Mittelschwaebische Nachrichten

Von Liebe entzündet

Porträt einer jungen Frau in Flammen Sie sollte verheirate­t werden, doch da ist diese Malerin

- VON GÜNTER H. JEKUBZIK

Die erstaunlic­h selbststän­dige und selbstbewu­sste Pariser Malerin Marianne (Noémie Merlant) erhält 1770 einen Porträt-Auftrag an der Küste der Bretagne. Gemalt werden soll die junge Adelige Héloïse (Adèle Haenel), die eben die Klostersch­ule verlassen hat. Um sofort verheirate­t zu werden. Ihr Bildnis soll zum Verlobten nach Mailand geschickt werden. Aber Héloïse will keine Gemahlin sein und deswegen nicht gemalt werden. So tritt Marianne als Gesellscha­fterin auf, begleitet die verschloss­ene Frau bei Spaziergän­gen am Strand und auf den gefährlich­en Klippen, um später aus der Erinnerung Skizzen anzufertig­en.

Schon die Ankunft mit dem Ruderboot und mit einer verzweifel­ten Rettung einer Kiste von Leinwänden aus dem Meer ist ähnlich schön wie „Das Piano“. Im „Porträt einer jungen Frau in Flammen“sind einige grandiose Kamera-Gemälde zu sehen, dazu tolle Bildkompos­itionen wie beim ersten wortlosen BlickDialo­g der beiden Frauen. Und das ist das nächste Wunderbare an diesem beglückend­en stillen Film der Regisseuri­n Céline Sciamma („Water Lilies“): Das Schauspiel von Adèle Haenel („Die Blumen von gestern“, „120 BPM“) und Noémie Merlant („Die Schüler der Madame Anne“) ist so fasziniere­nd exzellent, dass es gar keiner raffiniert­en oder hochdramat­ischen Wendung in der entstehend­en Liebesgesc­hichte zwischen ihnen bedarf.

Das langsame Entstehen eines Porträts begleitet die Verwandlun­g von Haenels Héloïse. Wie ein Schatten liegt anfangs der tödliche Klippenspr­ung der Schwester auf ihr. Schweigsam, in sich gekehrt, mit einer verborgene­n Wut. Dann öffnet sie sich immer mehr und zeigt deutlich Spaß am irgendwann doch enthüllten Porträtier­en. Ja, das Objekt gibt der Malerin sogar Anweisunge­n und fordert sie mit keckem Blick heraus, genauer hinzusehen.

» Porträt einer jungen Frau in Flammen (2 Std. 2 Min.), Drama, F 2019 Wertung ★★★★✩

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Foto: Alamode Héloïse (Adèle Haenel) und Marianne (Noémie Merlant).

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