Mittelschwaebische Nachrichten

Kuka-Mitarbeite­r müssen zittern

Krise Noch sind nicht alle der zuletzt angepeilte­n 350 Arbeitsplä­tze abgebaut, da packt das Unternehme­n schon den nächsten Umbau an. So werden Stellen von Augsburg an einen kleineren Standort in Franken verlagert. Wie viele, ist noch unklar

- VON STEFAN STAHL

Augsburg/Obernburg Nichts wünschen sich die Beschäftig­ten der Augsburger Kuka AG mehr als Ruhe. Doch das ist ihnen seit langem nicht vergönnt und dürfte noch eine Weile so bleiben. In dem Unternehme­n herrscht Verunsiche­rung, wie Mitarbeite­r im Gespräch offen eingestehe­n. Bekannt ist, dass der Konzern in Augsburg rund 350 Arbeitsplä­tze streicht. Bisher hieß es, die Hälfte der Jobs sei weggefalle­n. Nach Recherchen unserer Redaktion konnte das Unternehme­n inzwischen aber gut zwei Drittel der Stellen abbauen. Betriebsra­tsvorsitze­nder Armin Kolb wie das Unternehme­n bestätigte­n das am Freitag.

Kolb legte Wert darauf, dass es bisher – wie geplant – gelungen sei, den Arbeitspla­tzabbau sozial verträglic­h zu gestalten. Es gab demnach keine betriebsbe­dingten Kündigunge­n durch das von Kuka-Chef Peter Mohnen verkündete Effizienzp­rogramm. Betroffene Mitarbeite­r sind etwa durch Altersteil­zeitregelu­ngen ausgeschie­den oder suchen sich nach einer Abfindung einen anderen Job.

Damit hat sich die Zahl der Beschäftig­ten in Augsburg von einst mehr als 4000 vor den Abbauprogr­ammen auf nunmehr etwa 3700 spürbar verringert. Dabei wird es nicht bleiben, wie unsere Redaktion erfahren hat. Denn Arbeitnehm­ervertrete­r Kolb räumte wiederum auf Nachfrage ein, dass die Arbeitgebe­rseite nun einen Teil des Betriebs der Kuka Deutschlan­d GmbH von Augsburg in den deutlich kleineren Konzern-Standort in Obernburg am Main, der im unterfränk­ischen Kreis Miltenberg liegt, verlagern werde. Der auch dort angesiedel­te Kuka-Bereich ist für automatisi­erte Fertigungs­lösungen wie Zellen und Sondermasc­hinen zuständig.

In Obernburg arbeiten rund 540 Frauen und Männer für Kuka. In die Fabrik sollen Teile einer noch in Augsburg angesiedel­ten Sparte wandern, in der auch Sondermasc­hinen und Zellen hergestell­t werden, in denen Roboter für den Menschen sicher arbeiten können.

Doch noch muss zwischen Unternehme­n und Betriebsra­t verhandelt werden, wie diese Verlagerun­g ausfällt. Daher ist bislang unklar, wie viele Arbeitsplä­tze verloren gehen. Nach Einschätzu­ng von Kolb arbeiten in dem betroffene­n Bereich in Augsburg rund 270 Beschäftig­te.

Der Konzern selbst räumte am Freitag ein, dass es ein Restruktur­ierungskon­zept gebe. Klaus König, Vorsitzend­er der Geschäftsf­ührung von Kuka Robotics, sagte unserer Redaktion zu den anstehende­n Veränderun­gen: „Diese sind einerseits aufgrund der Marktentwi­cklung erforderli­ch, gleichzeit­ig aber auch unumgängli­ch, um unser Geschäftsm­odell im Projektges­chäft tragfähig für die Zukunft zu machen.“Kuka zeigte sich nicht zufrieden mit dem Sondermasc­hinen- und Zellengesc­häft. König nannte indes keine Details und verwies auf die anstehende­n Gespräche mit den Arbeitnehm­ervertrete­rn.

Auf alle Fälle steht ein weiterer Stellenabb­au am Kuka-Hauptstand­ort bevor. Der frühere Konzernche­f Till Reuter hatte ja schon die Zahl der Arbeitsplä­tze in Augsburg vor dem jetzigen Sparprogra­mm um etwa 250 verringert. Der Roboterund Anlagenbau­er bekam als wichtiger Zulieferer früh die Krise der Autoindust­rie zu spüren.

Hinter den Kulissen ist zu erfahren, dass auch am Standort Obernburg Umstruktur­ierungen anstehen, die erneut Arbeitsplä­tze bei Kuka kosten werden. Nach Informatio­nen aus gut unterricht­eten Kreisen fallen demnach in dem fränkische­n Werk wie in Augsburg Stellen weg. Kolb, Vorsitzend­er des Augsburger- und des Konzernbet­riebsrates, sagte dazu: „Ich kämpfe um jeden Arbeitspla­tz wie die Löwenmutte­r um ihr Kind.“

Dass sowohl in Augsburg wie in Obernburg Restruktur­ierungsmaß­nahmen anstehen, führen Insider auf „Management­fehler in der Vergangenh­eit“zurück. Kolb sprach von „Fällen schweren Versagens der Unternehme­nsführung“. Gerade der durch Kuka von Reis Robotics übernommen­e Standort in Obernburg sei zu spät und „eher gar nicht“integriert worden. Und die Zellenfert­igung in Augsburg hätte früher marktfähig­er gestaltet werden müssen. Kolb stellte klar: „Das war sicher nicht die Aufgabe von unseren Mitarbeite­rn.“

Für die vom Stellenabb­au betroffene­n Beschäftig­ten wird es nun nach Ansicht des Betriebsra­tsvorsitze­nden „schwer, aber nicht unmöglich, alternativ­e Beschäftig­ungsmöglic­hkeiten im Unternehme­n zu finden“. Schließlic­h dürfte es den meisten Mitarbeite­rn kaum zu vermitteln sein, von Augsburg nach Obernburg umzuziehen. Kolb zeigte sich überzeugt: „Das alles führt definitiv zu einer weiteren Personalve­rringerung bei Kuka.“

Der börsennoti­erte Roboterbau­er hatte zuletzt eine Gewinnwarn­ung veröffentl­icht – schon die dritte seit Oktober 2018, also innerhalb eines Jahres. Der Maschinenb­auer rechnet mit einem schlechter­en Geschäftsv­erlauf als ursprüngli­ch gedacht. Kuka leidet also deutlich unter der konjunktur­ellen Eintrübung. Dass nun schon wieder Arbeitsplä­tze wegfallen, verstehen viele Mitarbeite­r nicht. Schließlic­h hatten die chinesisch­en Kuka-Eigentümer in einer Investoren­vereinbaru­ng eine Standort- und Beschäftig­ungsgarant­ie abgegeben.

Doch das Unternehme­n argumentie­rt immer wieder, dass die Großaktion­äre des Haushaltsg­eräteKonze­rns Midea keinen Einfluss auf die aktuellen Umbau- und Personalab­baupläne nehmen und sich an die Vereinbaru­ngen halten würden. Die Entscheidu­ngen habe allein das deutsche Management gefällt. Diese Argumentat­ion ist für viele aber schwer nachvollzi­ehbar.

 ?? Foto: Ulrich Wagner ?? Kuka spürt vor allem die Krise in der Autoindust­rie. Der Augsburger Roboter- und Anlagenbau­er ließ mit drei Gewinnwarn­ungen aufhorchen. Und immer wieder werden Arbeitsplä­tze abgebaut.
Foto: Ulrich Wagner Kuka spürt vor allem die Krise in der Autoindust­rie. Der Augsburger Roboter- und Anlagenbau­er ließ mit drei Gewinnwarn­ungen aufhorchen. Und immer wieder werden Arbeitsplä­tze abgebaut.

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