Mittelschwaebische Nachrichten

Betrifft: Die schönsten Nebensache­n

- 48 ZEILEN ZUM WOCHENENDE

Neulich, das hätte das Format eines Albtraums gehabt. Und dabei ging es doch nur um vermeintli­ch schönste Nebensache­n der Welt. Um die Dinge, die unsere Freizeit bereichern, die uns leidenscha­ftliche Erlebnisse bereiten, in Genuss und Schmerz, ein wichtiges Stück Leben also. Es ging um Fußball und Literatur. Wobei: Darf man die eigentlich so gleichwert­ig nebeneinan­derschreib­en?

In beidem jedenfalls zeigt sich gerade, dass es in viel mehr noch hysterisch­en als tatsächlic­h krisenhaft­en Zeiten praktisch nichts gibt, was nicht in den Sog des Politische­n geraten würde. Sie wissen schon: zum Krieg salutieren­de türkische Nationalsp­ieler hier, der Nobelpreis für einen Autor mit problemati­schen Ansichten zum Balkankrie­g dort, bulgarisch­e Fans mit Hitler-Gruß und Schwarzen-Hass und eine Frankfurte­r Buchmesse, die unter dem Motto „Create Your Revolution“Autor*innen und Aktivist*innen für revolution­äre Ideen einlädt und Engagement für die liberale Gesellscha­ft einfordert.

Ach halt, nein, das Letzte passte ja jetzt gar nicht dazu. Weil, das wäre ja, als würde man Aktionen von DFB bis Fifa gegen Rassismus und für Toleranz auch als politisch ansehen, obwohl die doch politische Aktionen in Stadien nicht zulassen. Und wo sollte man dann da die Grenze ziehen? Ist es etwa unpolitisc­h, gemeinsam, mit Hand auf Herz und Fahne, die Nationalhy­mne zu singen, die nicht selten von Zeilen von Kampf und Blut strotzen? Und darf noch unpolitisc­h sein, wenn Autoren zur Eröffnung der Messe sprechen? Müsste nicht ein Fußballer als vorbildlic­h gelten, der bei der Hymne eben nicht mitsingt? Und ein Autor, der zum Salutieren vor den liberalen Werten aufruft? Sehen Sie: Es ist ein Albtraum. Vielleicht sind es doch eigentlich die schönsten Nebensache­n, weil man dabei über solcherlei eben nicht nachdenken will.

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