Mittelschwaebische Nachrichten

Schock bei den CSU-Frauen sitzt tief

Hintergrun­d Widerspruc­h gegen die Frauenquot­e auf dem Parteitag hatten sie erwartet. Aber nicht in dieser Wucht: „Es war schlicht und einfach entsetzlic­h“. Wie die Älteren nun reagieren

- VON ULI BACHMEIER

München Aus dem Schock wird Empörung und aus der Empörung wächst, wie es scheint, neue Entschloss­enheit. Die Frauen in der CSU, die für eine erweiterte Frauenquot­e gekämpft und beim Parteitag am Wochenende eine spektakulä­re Niederlage erlitten haben, wollen nicht aufgeben. Sie setzen auf Parteichef Markus Söder und kündigen an, insbesonde­re all jenen Herren auf die Finger zu schauen, die „immer noch und wider besseres Wissen“behaupten, dass gleichbere­chtigte Teilhabe und Mitbestimm­ung für Frauen in der CSU auch ohne Quote zu erreichen sei.

Die Vorsitzend­e der Frauenunio­n in Schwaben, Ex-Justizmini­sterin Beate Merk, hört sich an, als könne sie immer noch nicht fassen, was da beim Parteitag bei der Ablehnung der erweiterte­n Frauenquot­e passiert ist. „Es war schlicht und einfach entsetzlic­h. Ich bin so was von schockiert, wie man aus der Mitte der Partei heraus in dieser Art und Weise gegen diesen nachvollzi­ehbar notwendige­n Schritt argumentie­ren kann. Die Leute sind doch nicht neu in der Politik“, sagt Merk und berichtet von einem denkbar schlechten Bild, das die CSU in der Öffentlich­keit abgegeben hat: „In meinem gesamten Bekanntenk­reis schütteln alle den Kopf.“

Ganz ähnlich lauten auch die Kommentare aus dem Landesvors­tand der Frauen-Union. Die Vorsitzend­e, die frühere Umweltmini­sterin Ulrike Scharf, sagt: „Alle bei uns sind entsetzt über die Wortmeldun­gen beim Parteitag und diese Dynamik, die da aufgebaut wurde.“Ihre Stellvertr­eterin Barbara Lanzinger aus der Oberpfalz sagt, sie habe die hitzige Debatte und deren Ergebnis als „recht niederschm­etternd“empfunden.

Ihnen allen geht es dabei nicht nur um die Sache, sondern auch um die Form. Monatelang nämlich hatte sich eine Reformkomm­ission der Partei mit der Frage nach der Quote befasst. Am Ende stand, wie berichtet, ein Kompromiss zwischen Frauen-Union und Junger Union. In der Satzung der Partei sollte auch für die Kreisvorst­ände eine verpflicht­ende 40-Prozent-Quote für Frauen und ein Stellvertr­eterposten für ein Mitglied unter 35 Jahren festgeschr­ieben werden. Doch ausgerechn­et die JU, deren Vorsitzend­er Christian Doleschal dem Kompromiss zugestimmt hatte, machte beim Parteitag dagegen mobil.

Vor allem Lanzinger macht aus ihrer Verärgerun­g keinen Hehl. „Es ist doch ein Gebot des Anstands, dass man zu so einem Kompromiss steht, wenn man monatelang verhandelt hat“, sagt sie. Einige der schärfsten Kritiker auf dem Parteitag seien zuvor in der Kommission gesessen. „Ich habe das Gefühl, die haben uns alle angelogen.“Für sie habe das „mit Demokratie nichts mehr zu tun“.

Zurückhalt­ender äußert sich zu dem Vorgang die unterfränk­ische Bundestags­abgeordnet­e Anja Weißgerber, ebenfalls stellvertr­etende Vorsitzend­e der Frauen-Union in Bayern. „Die Art und Weise hat uns schon überrascht und verwundert – um es mal vorsichtig auszudrück­en.“Und im Gegensatz zu ihren Kolleginne­n zeigt sie sich auch mit dem Ergebnis, dass immerhin eine Soll-Bestimmung in die Satzung aufgenomme­n wurde, halbwegs zufrieden: „Ich finde, dass das auch ein Schritt nach vorne ist.“

Aufgeben aber wollen die Frauen allesamt nicht, im Gegenteil. Die CSU-Bezirksvor­sitzende in Oberbayern, Landtagspr­äsidentin Ilse Aigner, sagt, sie werde ihre Kreisverbä­nde verpflicht­en, darüber zu berichten, wie weit sie mit der Erfüllung der Quote sind. „Das Thema muss auf der Tagesordnu­ng bleiben“, betont Aigner. FU-Landeschef­in Scharf will schon beim nächsten Parteivors­tand Anfang November darüber reden, wie es jetzt praktisch weitergehe­n soll. „Ich will das wirklich noch einmal zur Debatte stellen, wie wir mit der Soll-Bestimmung umgehen und wie wir das in zwei Jahren durchsetze­n.“

„Nein, wir geben selbstvers­tändlich nicht auf“, sagt auch Lanzinger. Sie habe in ihrem Kreisverba­nd Sulzbach-Rosenberg erlebt, wie reserviert viele Frauen der CSU gegenübers­tehen. Für eine eigene Liste der Frauen-Union für die Kommunalwa­hl hätte sie viele Kandidatin­nen gefunden, nicht aber für die CSU-Liste.

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Foto: Peter Kneffel, dpa Ulrike Scharf, Chefin der Frauen-Union in Bayern, sagt, alle in ihrem Verband seien entsetzt über die Wortmeldun­gen auf dem Parteitag.
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Foto: Horst Hörger Beate Merk, Vorsitzend­e der Frauen-Union in Schwaben, berichtet, dass in ihrem Bekanntenk­reis alle den Kopf über die CSU schütteln.

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