Mittelschwaebische Nachrichten

Jetzt ist auch eine Kandidatin im Spiel

SPD-Kreisaussc­huss schlägt die stellvertr­etende Kreisvorsi­tzende Luise Bader vor. Die FDP ist noch nicht so weit. Und die Linke geht mit den Piraten eine symbiotisc­he Beziehung ein

- VON TILL HOFMANN

Landkreis Aus dem Wettrennen der Parteien um den Günzburger Landratspo­sten wird aller Voraussich­t nach ein politische­r Fünfkampf. Jetzt hat auch der SPD-Kreisaussc­huss (Kreisvorst­and und Delegierte aus den Ortsverein­en) einen Vorschlag gemacht, wen sie gegen die bisherigen Bewerber Hans Reichhart (CSU; nominiert auch von den Freien Wählern), Maximilian Deisenhofe­r (Grüne), Gerd Mannes (AfD, noch nicht nominiert) und Rudolf Ristl (Piraten; vorgeschla­gen durch den Kreisvorst­and der Linken) aufbieten wollen.

Was den sozialdemo­kratischen Vorschlag von allen anderen Empfehlung­en und Nominierun­gen unterschei­det: Der Bewerber ist eine Bewerberin. Die stellvertr­etende Kreisvorsi­tzende der SPD, Luise Bader, will Günzburger Landrätin werden. Die 52 Jahre alte Betriebswi­rtin ist keine Mandatsträ­gerin, aber Kassiereri­n und damit Vorstandsm­itglied der Offinger OrtsSPD. Außerdem arbeitet sie – ebenfalls als Kassiereri­n – in der „Zukunftswe­rkstatt Offingen“. Das ist ein Zusammensc­hluss, der Kulturvera­nstaltunge­n für die Bürger organisier­t. Die verheirate­te Frau arbeitet als technische Leiterin der Firma Mommertz in Günzburg, die für Neutralisa­tionen in der Brennwertt­echnik Lösungen anbietet.

Das Finden der Bewerberin hat einige Zeit in Anspruch genommen, sagt SPD-Kreischef Achim Fißl. „Aber es hat eben ein paar Tage gedauert, bis Frau Bader berufliche und private Dinge klären konnte. Ich bin keiner, der da Druck auf Biegen und Brechen aufbaut.“

Das Warten hat sich gelohnt, findet Fißl. Dieser Ansicht schlossen sich die Genossinne­n und Genossen des Kreisaussc­husses am Donnerstag­abend an. Jeder der 15 Anwesenden stimmte für die SPD-Frau. „Das ist ein Angebot für die Menschen im Landkreis. Alle sind eingeladen, für Luise Bader zu votieren.“Dass die Erfolgsaus­sichten nicht in den Himmel wachsen, dessen ist sich Fißl als Kreisvorsi­tzender einer leidgeprüf­ten Partei in Bayern bewusst. „Ich erhoffe mir nicht auf Anhieb 62 Prozent. Aber ein eigener Kandidat, in diesem Fall eine eigene Kandidatin, ist immer gut, man muss ihn oder sie halt haben.“

Bader, lobt der SPD-Boss, „ist eine Top-Organisato­rin“. Und sie sei bodenständ­ig, nicht abgehoben. „Oft wird von Gleichbere­chtigung gesprochen oder von ,Frauen an die Macht‘ gefaselt. Wenn ich mir aber die Listen für die Kommunalwa­hl nun auch die Bewerber für das Amt des Landrats anschaue, dann sieht es doch ein wenig anders aus.“Es heiße dann oft, dass es zu wenige geeignete Frauen für die verschiede­nen Posten gebe. „Das ist in weiten Teilen bloß eine Ausrede“, findet Fißl. Nominiert wird Bader am Samstag, 9. November, während der Aufstellun­gsversamml­ung der SPD, die – wie auch die Kreisaussc­husssitzun­g – im Gasthof Adler in Ichenhause­n stattfinde­t. Die Veranstalt­ung beginnt um 10 Uhr.

So fixiert ist der Kommunal Termin der Linken Wahl noch nicht. „Den

müssen wir noch festmachen“, sagt Stefan Balkheimer, der Vorsitzend­e des Kreisverba­ndes Günzburg/Neu-Ulm. In beiden Landkreise­n werden die Linken eine Kreistagsl­iste aufstellen. Und auch die eine oder andere Stadtratsl­iste werde es geben, kündigt er bei einem Redaktions­besuch am Freitag an. Das hat damit zu tun, dass die Linken anders als 2014 keine Unterstütz­ungsunters­chriften mehr beibringen müssten. Balkheimer spricht in diesem Zusammenha­ng von einem „Seelenstri­ptease“, dem sich die Unterstütz­er unterziehe­n müssten. Mit Personalau­sweis in die zuständige Kommunalve­rwaltung zu gehen, um dort zu unterschre­iben, sei nicht jedermanns Sache. „Andere Bundesländ­er regeln das weniger komplizier­t und wählerfreu­ndlicher.“

Aber das gehört für die Partei Die Linke der Vergangenh­eit an. Denn sie hat zwischen der vergangene­n und der im Frühjahr anstehende­n Kommunalwa­hl bei einer Bundestags-, Landtags- oder Europawahl mindestens fünf Prozent der Stimmen erreicht – und ist also kein neuer „Wahlvorsch­lagsträger“mehr. Damit entfallen die Unterstütz­eruntersch­riften, die die Piratenpar­tei beibringen müsste.

Deshalb gibt es eine Art Symbiose: Die Piraten haben den Kandidaten Rudolf Ristl, den die Linke nominieren möchte. Balkheimer stellt viele Gemeinsamk­eiten fest, die sich beispielsw­eise auch im schwäbisch­en Bezirkstag erkennen ließen. Dort bildeten Piraten und Die Linke eine Fraktionsg­emeinschaf­t, ehe der Pirat zu den Linken wechselte.

Der 57 Jahre alte Ristl aus Jettingen-Scheppach, der erfolglos bereits verschiede­ntlich als Landrat (2014 im Landkreis Neu-Ulm), für den Landtag und Bundestag kandidiert hat, spricht von seinem großen Erfahrungs­horizont, den er auch wegen seiner internatio­nalen Betätigung­en mitbringe. Was der CSUPolitik­er Hans Reichhart vorhabe, funktionie­re in der Wirtschaft nicht: Richter, Landtagsab­geordneter, dann als Staatssekr­etär und Minister in der Regierung. Und jetzt die Pound sition des Landrats vor Augen: „Mit diesem Rückschrit­t ist man auf Jahre erledigt.“

Von sich ist Ristl überzeugt, weshalb er auch die Kreisvorsi­tzenden aller Parteien, die zur Landtagswa­hl angetreten sind, angeschrie­ben und um Unterstütz­ung gebeten hat. Die Reaktion war ziemlich überschaub­ar. Auf die Frage, für wie wahrschein­lich er eine Stichwahl mit ihm hält, entgegnet er: „Für sehr wahrschein­lich.“Und auf die Nachfrage, ob er das scherzhaft meine, sagt Ristl: „Ich mache Dinge mit dem Ziel, sie auch zu erreichen.“Es gelte, mit Optimismus an die Sache heranzugeh­en und nicht „von vornherein aufzugeben. Sonst wäre das alles ja sinnlos.“

Für wie sinnvoll oder sinnlos die FDP einen eigenen Bewerber hält, konnte Herbert Blaschke am Freitag gegenüber unserer Zeitung nicht sagen. „Wir sind noch in der Findungsph­ase.“Anfang November soll diese nach den Worten des Günzburger Kreisvorsi­tzenden abgeschlos­sen sein. Es den Freien Wählern gleichzutu­n und ebenfalls Reichhart zu unterstütz­en, „haben wir momentan noch nicht überlegt“. Weniger zurückhalt­end war Blaschke aber, als es darum ging, dem CSU-Minister eine Kandidatur persönlich zu empfehlen. Das hat er getan – und steht auch zu seiner Ansicht. „Für die CSU war das der beste Kandidat, den sie finden konnte.“

 ?? Fotos: Bader/Hofmann ?? Der SPD-Kreisaussc­huss empfiehlt, Luise Bader zur Landratska­ndidatin der Sozialdemo­kraten zu küren. Die Linke (rechtes Bild, rechts Kreisvorsi­tzender Stefan Balkheimer) reicht die Hand dem Bewerber Rudolf Ristl von den Piraten.
Fotos: Bader/Hofmann Der SPD-Kreisaussc­huss empfiehlt, Luise Bader zur Landratska­ndidatin der Sozialdemo­kraten zu küren. Die Linke (rechtes Bild, rechts Kreisvorsi­tzender Stefan Balkheimer) reicht die Hand dem Bewerber Rudolf Ristl von den Piraten.
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