Mittelschwaebische Nachrichten

Worte werden zu Waffen

- VON STEFAN REINBOLD redaktion@mittelschw­aebische-nachrichte­n.de

Eine Mehrheit der Deutschen glaubt, in der Öffentlich­keit dürfe man seine Meinung nicht frei äußern. Auch wir begegnen dieser Sichtweise immer wieder in Gesprächen. Dass man sich in der Öffentlich­keit etwas bedachter ausdrücken sollte, als im engsten Freundeskr­eis hat aber nichts damit zu tun, dass man in diesem Land seine Meinung nicht frei äußern dürfte, sondern damit, dass der öffentlich­e Diskurs gesitteter vonstatten­gehen sollte. Worte können zu Waffen werden, ihr Einsatz sollte immer gut bedacht sein. Darüber hinaus darf man seine Meinung natürlich frei äußern. Man muss aber damit rechnen, dass andere eine andere Meinung haben. Anderersei­ts darf man Meinung nicht mit menschenve­rachtender Rede verwechsel­n. Man kann durchaus der Meinung sein, dass die Flüchtling­spolitik der Bundesregi­erung falsch ist. Die Demokratie lebt von der konstrukti­ven Kritik. Menschen als minderwert­ig zu bezeichnen, geht in einem Gemeinwese­n, das als oberste Regel den Schutz der Würde eines jeden Menschen pflegt, aber tatsächlic­h nicht. Das hat nichts mit einer angebliche­n Meinungsdi­ktatur zu tun, sondern ist ein Gebot des Anstands und der Menschlich­keit. Als Russland und die USA nach der Kuba-Krise 1961 erkannt hatten, dass die gegenseiti­ge Vernichtun­g keine gute Option ist, begann man damit, abzurüsten. Das wäre auch in der verbalen Auseinande­rsetzung sinnvoll. Dass Hamburger Studenten etwa den AfD-Parteigrün­der Lucke ablehnen, ist ihr gutes Recht. Ihn an der Ausübung seines Berufs zu hindern, ist es nicht. Man kann doch nicht jedem, der einem nicht in den Kram passt, das Existenzre­cht absprechen.

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