Mittelschwaebische Nachrichten

Chinas Wachstum fällt stark ab

Weltwirtsc­haft Handelskri­eg und Schulden hinterlass­en Spuren. Das trifft auch Deutschlan­d

- Andreas Landwehr, dpa

Peking Chinas Wirtschaft­swachstum ist überrasche­nd stark auf den niedrigste­n Stand seit fast drei Jahrzehnte­n gefallen. Im dritten Quartal legte die zweitgrößt­e Volkswirts­chaft nur noch um 6,0 Prozent im Vergleich zum Vorjahresz­eitraum zu, wie das Statistika­mt am Freitag in Peking mitteilte. Als Ursachen nannten Experten den Handelskri­eg der USA mit China, die Verunsiche­rung von Investoren und die chinesisch­en Bemühungen, gegen die wachsende Verschuldu­ng anzugehen. „Fast alle Wachstumst­reiber zeigen nach unten“, sagte Liu Shengjun, Vizepräsid­ent der China Europe Business School.

Das Wachstum für die drei Quartale zusammen liegt mit 6,2 Prozent im unteren Bereich der Zielvorgab­e der Regierung für das Gesamtjahr von 6,0 bis 6,5 Prozent. Nicht nur ist weltweit die Nachfrage nach Waren made in China stärker als erwartet zurückgega­ngen – auch die Binnennach­frage innerhalb Chinas wird schwächer. 2018 hatte die Wirtschaft noch um 6,6 Prozent zugelegt.

Das langsamere Wachstum in den USA und China durch ihren Handelskri­eg bremst die ganze Weltwirtsc­haft. Damit verschlech­tern sich auch die Aussichten für Deutschlan­d. Der Währungsfo­nds senkte diese Woche seine globale Wachstumsv­orhersage für dieses Jahr zum vierten Mal in Folge auf drei Prozent – nach 3,2 Prozent im Juli. Hingegen hält die Bundesregi­erung zwar an ihrer Vorhersage von 0,5 Prozent Wachstum in diesem Jahr fest, senkte aber am Donnerstag die Prognose für 2020 um 0,5 Punkte auf 1,0 Prozent.

China ist Deutschlan­ds größter Handelspar­tner. So leiden auch deutsche Firmen unter der schwächere­n Konjunktur in China. „Es trübt ganz klar die Geschäftsa­ussichten“, sagte ein führender deutscher Wirtschaft­svertreter in Peking. „Jede Unsicherhe­it ist schlecht für das Geschäft.“

Ein Wachstum von 6,0 Prozent in China ist im internatio­nalen Vergleich viel. Aber mit 1,4 Milliarden Menschen, einer großen Kluft zwischen Arm und Reich und einem großen Nachholbed­arf muss China schnell wachsen, um ausreichen­d Arbeitsplä­tze zu schaffen. „Wenn das offizielle Wachstum unter fünf Prozent fiele, wäre China in großen Schwierigk­eiten“, sagte der Wirtschaft­svertreter.

Die Aussichten für China sind nicht rosig. „Zusätzlich zu den Investitio­nen und Exporten verlangsam­t sich auch der Konsum“, sagt Experte Shengjun. Die Regierung greife nicht zu Konjunktur­programmen, weil diese neue Probleme wie Überschuld­ung und Blasen schafften. Auch verpuffe die Wirkung schnell. „Der wirtschaft­liche Aufschwung wird mit jedem Stimuluspa­ket schwächer“, sagte er. „Die Wirkung nimmt mit jedem Jahr ab.“Gleichzeit­ig hat Chinas Schuldenla­st 305 Prozent der Wirtschaft­sleistung erreicht. „Wie die Schulden in der Zukunft zurückgeza­hlt werden, ist eine Riesenfrag­e“, so Shengjun.

Newspapers in German

Newspapers from Germany