Mittelschwaebische Nachrichten
Betrifft: Die schönsten Nebensachen
Neulich, das hätte das Format eines Albtraums gehabt. Und dabei ging es doch nur um vermeintlich schönste Nebensachen der Welt. Um die Dinge, die unsere Freizeit bereichern, die uns leidenschaftliche Erlebnisse bereiten, in Genuss und Schmerz, ein wichtiges Stück Leben also. Es ging um Fußball und Literatur. Wobei: Darf man die eigentlich so gleichwertig nebeneinanderschreiben?
In beidem jedenfalls zeigt sich gerade, dass es in viel mehr noch hysterischen als tatsächlich krisenhaften Zeiten praktisch nichts gibt, was nicht in den Sog des Politischen geraten würde. Sie wissen schon: zum Krieg salutierende türkische Nationalspieler hier, der Nobelpreis für einen Autor mit problematischen Ansichten zum Balkankrieg dort, bulgarische Fans mit Hitler-Gruß und Schwarzen-Hass und eine Frankfurter Buchmesse, die unter dem Motto „Create Your Revolution“Autor*innen und Aktivist*innen für revolutionäre Ideen einlädt und Engagement für die liberale Gesellschaft einfordert.
Ach halt, nein, das Letzte passte ja jetzt gar nicht dazu. Weil, das wäre ja, als würde man Aktionen von DFB bis Fifa gegen Rassismus und für Toleranz auch als politisch ansehen, obwohl die doch politische Aktionen in Stadien nicht zulassen. Und wo sollte man dann da die Grenze ziehen? Ist es etwa unpolitisch, gemeinsam, mit Hand auf Herz und Fahne, die Nationalhymne zu singen, die nicht selten von Zeilen von Kampf und Blut strotzen? Und darf noch unpolitisch sein, wenn Autoren zur Eröffnung der Messe sprechen? Müsste nicht ein Fußballer als vorbildlich gelten, der bei der Hymne eben nicht mitsingt? Und ein Autor, der zum Salutieren vor den liberalen Werten aufruft? Sehen Sie: Es ist ein Albtraum. Vielleicht sind es doch eigentlich die schönsten Nebensachen, weil man dabei über solcherlei eben nicht nachdenken will.