Mittelschwaebische Nachrichten
Chinas Wachstum fällt stark ab
Weltwirtschaft Handelskrieg und Schulden hinterlassen Spuren. Das trifft auch Deutschland
Peking Chinas Wirtschaftswachstum ist überraschend stark auf den niedrigsten Stand seit fast drei Jahrzehnten gefallen. Im dritten Quartal legte die zweitgrößte Volkswirtschaft nur noch um 6,0 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum zu, wie das Statistikamt am Freitag in Peking mitteilte. Als Ursachen nannten Experten den Handelskrieg der USA mit China, die Verunsicherung von Investoren und die chinesischen Bemühungen, gegen die wachsende Verschuldung anzugehen. „Fast alle Wachstumstreiber zeigen nach unten“, sagte Liu Shengjun, Vizepräsident der China Europe Business School.
Das Wachstum für die drei Quartale zusammen liegt mit 6,2 Prozent im unteren Bereich der Zielvorgabe der Regierung für das Gesamtjahr von 6,0 bis 6,5 Prozent. Nicht nur ist weltweit die Nachfrage nach Waren made in China stärker als erwartet zurückgegangen – auch die Binnennachfrage innerhalb Chinas wird schwächer. 2018 hatte die Wirtschaft noch um 6,6 Prozent zugelegt.
Das langsamere Wachstum in den USA und China durch ihren Handelskrieg bremst die ganze Weltwirtschaft. Damit verschlechtern sich auch die Aussichten für Deutschland. Der Währungsfonds senkte diese Woche seine globale Wachstumsvorhersage für dieses Jahr zum vierten Mal in Folge auf drei Prozent – nach 3,2 Prozent im Juli. Hingegen hält die Bundesregierung zwar an ihrer Vorhersage von 0,5 Prozent Wachstum in diesem Jahr fest, senkte aber am Donnerstag die Prognose für 2020 um 0,5 Punkte auf 1,0 Prozent.
China ist Deutschlands größter Handelspartner. So leiden auch deutsche Firmen unter der schwächeren Konjunktur in China. „Es trübt ganz klar die Geschäftsaussichten“, sagte ein führender deutscher Wirtschaftsvertreter in Peking. „Jede Unsicherheit ist schlecht für das Geschäft.“
Ein Wachstum von 6,0 Prozent in China ist im internationalen Vergleich viel. Aber mit 1,4 Milliarden Menschen, einer großen Kluft zwischen Arm und Reich und einem großen Nachholbedarf muss China schnell wachsen, um ausreichend Arbeitsplätze zu schaffen. „Wenn das offizielle Wachstum unter fünf Prozent fiele, wäre China in großen Schwierigkeiten“, sagte der Wirtschaftsvertreter.
Die Aussichten für China sind nicht rosig. „Zusätzlich zu den Investitionen und Exporten verlangsamt sich auch der Konsum“, sagt Experte Shengjun. Die Regierung greife nicht zu Konjunkturprogrammen, weil diese neue Probleme wie Überschuldung und Blasen schafften. Auch verpuffe die Wirkung schnell. „Der wirtschaftliche Aufschwung wird mit jedem Stimuluspaket schwächer“, sagte er. „Die Wirkung nimmt mit jedem Jahr ab.“Gleichzeitig hat Chinas Schuldenlast 305 Prozent der Wirtschaftsleistung erreicht. „Wie die Schulden in der Zukunft zurückgezahlt werden, ist eine Riesenfrage“, so Shengjun.