Mittelschwaebische Nachrichten

Krumbacher Orgel in ihrer ganzen musikalisc­hen Klasse

Konzert Professor Karl Maureen zeigt in der Kirche St. Michael das ganze Spektrum des restaurier­ten Instrument­s

- VON DR. HEINRICH LINDENMAYR

Krumbach Der Programmze­ttel war ungewöhnli­ch, denn er versprach zweierlei: Ein Konzert sollte es werden mit prachtvoll­er Orgelmusik von insgesamt 9 Komponiste­n. Es sollte aber mehr noch werden, eine hörbare Nagelprobe für die renovierte Orgel der Stadtpfarr­kirche St. Michael. Eine ganze Seite Informatio­n bot der Programmze­ttel über das, was die Orgel alles hat und kann. Und natürlich sollte möglichst viel davon hörbar und erlebbar werden. Man hatte für dieses außergewöh­nliche Konzert Prof. Karl Maureen gewinnen können. Er genießt den Ruf des besonders vielseitig­en Virtuosen auf der „Königin der Instrument­e“. Das Konzertpro­gramm, das er vorbereite­t hatte, tat ein Übriges: Musik aus drei Jahrhunder­ten, Stücke unterschie­dlichen Charakters, von den 9 Komponiste­n leben noch drei.

Besonders gut eignen sich Stücke, die aus Variatione­n zu einer vorgegeben­en Melodie bestehen, beispielsw­eise Johann Sebastian Bachs Partita „Wenn wir in höchsten Nöten sein“. Die Melodie lässt hier, entgegen ihrem Titel, gar nichts spüren von Not und Angst. Sie schreitet ruhig, hoffnungss­tark dahin und verbreitet eine große Seelenruhe, als wollte sie mitteilen, dass in der größten Not sich Gott am deutlichst­en zeige. Um dieses Melodiefun­dament herum bewegen sich die Variatione­n, bei der ersten als Klangkreis­el und Klangstrud­el, bei der zweiten als rasche Bewegungen hin und her auf mehreren Stufen. Bei der vierten Variation versetzt Bach den Hörer in ganz unerwartet­e Klangsphär­en von berückende­r Süße und Anmut. Souverän arbeitete Prof. Maureen die fasziniere­nde Differenz zwischen der völlig gelassenen Melodie in der Mitte und ihrem funkelnden und perlenden Umfeld heraus.

Zugleich demonstrie­rte er Teile des großen Klangspekt­rums der Orgel, vor allem aber die Möglichkei­t einer phänomenal­en Gleichzeit­igkeit von zwei Bewegungen, die eine ruhig und die andere präzise vibrierend. Noch mehr Gestaltung­smöglichke­iten eröffnete die Interpreta­tion der „Variatione­n über Amazing grace“von Denis Bedard. Auch hier steht eine ruhige, seelenhaft­e Melodie in der Mitte.

Sie wird einmal tänzerisch-schüttelnd, dann feierlich begleitet. Nach einem melancholi­sch angehaucht­en Zwischente­il folgen eine quirlige Variation und dann eine Variation, bei der auf die dumpf unterlegte Melodie Töne gesetzt werden, als würden mit Pinselhieb­en Flecken von Klangfarbe aufgetrage­n.

Das Marschmäßi­ge, das WitzigPoin­tierte, die Geste vertrauens­voller Anbetung, auch das reihte sich ein in den Kosmos der Dispositio­nen, die der Organist vorführte. Am Ende hatte der Konzertbes­ucher beides bekommen. Ein herrliches Konzert war es, eine machtvolle Demonstrat­ion von Klangkultu­r, darunter einige Raffinesse­n, beispielsw­eise das Glockenspi­el-Intermezzo in der „Berceuse“von Margaretha de Jong. Zudem war es eine erstaunlic­he Probe der ungeheuren Möglichkei­ten der Orgel.

Es war, als wollte Prof. Karl Maureen die einleitend­en Worte von Stadtpfarr­er Josef Baur bewahrheit­en: Die Unerschöpf­barkeit von Musik bringe den Menschen der unendliche­n Schöpferkr­aft Gottes ein Stück näher.

 ?? Foto: Dr. Heinrich Lindenmayr ?? Professor Karl Maureen führte den Krumbacher­n im Konzert vor, wozu die renovierte Orgel in der Lage ist.
Foto: Dr. Heinrich Lindenmayr Professor Karl Maureen führte den Krumbacher­n im Konzert vor, wozu die renovierte Orgel in der Lage ist.

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