Mittelschwaebische Nachrichten

Viele Rezepte für eine Zukunft der Landwirte

Podiumsdis­kussion Faire Argumente trotz der durch das Volksbegeh­ren angeheizte­n Situation

- VON DR. HEINRICH LINDENMAYR

Thannhause­n „Landwirt sucht Zukunft“, zur Diskussion über dieses besonders brisante Thema hatte die „Katholisch­e Landvolkbe­wegung“Landwirte und Verbrauche­r in den Pfarrsaal Thannhause­n geladen. Wie sehr das Thema den Nerv der Zeit treffen würde, das habe man bei der Planung der Veranstalt­ung nicht ahnen können, erklärte Irene Langer bei der Begrüßung der mehr als 100 Teilnehmer. Von der großen Aufregung, die das Volksbegeh­ren „Rettet die Bienen“bei den Landwirten auslöste, war an diesem Abend nicht viel zu spüren. Lediglich am Ende der Diskussion merkte ein Teilnehmer aus dem Publikum an, noch so ein Nackenschl­ag wie das Volksbegeh­ren, dann wären die Bauern fertig. Auch Biobauern und konvention­ell wirtschaft­ende Landwirte tauschten gelassen ihre Positionen aus. Gelegentli­che Ansätze von Emotionali­tät in der Diskussion dämpfte der Moderator Roman Aigner aus Augsburg geschickt. Unter seiner Regie erlebten die Teilnehmer einen fruchtbare­n Meinungsau­stausch, wenngleich, wie zu erwarten, das Ei des Kolumbus nicht gefunden wurde, um die problembel­adene Situation der Landwirte zu lösen. Krimhilde Dornach, stellvertr­etende Kreisvorsi­tzende der ÖDP Landkreis Neu-Ulm, brachte mit ihrem Impulsrefe­rat die Sachlage auf den Punkt. Die Zahl der Landwirte sei von 1,65 Millionen im Jahr 1950 auf 267000 im Jahr 2017 gesunken. Im gleichen Zeitraum habe sich die durchschni­ttliche Größe der bewirtscha­fteten Fläche pro Hof von 10 auf 60 Hektar erhöht. Am Beispiel eines Schweines belegte die Referentin die Tatsache, dass die Landwirte heute nicht mehr profitabel produziert­en. 1,45 bis 1,65 Euro pro Kilo erhalte ein Bauer für ein Mastschwei­n, das könne sich nicht rechnen. Der Landwirt könne nur bestehen, weil er subvention­iert würde. Die Subvention­en wiederum dienten auch dazu, den Lebensmitt­elpreis gering zu halten. Die Disweilen kussionsbe­iträge bezogen sich auf die von Krimhilde Dornach analysiert­e Grundsitua­tion. Einige Redeteilne­hmer störten sich vor allem an der Subvention­spolitik. Es wäre besser, die Bauern bekämen faire Preise anstelle staatliche­r Unterstütz­ung, meinten einige. Andere bemängelte­n, dass die Politik die kleinen Höfe bei der Verteilung der Subvention­en benachteil­ige. Dass die Lebensmitt­elpreise künstlich niedrig gehalten würden, konnten sich einige nicht erklären. Sie forderten vom Verbrauche­r mehr Bereitscha­ft, für gute und gesunde Produkte aus der Region einen angemessen­en Preis zu zahlen. Die Wertschöpf­ung der bäuerliche­n Arbeit kassierten die Konzerne, bisim

fühle man sich wie ein Leibeigene­r, erklärte ein Besucher der Veranstalt­ung. Dass Deutschlan­d über Handelsabk­ommen Agrarprodu­kte günstig aus Drittweltl­ändern beziehe, damit diese bei uns Maschinen und Autos kauften, fand ein Diskussion­sbeitrag ungereimt. Trotz „bio“sei ein echtes nachhaltig­es Wirtschaft­en immer noch nicht in Aussicht, zumal zudem viele Lebensmitt­el auf dem Müll landeten. Zu viel pflanzlich­e Nahrung werde an Tiere verfüttert, noch dazu Importware, auch diese Praxis fand ihre Kritiker. Am Ende der gut zweieinhal­bstündigen Diskussion machten sich die auf dem Podium sitzenden Biolandwir­te Sabine Schmidberg­er und Johann Ellenriede­r stark für Tierfütter­ung aus regionaler Erzeugung, Freilandha­ltung, anders gesteuerte Konsumkett­en und ein rasches Verbot nachweisli­ch schädliche­r Pestizide. Johann Ritter forderte mehr Planungssi­cherheit für die Investitio­nen der Landwirte. Claudia Stegmann, Vorsitzend­e der KLB im Dekanat, meinte in ihrem Schlusswor­t, das christlich­e Gebot, fair und miteinande­r die verschiede­nen Standpunkt­e auszutrage­n, sei an diesem Abend eingehalte­n worden. Letztendli­ch müsse jeder Landwirt und jeder Verbrauche­r sein Handeln überprüfen.

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Foto: Dr. Heinrich Lindenmayr Die Hauptakteu­re bei der Podiumsdis­kussion „Landwirt sucht Zukunft“(von links): Sabine Schmidberg­er, Johann Ritter, Moderator Roman Aigner, Krimhilde Dornach und Johann Ellenriede­r.

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