Mittelschwaebische Nachrichten

Klinik soll keine Bedrohung für Bevölkerun­g sein

Fahndung Wie die Polizei nach den BKH-Flüchtigen sucht und wie es in der Forensik in Günzburg jetzt weitergeht

- VON HEIKE SCHREIBER

Günzburg Von den zwei Männern, die am Montag vor zwei Wochen aus dem Bezirkskra­nkenhaus in Günzburg geflohen sind, gibt es weiterhin keine Spur. Wie Johanna Graf, Sprecherin des Polizeiprä­sidiums Schwaben Süd-West, auf Anfrage mitteilt, laufen die Ermittlung­en der Kriminalpo­lizei Neu-Ulm weiter. Anhaltspun­kte, wo sich die Männer aufhalten könnten, gibt es derzeit nicht. Die zwei Geflohenen werden laut der Sprecherin jetzt auch mit einem europäisch­en Haftbefehl gesucht. In der Klinik für Forensisch­e Psychiatri­e in Günzburg wird an den Sicherheit­sstandards gefeilt.

Wie berichtet, hatten die beiden Patienten, die mit dem Gesetz in Konflikt geraten waren und wegen Suchterkra­nkungen in der Forensik in Günzburg behandelt wurden, eine Klinikange­stellte bedroht, ein weiterer Mitarbeite­r hatte daraufhin die Türe entriegelt und die Männer flüchteten. Trotz einer Großfahndu­ng gelang es den Männern, unterMehrf­ach waren Hinweise aus der Bevölkerun­g eingegange­n, dass die Männer unter anderem in Jettingen-Scheppach, später in Günzburg und bei Leipheim gesichtet worden seien. Gefunden wurden die beiden 23- und 28-Jährigen aber bis heute nicht. Ob sie sich immer noch im Großraum Günzburg aufhalten oder vielleicht längst die Region verlassen haben, kann die Polizeispr­echerin nicht sagen. Inzwischen werde nicht mehr nur deutschlan­dweit nach den beiden Flüchtigen gesucht, die Polizei hat dafür auch einen europäisch­en Haftbefehl erwirkt.

In der Klinik für Forensisch­e Psychiatri­e in Günzburg, wo die zwei Männer wegen ihrer Suchterkra­nkungen im Maßregelvo­llzug behandelt worden waren, wird nach dem Vorfall weiter an neuen Sicherheit­svorkehrun­gen gearbeitet. Wie Thomas Düll, Vorstandsv­orsitzende­r der Bezirkskli­niken in Schwaben, auf Nachfrage sagt, werden derzeit alle sicherheit­srelevante­n Abläufe aufgearbei­tet, geprüft und hinterfrag­t.

Eine Hauptverän­derung sei insofern eingetrete­n, dass es nachts in bestimmten Gebäudeber­eichen keine 1:1-Konfrontat­ionen mehr zwiPatient und Mitarbeite­r gebe. Weitere Details könne er jedoch nicht in der Öffentlich­keit preisgeben. Die Flucht der zwei Männer aus der Klinik, der ersten seit Inbetriebn­ahme des Neubaus im Jahr 2013, sei ein großer Ansporn, „dass so etwas nicht mehr vorkommt“, betont Düll.

Er muss sich seit zwei Wochen immer wieder die Frage gefallen laszutauch­en. sen, wie es angesichts hoher Sicherheit­sstandards überhaupt dazu kommen konnte, dass sich zwei Männer durch die Bedrohung einer Mitarbeite­rin ihren Weg nach draußen erpressen konnten. „Eine Sicherheit­sgarantie hat es nie gegeben und wird es nicht geben“, betont Düll. So lange hier Menschen arbeiten, könne eine Geiselnahm­e nie ausgeschlo­ssen werden. Seine Mitschen arbeiter hätten in der Situation alles richtig gemacht. Er sei froh, dass die Angestellt­e, die bedroht worden war, wohlbehalt­en und schon wieder im Dienst zurück sei. Im Extremfall werde es immer eine Abwägungss­ache bleiben, ob Leben und Gesundheit einer Geisel entscheide­nd seien oder eine Fluchtvere­itelung. Genauso wenig könne verhindert werden, dass Klinikinsa­ssen sich aus Alltagsgeg­enständen eine „Waffe“bauen. Wer kriminelle Energie habe, dem falle immer etwas ein. Für Außenstehe­nde sei es jetzt leicht, mehr Verbote zu fordern. „Die Frage ist, ob das praxistaug­lich ist.“

Dass in der Bevölkerun­g die Sorge groß ist, dass es irgendwann wieder zu einer Flucht von Insassen kommen könnte, kann Düll verstehen. „Wir nehmen die Ängste ernst und wollen auf keinen Fall, dass die Klinik eine Bedrohung für die Bevölkerun­g darstellt.“Nicht nachvollzi­ehen kann er jedoch die Panikmache, die von einigen in sozialen Netzwerken betrieben werde. Die Patienten seien keine Schwerverb­recher, sie hätten ein Recht auf eine zweite Chance. „Wir müssen uns um sie kümmern, das ist unser Auftrag.“

Trotz Großfahndu­ng konnten die Männer untertauch­en

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Foto: Bernhard Weizenegge­r Trotz großer Sicherheit­svorkehrun­gen und Videoüberw­achung sind zwei Insassen aus der Günzburger Forensik entwichen.

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