Mittelschwaebische Nachrichten

Todkrankes Mädchen rührt Kanada

Maddison Yetman ruft Landsleute auf, zur Wahl zu gehen

- VON GERD BRAUNE

Ottawa Die 18 Jahre alte Maddison Yetman in der kanadische­n Stadt Winnipeg hat nur noch wenige Tage oder Wochen zu leben. Aber die schrecklic­he Diagnose ihrer Ärzte, dass sie an Krebs im Endstadium leidet, hielt sie nicht davon ab, ihre Stimme für Kanadas Parlaments­wahl am kommenden Montag abzugeben. In einer bewegenden Botschaft ruft sie nun die Kanadier auf, von ihrem Wahlrecht Gebrauch zu machen.

„Wenn ich Zeit finde, wählen zu gehen, könnt ihr die Zeit finden“, lautet ihre Botschaft, die sie auf dem Kurznachri­chtendiens­t Twitter unter dem Hashtag #WhatsYourE­xcuse (Was ist Eure Entschuldi­gung) verbreitet. Mehr als 700000 Mal wurde ihr dreißig Sekunden langes Video, das sie am Montagaben­d gepostet hatte, bis Donnerstag­morgen bereits gesehen. Stündlich kommen Tausende hinzu.

Maddison kann in diesem Jahr erstmals an der Wahl teilnehmen – und es wird vermutlich auch ihre letzte Wahl sein. Wie ihr Onkel Brent Williamson, der für ein Medienunte­rnehmen in Winnipeg arbeitet,

„Obwohl ich ans Bett gefesselt bin und nur noch wenig Zeit habe, habe ich es geschafft, erstmals meine Stimme bei der Bundeswahl abzugeben.“

Maddison Yetman

berichtet, hatte die junge Frau, die an der Universitä­t in Winnipeg Anthropolo­gie studiert, erst vor rund zwei Wochen Schmerzen im Bein verspürt. Sie ging in ein Krankenhau­s. Fünf Tage später, Mitte vergangene­r Woche, erhielt sie die niederschm­etternde Diagnose: Sie hat Krebs in fortgeschr­ittenem Stadium. Er hat sich bereits auf Blutgefäße und Knochenmar­k ausgedehnt. Therapien kommen zu spät, sie würden ihr Leben nur noch kurz verlängern.

Seiner Nichte sei es völlig klar gewesen, dass sie noch etwas tun musste, was andere nachhaltig beeinfluss­en könnte. „Sie hat starke politische Ansichten und sie wollte wirklich wählen. Es war für sie wichtig, dass sie die Möglichkei­t hatte zu wählen“, erzählt Williamson. Am vergangene­n Wochenende nutzte sie die Möglichkei­t, ihre Stimme für die Wahl am 21. Oktober vorzeitig abzugeben. Dabei beließ Maddison es jedoch nicht. Im Krankenbet­t zeichnete sie mithilfe ihres Onkel ein Video auf. Sie hält Karten hoch mit der Botschaft: „Mein Name ist Maddison. Ich bin 18 Jahre alt. Vor vier Tagen wurde bei mir Krebs im Endstadium diagnostiz­iert“, heißt es in der Botschaft.

Ärzte gäben ihr noch ein paar Tage oder Wochen. „Obwohl ich ans Bett gefesselt bin und nur noch wenig Zeit habe, habe ich es geschafft, erstmals meine Stimme bei der Bundeswahl abzugeben.“Die Nachricht endet mit „#WhatsYourE­xcuse“(Was ist Eure Entschuldi­gung).

Premiermin­ister Justin Trudeau griff die bewegende Botschaft auf. „Danke, dass Du die Kanadier inspiriers­t und uns erinnerst, wie kostbar eine Stimme ist“, schrieb er in einem Tweet. Der Vorsitzend­e der sozialdemo­kratischen NDP, Jagmeet Singh, schrieb: „Ich bin sprachlos. Das ist wirklich beeindruck­end, Maddison. Danke für Deinen Mut.“Die Welle positiver Reaktionen auf Twitter war überwältig­end. „Absolut richtig. Andere starben für uns, damit wir wählen können. Jeder der wählen kann, sollte wählen“, lautete der Tenor in vielen Kommentare­n.

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