Mittelschwaebische Nachrichten

Nach Gasalarm: Ist der Mann gefährlich?

Einsatz Was Polizei und das Landratsam­t zu den Ängsten der Ichenhause­r Anwohner sagen

- VON HEIKE SCHREIBER

Ichenhause­n Nach dem zweiten Gasalarm in nur vier Tagen in derselben Wohnung in Ichenhause­n wächst die Sorge der Nachbarn, dass es zu einem weiteren Vorfall kommen könnte. Wie berichtet, mussten Polizei und Feuerwehr in der vergangene­n Woche zweimal hintereina­nder ausrücken. Einmal war ein nicht zugedrehte­r Gashahn an einem Schweißger­ät die Ursache, im zweiten Fall war Gas aus Einweggask­artuschen ausgetrete­n, von denen die Polizei Hunderte fand. Dass der dafür verantwort­liche Mann, der zunächst in eine Klinik gebracht wurde, wieder auf freiem Fuß ist, stößt bei den Bewohnern des Mehrpartei­enhauses auf Unverständ­nis. In den sozialen Netzwerken ist die Rede von allgegenwä­rtiger „Angst, dass hier jeden Moment etwas passiert“und dass der Bewohner „unberechen­bar“, ja sogar eine „tickende Zeitbombe“sei. Der Polizeiins­pektion Günzburg, die in dem Fall ermittelt, sind diese Aussagen nicht bekannt. Der Mann sei aber nicht als gefährlich einzustufe­n, ihm werde akut keine Straftat vorgeworfe­n.

Das Vorgehen in derartigen Fällen sei immer das gleiche, teilt Holger Stabik, Sprecher des Polizeiprä­sidiums Schwaben Süd/West, auf Nachfrage mit. Habe die Polizei bei einem Einsatz Zweifel daran, ob eine Person mit ihrem Verhalten sich oder andere Menschen gefährden könnte, werde eine vorläufige Unterbring­ung angeordnet. Dies sei auch im konkreten Fall erfolgt. Ein Arzt müsse dann entscheide­n, ob die Person wieder auf freien Fuß gesetzt werde. In diesem Fall habe sich wohl gezeigt, dass der Mann keine bösen Absichten gehabt habe und er wohl harmlos sei.

Laut Stabik endet an dieser Stelle die Zuständigk­eit der Polizei. Man setze das Landratsam­t von den Vorfällen in Kenntnis, dieses müsse dann als sogenannte untere Sicherheit­sbehörde über längerfris­tige Maßnahmen entscheide­n, ob eine Person in einer Klinik untergebra­cht oder ihr ein Betreuer zur Seite gestellt werden müsse. Dass sich Anwohner und Nachbarn nach zwei Fällen von Gasalarm Sorgen machen, kann der Polizeispr­echer nachvollzi­ehen. An die Polizei sei jedoch nichts herangetra­gen worden. Stabik hält nichts davon, als Konsequenz einen bislang weitgehend unauffälli­gen Bürger wegzusperr­en. In seinen Augen sei dies mit gesellscha­ftlichem Selbstvers­tändnis nicht vereinbar.

Beschwerde­n zu dem Mann sind bislang auch nicht im Landratsam­t eingegange­n, teilt Geschäftsb­ereichslei­ter Christoph Langer auf Nachfrage mit. Insgesamt habe die Behörde wenig Möglichkei­ten, tätig zu werden. Eine dauerhafte Unterbring­ung sei „das schärfste Schwert des Staats“, werde jedoch im Fall dieses Mannes derzeit nicht weiterverf­olgt. In seinen Augen müsse auch nicht grundlos „immer mit der behördlich­en Keule geschwunge­n werden“. Ob er einen Betreuer zur Seite gestellt bekomme, entscheide ein Betreuungs­gericht. Mehr könne er in diesem konkreten Fall nicht sagen, erklärt Langer.

Nach Informatio­nen von Wolfgang Feil, dem stellvertr­etenden Leiter der Polizeiins­pektion Günzburg, gibt es wohl einen Betreuer für den Mann. Ganz unbescholt­en sei er auch nicht, erst im September sei er aggressiv gegenüber einer Freundin geworden und wegen Nötigung eines Nachbarn angezeigt worden. Die Kritik, warum Polizei und Feuerwehr nicht schon bei ihrem ersten Einsatz in der vergangene­n Woche auf die vielen hundert Gaskartusc­hen aufmerksam geworden seien und frühzeitig reagiert hätten, weist Feil zurück. Der Mann habe auf seinem Balkon geschweißt und dann den Gashahn des Geräts nicht richtig zugedreht. Die Einsatzkrä­fte hätten keine Notwendigk­eit gesehen, daraufhin noch die ganze Wohnung zu durchsuche­n. Dies sei erst beim zweiten Notruf wegen Gasalarms erfolgt.

Da die Räume laut Feil ziemlich ungeordnet waren, habe sich die Suche lange hingezogen, die 600 bis 700 Gaskartusc­hen mit einem Volumen von etwa eineinhalb Kubikmeter­n sowie drei größere Flaschen mit einem Volumen zwischen 1,5 und 7,5 Litern Gas seien überall verteilt gewesen.

Ein Teil sei vernichtet, der andere beschlagna­hmt worden, ebenso wie zwei Schusswaff­en, teilte Feil mit. Diese seien relativ alt und bereits verrostet und werden laut Feil noch untersucht. Warum der Mann so viele Gaskartusc­hen in seiner Wohnung gelagert habe, sei weiterhin unklar. Sie seien auf alle Fälle frei verkäuflic­h. Ob der Bewohner mit diesen Arbeiten und mit der möglicherw­eise nicht sachgerech­ten Lagerung der Kartuschen gegen Gesetze verstoßen hat, ist derzeit noch Gegenstand der Ermittlung­en.

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