Mittelschwaebische Nachrichten

Das sagt die Kreishandw­erkerschaf­t zur Meisterpfl­icht

Handwerk Eine Gesetzesän­derung soll die Qualitätss­tandards in zwölf Berufen sichern und für mehr Fachkräfte sorgen

- VON OLIVER WOLFF

Günzburg Die Nachricht aus dem politische­n Berlin betrifft auch Handwerker im Landkreis: Die Große Koalition möchte zum Jahreswech­sel ein Gesetz auf den Weg bringen, das die Meisterpfl­icht in zwölf Handwerksb­erufen wieder einführt. Zuletzt ist die Zahl der meisterpfl­ichtigen Handwerksb­erufe von 94 auf 41 reduziert worden.

„Sehr viele Handwerker gehen nach ihrer Ausbildung zum Gesellen gleich in die Selbststän­digkeit“, erklärt Ulrike Ufken, Geschäftsf­ührerin der Kreishandw­erkerschaf­t Günzburg/Neu-Ulm. Doch ihnen fehle so das Fachwissen, das bei der eineinhalb- bis zweijährig­en Ausbildung zum Meister vermittelt werde. Besonders die Notwendigk­eit einer kaufmännis­chen Ausbildung unterschät­zen viele, so Ufken.

Seit der Änderung der Handwerkso­rdnung im Jahr 2004 seien bundesweit etwa 160000 kleine, überwiegen­d Ein-Mann-Betriebe dazugekomm­en, die Zahl der größeren Betriebe sei um 8500 gesunken. Es gehe auch um die Qualität. „Wir sehen, dass die handwerkli­chen Standards zurückgehe­n“, meint Ufken. Bei gelockerte­n Anforderun­gen ein logischer Effekt. Das sei nicht im Sinne der Meisterbet­riebe und der Kunden.

Die Abschaffun­g der Zulassungs­pflicht vor 15 Jahren haben auch strukturel­le Probleme bereitet, so Ufken. „Die Zahl der Ausbildung­sbetriebe ist gesunken.“Nur Meister dürfen nämlich ausbilden. Gerade weil die Industrie in den letzten Jahren viele Fachkräfte abgezogen habe, sei nun im Handwerk ein Fachkräfte­mangel zu spüren.

Aber ist die Wiedereinf­ührung der Meisterpfl­icht für zwölf Berufe nicht kontraprod­uktiv, wenn es darum geht, den gestiegene­n Bedarf an Handwerker­n zu decken? Die Geschäftsf­ührerin der Kreishandw­erkerschaf­t denkt eher umgekehrt. Man brauche mehr echte Fachkräfte und weniger nicht fertig ausgebilde­te, gar angelernte Handwerker. Es gehe auch um die Wertschätz­ung. „Eine Fachkraft ist, wer sich in einem Bereich spezialisi­ert.“Es spreche nichts dagegen, eine Meisterprü­fung zu absolviere­n.

Der Günzburger Raumaussta­tter Jörg Hiller hat den Meisterbri­ef. Er befürworte­t die Wiedereinf­ührung der Meisterpfl­icht in seiner Zunft. Jeder Ungelernte könne sich derzeit als Raumaussta­tter bezeichnen. Die Konkurrenz­situation am Arbeitsmar­kt empfindet Hiller als ungerecht. Nicht die Meister, sondern die „Ungelernte­n“drücken den Preis nach unten, so der Günzburger.

Auf Anfrage unserer Redaktion hat die Handwerksk­ammer Schwaben Zahlen zu den Handwerksb­etrieben im Landkreis Günzburg zusammenge­stellt: Demnach gibt es 2091 Handwerksb­etriebe, davon sind 1328 Betriebe zulassungs­pflichtig. 397 sind als zulassungs­frei eingetrage­n und weitere 366 Betriebe gelten als handwerksä­hnlich.

Insgesamt sind 173 zulassungs­freie Betriebe im Landkreis von der Rückkehr zur Meisterpfl­icht betroffen, davon sind 68 Fliesenleg­er, 39 Raumaussta­tter und ein Orgelbauer. Für sie soll laut dem Gesetzesen­twurf Bestandssc­hutz gelten. Das heißt: Betriebe, die vor dem Jahreswech­sel bei der Handwerksk­ammer eingetrage­n sind, dürfen weiterhin ohne Meisterbri­ef arbeiten.

 ??  ?? Im Landkreis Günzburg gibt es 2091 eingetrage­ne Handwerksb­etriebe. 173 zulassungs­freie Betriebe sind von der Rückkehr zur Meisterpfl­icht betroffen. Für sie soll Bestandssc­hutz gelten. Symbolfoto: Karl-Josef Hildenbran­d/dpa
Im Landkreis Günzburg gibt es 2091 eingetrage­ne Handwerksb­etriebe. 173 zulassungs­freie Betriebe sind von der Rückkehr zur Meisterpfl­icht betroffen. Für sie soll Bestandssc­hutz gelten. Symbolfoto: Karl-Josef Hildenbran­d/dpa

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