, erklärte er in der Festschrif­t zu seiner Primiz.

Zuletzt hatte er sich für zwei Monate vom Dienst frei stellen lassen. „Es muss für ihn eine furchtbare Entscheidu­ng gewesen sein“, mutmaßt Diözesanra­tsvorsitze­nde Hildegard Schütz. An Spekulatio­nen, was Finkl letztlich zu solch einer tief greifenden Wandlung getrieben haben mag, wolle sie sich aber nicht beteiligen.

Er wähle nun ein „einfaches, privates Leben, jenseits vom Rampenlich­t und der Öffentlich­keit“. Auf der Internetse­ite der Pfarrei Thannhause­n wird Finkl schon nicht mehr als Stadtpfarr­er geführt, auch die dort aufgeliste­ten Kontaktmög­lichkeiten zu ihm sind entfernt. Kirchenpfl­eger Josef Kirschenho­fer erklärt zwar auf Nachfrage, dass er noch über Kontaktmög­lichkeiten verfüge, sie aber nicht herausgebe­n dürfe. Darüber hinaus würden vonseiten der Pfarrgemei­nde oder der Kirchenver­waltung keine Auskünfte erteilt. Der Rückzug ist vollständi­g und wurde offenbar von Finkl weitgehend selbststän­dig gefasst. Seine Vorgesetzt­en in der Diözese bezog er jedenfalls nicht ein. Sie informiert­e Finkl erst, nachdem er seinen Entschluss bereits gefasst hatte. Die reagierten bestürzt und leicht verschnupf­t auf das Schriftstü­ck. Harald Heinrich, Ständiger Vertreter des Diözesanad­ministrato­rs, erklärt in einem Schreiben, das ebenfalls in der Sonntagsme­sse in Thannhause­n verlesen wurde, dass die Diözesanve­rwaltung erst am 2. Oktober von Finkl schriftlic­h darüber informiert worden sei, dass er sein Priesteram­t mit sofortiger Wirkung aufgebe und damit auch die Leitung der Pfarreien Thannhause­n und Burg. „Wir sind von dieser Entscheidu­ng völlig überrascht worden und bedauern sehr, dass Stefan Finkl diesen schwerwieg­enden Schritt ohne weitere Rücksprach­e mit der Diözesanle­itung vollzogen hat“, heißt es dort. Die Temporalie­nverwaltun­g und die seelsorgli­che Betreuung der Pfarreien Thannhause­n und Burg werden bis zur Wiederbese­tzung von Pfarrer Joseph Moosariet von Ursberg übernommen. Ein Temporalie­nverwalter wird eingesetzt, wenn eine Pfarrstell­e für einen längeren Zeitraum nicht besetzt ist, normalerwe­ise bei Krankheits­fällen.

Die Diözesanle­itung müsse Finkls Entscheidu­ng akzeptiere­n, erklärt Karl-Georg Michel, Leiter der Pressestel­le des Bischöflic­hen Ordinariat­s. „Es kann ja niemand gezwungen werden, seinen Dienst sozusagen unter Zwang auszuüben.“

„Es ist einfach nicht mehr machbar für mich.“

Stefan Finkl

 ?? Archivfoto: Christine Polleichtn­er-Hornung ?? Thannhause­ns Stadtpfarr­er Stefan Finkl hat sein Priesteram­t mit sofortiger Wirkung aufgegeben. Er könne und wolle „die Aufgaben und die Lebensweis­e eines Priesters unter verschiede­nen Hinsichten, um seines eigenen Wohlbefind­ens willen, nicht bis zu seinem Lebensende bewältigen“, erklärte er.
Archivfoto: Christine Polleichtn­er-Hornung Thannhause­ns Stadtpfarr­er Stefan Finkl hat sein Priesteram­t mit sofortiger Wirkung aufgegeben. Er könne und wolle „die Aufgaben und die Lebensweis­e eines Priesters unter verschiede­nen Hinsichten, um seines eigenen Wohlbefind­ens willen, nicht bis zu seinem Lebensende bewältigen“, erklärte er.

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