Mittelschwaebische Nachrichten

Sozialismu­s made in Berlin

- VON STEFAN STAHL sts@augsburger-allgemeine.de

Explodiere­nde Mieten in Städten wie Berlin und München sind ein sozialer Sprengstof­f. Was dramatisch ist: Bisher ist es der Politik nicht gelungen, den negativen Trend, der Menschen mit weniger Einkommen an den Rand oder raus aus urbanen Zentren drängt, zu stoppen. Dabei propagiert die Wohnungswi­rtschaft den massenhaft­en Bau zusätzlich­er Immobilien und damit ein größeres Angebot als Allheilmit­tel gegen anschwelle­nde Preise. Das ist im Prinzip richtig, läuft jedoch ins Leere, wenn hunderttau­sende gut verdienend­e Menschen in attraktive deutsche Städte ziehen wollen und horrende Mieten zahlen können.

Berlin war, was Wohnen betrifft, lange gegenüber München eine gemütliche Insel der Seligen. Das ist vorbei. Die Gentrifizi­erung ganzer Stadtteile schreitet in der Hauptstadt gnadenlos voran. Insofern ist es kein Wunder, dass Berlin von einer rot-rot-grünen Regierung gelenkt wird und diese sich nun in sozialisti­scher Manier zu einer staatlich verordnete­n Miet-Deckelung aufgeschwu­ngen hat. Das ist die Rache des kleinen Mannes an einem nun in Berlin wütenden ungezügelt­en Immobilien-Kapitalism­us.

Wohnungen sind in der Stadt zu einer heißen Ware für internatio­nale Spekulante­n und Pensionska­ssen geworden. Das ist letztlich auch eine Folge der verheerend­en Nullzinspo­litik der Europäisch­en Zentralban­k. Mit Immobilien lassen sich immerhin noch akzeptable Renditen erzielen. Das lässt sich auf Dauer wohl selbst durch einen Mietendeck­el kaum verhindern.

Denn der Berliner Sozialismu­s greift derart in das Eigentumsr­echt ein, dass er vor Gerichten letztlich nur schwer Bestand haben dürfte.

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