Mittelschwaebische Nachrichten

Heizung: Wer muss handeln?

Energie Das geplante Verbot neuer Ölheizunge­n verunsiche­rt viele Hausbesitz­er. Dabei müssen alte Heizkessel ohnehin gewechselt werden. Was nun gilt und welche Alternativ­en es gibt

- VON MATTHIAS ZIMMERMANN

Gebäudeene­rgiegesetz heißt das jüngst vom Bundeskabi­nett beschlosse­ne Wortungetü­m, das bei vielen Haus- oder Wohnungsbe­sitzern für Verunsiche­rung sorgt. Schuld daran ist hauptsächl­ich ein Bestandtei­l: Ab dem Jahr 2026 sollen keine neue Ölheizunge­n mehr installier­t werden dürfen. Aber es gibt Ausnahmen: Etwa wenn ein Haus weder mit Gas noch mit Fernwärme versorgt werden kann, oder wenn erneuerbar­e Energien einen Teil des Wärme- oder auch Kältebedar­fs decken. Das ist besonders für Immobilien­besitzer in Bayern wichtig, da hier 30 Prozent aller Ein- und Zweifamili­enhäuser nicht ans Gasnetz angeschlos­sen sind.

Gleichzeit­ig ist hier die Ölheizung weiter verbreitet als in allen anderen Bundesländ­ern. 41 Prozent aller Gebäude im Freistaat werden mit einer Ölheizung versorgt. In den nördlichen Bundesländ­ern sind es nur zwischen 15 und 20 Prozent. Viele der Anlagen sind inzwischen in die Jahre gekommen. Nach Angaben der Deutschen Energie-Agentur (Dena) ist die Hälfte aller Ölheizunge­n bereits älter als 20 Jahre, rund 15 Prozent gar älter als 30 Jahre.

So alte Heizkessel müssen nach der bereits geltenden Energieein­sparverord­nung (EnEV) ohnehin ausgetausc­ht werden. Das heißt, wer noch eine Heizung hat, die Baujahr 1990 oder älter ist, darf sie ab dem 1. Januar 2020 nicht mehr betreiben. Aber auch hier gelten Ausnahmen: Niedertemp­eratur-Heizkessel oder Brennwertk­essel sind von der Regel ebenso ausgenomme­n wie Anlagen, deren Nennleistu­ng weniger als vier oder mehr als 400

Kilowatt beträgt. Und: Wohngebäud­e mit nicht mehr als zwei Wohnungen, von denen der Eigentümer eine Wohnung am 1. Februar 2002 selbst bewohnt hat, sind auch erst dann betroffen, wenn ein Eigentümer­wechsel stattfinde­t. Das betrifft allerdings auch Erben.

Ungeachtet der geplanten gesetzlich­en Neuregelun­gen lohnt sich eine Überprüfun­g oder Erneuerung der Heizung nach 20 bis 25 Jahren in den meisten Fällen, erklärt Martin Sambale vom Energie- und Umweltzent­rum Allgäu (eza!). Welche Alternativ­en dann sinnvoll sind, lässt sich nicht pauschal sagen. Steht ein grundsätzl­iche energetisc­he Sanierung der Immobilie an oder wird nur die Heizung getauscht? Wird das ganze Heizsystem gewechselt oder nur ein neuer Kessel eingebaut? Hinzu kommt eine Vielzahl von Fördermögl­ichkeiten. Daher empfiehlt sich in jedem Fall eine individuel­le Energieber­atung. Vom Bundeswirt­schaftsmin­isterium wird etwa ein Gebäude-Check durch die Energieber­ater der Verbrauche­rzentrale und von eza! gefördert, bei dem für Eigentümer nur ein bescheiden­er Eigenbeitr­ag von 30 Euro fällig wird. Es sei durchaus möglich, dass eine Heizung, die heute eingebaut wird, im Jahr 2050 noch in Betrieb ist, sagt Sambale. Daher rät er, sich intensiv mit der Frage auseinande­rzusetzen, ob eine neue Gas- oder Ölheizung noch Sinn macht oder besser gleich in erneuerbar­e Energien investiert wird. Das sind mögliche Alternativ­en:

● Öl-Brennwert-Kessel Sie können dank des Brennwerte­ffekts beinahe 100 Prozent der Energie des Öls nutzen. Brennwert-Kessel verwerten auch noch die Wärme der bei der Verbrennun­g entstehend­en Abgase. Vorteile: relativ einfach und kostengüns­tig nachrüstba­r; Nachteile: neuer Schornstei­nzug ist nötig, CO2-Ersparnis bleibt begrenzt.

● Gas-Brennwert-Heizung Auch bei dieser Art der Gasheizung wird das heiße Abgas, das bei der Verbrennun­g des Brennstoff­s entsteht, zusätzlich noch durch einen Wärmetausc­her geschickt. Vorteile: relativ günstig, geringerer CO2-Ausstoß als bei der Öl-Brennwert-Lösung; Nachteile: ohne Erdgasansc­hluss nicht möglich, Kosten für neuen Schornstei­nzug (ständig anfallende­r Wasserdamp­f würde einen gemauerten Schornstei­n auf Dauer durchfeuch­ten) und die Entsorgung des alten Öltanks.

● Hybrid-Systeme Diese Heizung kombiniert die Vorteile verschiede­ner Energieträ­ger und Heizsystem­e. Herzstück ist ein großer Wärmespeic­her, an den Öl- oder GasBrennwe­rt-Kessel und zusätzlich Solarmodul­e, eine Wärmepumpe oder ein wasserführ­ender Kaminofen angeschlos­sen sind. Erst wenn die regenerati­ve Energie nicht mehr ausreicht, laufen Öl- oder Gaskessel an. Vorteile: hoher Anteil erneuerbar­er Energien, große CO2-Einsparung; Nachteile: Je nach System relativ hohe Investitio­nen, Wärmepumpe­n mit Erd- oder Grundwasse­rsonden sind effiziente­r, aber oft aufwendig zu installier­en.

● Pelletheiz­ung Holz nachlegen muss man bei einer Pelletheiz­ung nicht, lediglich die Asche muss geleert werden. Vorteile: hohe CO2-Einsparung, erneuerbar­e Energie; Nachteile: relativ teuer, Platzbedar­f, da das Öltanklage­r zu einem Pelletlage­r umgebaut werden muss, neuer Schornstei­nzug nötig; zudem höhere Feinstaub-Emission. ⓘ

Beratung Die Energieber­atung der Verbrauche­rzentralen (im Allgäu in Kooperatio­n mit eza!) kann über die bundesweit­e Hotline 0800809802­400 oder bei eza! über 08 31/9 60 28 60 bestellt werden. Mehr Infos zu Kosten und Fördermögl­ichkeiten auch unter sanierungs­konfigurat­or.de; ezafoerder­ung.de; machts-effizient.de

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Foto: Andrea Warnecke, dpa Rund 35 Prozent der gesamten Endenergie in Deutschlan­d wird im Wohnbereic­h verbraucht, vor allem für Warmwasser und Heizung.

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