Mittelschwaebische Nachrichten

Todesdrohu­ngen gegen Roth und Özdemir

Gewalt Grünen-Politiker wollen sich nicht einschücht­ern lassen. Linke erhebt schwere Vorwürfe gegen die CDU

- VON CHRISTIAN GRIMM UND MARGIT HUFNAGEL

Berlin „Dagegenhal­ten“, das sei ihr Motto, sagte Bundestags-Vizepräsid­entin Claudia Roth (Grüne) vor gerade einmal zwei Wochen im Interview mit unserer Redaktion. Es ging um Anfeindung­en im Internet, verbale Übergriffe in den sozialen Medien. Jetzt wurde bekannt, dass die Grünen-Politikeri­n sogar mit dem Tod bedroht wird. Gemeinsam mit ihrem Parteikoll­egen Cem Özdemir steht sie auf einer Todesliste, die Rechtsextr­eme angelegt haben. Die Drohungen erreichten Roth und Özdemir per Mail, Absender war eine Gruppe namens „Atomwaffen Division Deutschlan­d“(AWD), das Schreiben wurde an das Bundeskrim­inalamt weitergele­itet. Die Zeitungen der Funke-Mediengrup­pe zitieren aus der ihnen vorliegend­en Mail an Özdemir: „Zurzeit sind wir am Planen wie und wann wir Sie hinrichten werden, bei der nächsten öffentlich­en Kundgebung? Oder

sie von uns vor ihrem Wohnort abfangen.“

Roth sagte der Zeitung: „Die Drohung mag diesmal gegen Cem und mich gerichtet sein, doch sie reiht sich ein in eine lange Liste versuchter Einschücht­erungen – gegen Kommunalpo­litikerinn­en und die Zivilgesel­lschaft, gegen Jüdinnen und Muslime, gegen Künstlerin­nen und Menschen mit Migrations­hintergrun­d.“Und weiter: „Wer glaubt, uns mit seinem dumpfen Hass und seiner geschichts­blinden Hetze vom Einsatz für eine vielfältig­e und weltoffene Gesellscha­ft abbringen zu können, den muss ich bitter enttäusche­n.“

Die 64-jährige Claudia Roth wird immer wieder öffentlich angefeinde­t. Der 53-jährige Ex-GrünenChef Cem Özdemir erhält seit längerem sogar Personensc­hutz.

Rückendeck­ung erhalten die beiden Grünen-Politiker aus anderen Parteien. „Die hässlichen Drohungen mutmaßlich­er Rechtsextr­emisten gegen Herrn Özdemir und Frau

sind unsäglich und ein Angriff auf die freiheitli­che Demokratie insgesamt“, sagte der bayerische Innenminis­ter Joachim Herrmann (CSU). „Vom Bundestags­abgeordnet­en bis hin zum Vertreter eines Kommunalpa­rlaments: Jeder hat in unserem Land das Recht seine Meinung in der politische­n Debatte frei zu äußern und ein Mandat auszuüben, ohne Drohungen ausgesetzt zu sein.“Einschücht­erungsvers­uchen von Extremiste­n müsse „der Rechtsstaa­t seine vollste Härte entgegense­tzen“. Die Bundesregi­erung hatte erst vor kurzem angekündig­t, mit schärferen Strafen, erweiterte­n Kompetenze­n der Behörden und einer Meldepflic­ht für strafbare Inhalte im Internet, auf die rechte Gewalt der vergangene­n Monate reagieren zu wollen.

Entsetzen herrschte auch bei der Linksparte­i. „Die Bedrohunge­n gegen Politikeri­nnen und Politiker auf der Bundeseben­e sind nur die Spitze des Eisberges“, sagte Linken-Chefin Katja Kipping unserer Redaktiwer­den on. „Für viele Menschen ohne diesen Zugang zu Medien und auch Schutz, die sich vor Ort gegen Rechte organisier­en, ist diese Gefahr schon lange Teil ihres Alltages.“Das dürfe so nicht mehr hingenomme­n werden. Ein zentraler Schritt müsse die konsequent­e Strafverfo­lgung von rechten Gewalttäte­rn sein. „Ich erinnere noch einmal daran, dass 500 rechtskräf­tig verurteilt­e Nazis hier im Land frei herumlaufe­n“, warnt Kipping.

Aber natürlich sei das Thema auch eine politische Aufgabe. Die Politik müsse sich den Wortführer­n dieser gewalttäti­gen Ideologie entgegenst­ellen. Schwere Vorwürfe erhebt Kipping in diesem Zusammenha­ng gegenüber der CDU. Deren Fraktionsv­ize Michael Heym hatte in Thüringen nach der Landtagswa­hl eine Tolerierun­g der AfD vorgeschla­gen. Dass er daraufhin von Parteikoll­egen heftig kritisiert wurde, reicht Kipping nicht. „Wer, wie Michael Heym (CDU) und Christian Hirte (CDU), nach Möglichkei­Roth ten eines Schultersc­hlusses mit den Demagogen von der AfD sucht, macht sich in letzter Instanz mitschuldi­g“, sagt Kipping.

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Foto: Pedersen, dpa Grünen-Politikeri­n Claudia Roth steht angeblich auf einer Todesliste von Rechtsextr­emisten.

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