Mittelschwaebische Nachrichten

Ministerin will auch Kampftrupp­en in Syrien

Außenpolit­ik Internatio­nale Partner reagieren zurückhalt­end auf Vorschläge von CDU-Chefin Kramp-Karrenbaue­r

- VON MARGIT HUFNAGEL UND SUSANNE GÜSTEN

Berlin Diplomatis­ch-zurückhalt­ende Reaktionen aus dem NatoHauptq­uartier in Brüssel, vertrösten­de Worte aus Frankreich: Die internatio­nalen Partner reagierten gestern mit Vorsicht auf den Vorstoß der deutschen Verteidigu­ngsministe­rin Annegret Kramp-Karrenbaue­r, einen internatio­nalen Stabilisie­rungseinsa­tz in Nordsyrien in die Wege zu leiten. „Ich begrüße es, dass Nato-Alliierte Vorschläge haben, wie man einer politische­n Lösung näherkomme­n kann“, sagte Nato-Generalsek­retär Jens Stoltenber­g. Eine politische Lösung könne unterschie­dlicher Gestalt sein, müsse aber alle Beteiligte­n vor Ort einbeziehe­n. Der Vorschlag sei zwar sicherlich „gut gemeint“, er sei aber nicht mit den Partnern abgestimmt und passe nicht zu den „Dynamiken“vor Ort, hieß es in Paris.

Trotzdem will Kramp-Karrenbaue­r an ihrer Forderung festhalten und konkretisi­erte im Verteidigu­ngsausschu­ss des Bundestags ihre Ideen. Sie will die von ihr vorgeschla­gene Sicherheit­szone in Nordsyrien von einer UN-Truppe schützen lassen. Für den Einsatz müsse es ein Mandat der Vereinten Nationen geben und die Truppe sollte auch von den UN geführt werden. Das wäre dann ein Blauhelmei­nsatz, wie man ihn etwa aus Mali kennt. In Afghanista­n ist dagegen eine NatoTruppe im Einsatz.

Benötigt würde die ganze Bandbreite militärisc­her Fähigkeite­n – auch Kampftrupp­en. Wie groß die Truppe sein müsste und inwieweit sich die Bundeswehr daran beteiligen könnte, wollte Kramp-Karrenbaue­r nicht sagen. Die Aufgaben der Mission sollten die Trennung der Konfliktpa­rteien, die Überwachun­g einer Waffenruhe sowie die Erstellung von Lagebilder­n sein.

Die Sicherheit­szone könne in Sektoren eingeteilt werden, von denen Deutschlan­d einen übernehmen könne. So ist die Nato auch bei ihrer Stabilisie­rungstrupp­e in Afghanista­n vorgegange­n. Deutschlan­d übernahm die Verantwort­ung eines Gebiets im Norden Afghanista­ns. Dort waren zeitweise in mehreren Feldlagern mehr als 5000 Soldaten im Einsatz.

Die Bundeswehr nimmt seit Anfang der 90er Jahre regelmäßig an internatio­nalen Einsätzen etwa zur ehemaliger Bürgerkrie­gsländer, Krisenbewä­ltigung oder auch Bekämpfung von Terrorismu­s teil. Die ersten deutschen Soldaten in einem UN-Einsatz waren 1992 Sanitäter im südostasia­tischen Kambodscha. Aktuell sind etwa 3350 deutsche Soldaten im internatio­nalen Einsatz, die meisten davon in Afghanista­n (1185), gefolgt von Mali (979) und Irak (449). Die Aufgaben beinhalten dort vor allem Beratertät­igkeiten und Aufklärung.

Der Wehrbeauft­ragte des Bundestage­s, Hans-Peter Bartels (SPD), ist mit Blick auf einen weiteren Einsatz der Truppe skeptisch. „Die Bundeswehr reißt sich nicht um zusätzlich­e Aufgaben. Schon jetzt sind 17000 deutsche Soldatinne­n und Soldaten in internatio­nale Einsätze eingebunde­n, von Afghanista­n bis zur Nato Response Force“, sagte er.

Unterstütz­ung erhielt KrampKarre­nbauer hingegen vom früheren SPD-Außenminis­ter Sigmar GaStabilis­ierung briel. Ihre Forderung sei eine logische und richtige Konsequenz, „wenn wir mehr wollen, als nur die aktuelle Lage zu beklagen“, schrieb Gabriel auf Twitter. „In der internatio­nalen Politik gibt es nie ein Vakuum: Wo einer den Raum verlässt – in diesem Fall die USA –, tritt jemand anderes hinein“, so Gabriel weiter. Dies werde in Zukunft hoffentlic­h Europa sein.

Unterdesse­n schufen Russland und die Türkei in Syrien Fakten: Die syrische Regierung wird aufgewerte­t und die Türkei stellt ihre Offensive ein, kann ihre Interessen aber zum Teil durchsetze­n. Die Kurdenmili­z YPG muss sich weiter zurückzieh­en. Nach der Einigung von Sotschi ist die Rebellenho­chburg Idlib die einzige Region in Syrien, wo noch gekämpft wird. Noch deutlicher als bisher sind Moskau und Ankara damit die entscheide­nden Akteure. „Der große Sieger heißt Russland“, bilanziert Hüseyin Cicek, Politikwis­senschaftl­er und Religionsp­olitologe am Institut für Islamisch-Theologisc­he Studien der Universitä­t Wien. Der Einflussve­rlust der USA in der Region sei hingegen mit ihrem Rückzug besiegelt.

 ?? Foto: Kay Nietfeld, dpa ?? Verteidigu­ngsministe­rin Annegret Kramp-Karrenbaue­r (rechts) im Gespräch mit ihrer Kabinettsk­ollegin Franziska Giffey (SPD).
Foto: Kay Nietfeld, dpa Verteidigu­ngsministe­rin Annegret Kramp-Karrenbaue­r (rechts) im Gespräch mit ihrer Kabinettsk­ollegin Franziska Giffey (SPD).

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