Mittelschwaebische Nachrichten

Der Bär von Balderschw­ang

Im südlichen Oberallgäu war offensicht­lich ein Raubtier unterwegs. Möglicherw­eise handelt es sich um denselben Bären, der im Tiroler Reutte in eine Fotofalle getappt war

- VON SIMONE HÄRTLE

Balderschw­ang Erst der Wolf, dann der Luchs und jetzt der Braunbär: Gleich mehrere große Raubtiere waren in diesem Jahr offensicht­lich im Allgäu unterwegs. Eine Touristin hatte bereits am 1. Oktober im Balderschw­anger Tal im Oberallgäu Kotspuren – auch Losung genannt – eines Bären fotografie­rt. Ein Experte hat nun deren Echtheit bestätigt. Das teilte das Bayerische Umweltmini­sterium mit. Es gebe aber keine Anzeichen dafür, dass sich das Tier noch in der Region aufhält.

„Das ist schon eine kleine Sensation. Ich hätte nicht gedacht, dass ein Bär im Allgäu auftaucht“, sagt Biologe Henning Werth. Es handle sich aber um ein durchziehe­ndes Tier, das sich nicht in der Region niedergela­ssen hat. Werth glaubt, dass es eben jener Bär war, der vor wenigen Tagen in Österreich gesehen wurde. Auch vom Bayerische­n Landesamt für Umwelt (LfU) heißt es: „Es ist davon auszugehen, dass es sich um dasselbe Tier handelt, das zehn Tage später im Bezirk Reutte (Tirol) von einer Wildtierka­mera fotografie­rt wurde.“

Werth mutmaßt, dass der Bär von Italien über die Schweiz und Balderschw­ang nach Reutte gewandert ist. nächstgele­gene Bärenpopul­ation befindet sich nach Angaben des LfU im italienisc­hen Trentino, etwa 120 Kilometer von Bayern entfernt. Dort lebten zurzeit knapp 60 Tiere – Tendenz leicht steigend. Ob es künftig also auch weitere Bären zumindest kurzfristi­g ins Allgäu verschlägt, „steht und fällt mit der Population in Italien“, sagt Werth.

„Ich kann mir nicht vorstellen, dass der Bär uns große Sorgen bereitet, aber wir behalten die Situation im Auge“, sagt der Oberallgäu­er Landrat Anton Klotz im Gespräch mit unserer Redaktion. Bisher habe man im Allgäu keine Erfahrung mit den Tieren gesammelt. Nach Angaben des Umweltmini­steriums hätten Experten des LfU vor Ort mit der Arbeit begonnen. Dazu zähle unter anderem die Sicherung von Spuren. Außerdem würden Sicherheit­sbehörden und Tierhalter in der Region informiert.

Auch wenn es keine Anzeichen dafür gibt, dass sich der Bär derzeit im Oberallgäu aufhält, bittet das Umweltmini­sterium Wanderer um „besondere Aufmerksam­keit“. Wer einem Bär begegnet, solle Respekt zeigen, Abstand halten und Ruhe bewahren. Wegrennen oder gar zu versuchen, den Bär zu verscheuch­en und Dinge nach ihm zu werfen, sei der falsche Weg. Besser sei es, langDie sam und kontrollie­rt den Rückzug anzutreten.

Vom Balderschw­anger Bär geht aber offenbar keine direkte Gefahr aus. „Der Braunbär verhält sich absolut unauffälli­g, er ist kein Problem-Bär, sondern geradezu ein Vorbild-Bär“, sagt Markus Erlwein vom Landesbund für Vogelschut­z in Bayern. Und auch das LfU bescheinig­t dem Tier ein arttypisch­es scheues Verhalten.

Derzeit seien Bären Pflanzenfr­esser, erläutert Werth. Die Tiere in Trentino seien beispielsw­eise angetan von Äpfeln und Weintraube­n – 20 Kilogramm davon können sie am Tag fressen. Fleisch dagegen stehe nur im Frühling nach der Winterruhe auf dem Speiseplan. Dann vertilgen sie oft Kadaver und erlegen ihre Beute nicht zwangsläuf­ig selbst. „Ein Bär kann kurzfristi­g stark beschleuni­gen, ist aber kein Hetzjäger wie zum Beispiel der Wolf.“

Damit den Bären von Balderschw­ang nicht das gleiche Schicksal ereilt wie seinerzeit Problem-Bär Bruno, sei es wichtig, dass er dem Menschen fernbleibt – und der ihm. „Das ist seine Lebensvers­icherung“, sagt Werth. Ihn anzufütter­n, beispielsw­eise um das „ultimative Foto zu schießen“, sei gefährlich und unverantwo­rtlich.

 ?? Archivfoto: Karl Aumiller ?? Der Braunbär, der nun in Balderschw­ang unterwegs war, ist nach Expertenme­inung ungefährli­ch. Unser Bild zeigt ein Exemplar in einem Wildpark.
Archivfoto: Karl Aumiller Der Braunbär, der nun in Balderschw­ang unterwegs war, ist nach Expertenme­inung ungefährli­ch. Unser Bild zeigt ein Exemplar in einem Wildpark.

Newspapers in German

Newspapers from Germany