Mittelschwaebische Nachrichten
„Eine Urwahl würde die Union spalten“
Interview CSU-Chef Markus Söder über die Kanzlerkandidaten-Debatte und den neuen Hauptgegner in Berlin
Herr Söder, fühlen Sie sich geschmeichelt, wenn Sie als Kanzlerkandidat der Union gehandelt werden?
Markus Söder: Mein Interesse ist und bleibt Bayern. Ich habe da eine große Aufgabe, der ich mich mit ganzer Kraft widme. Wenn in Berlin ein CSU-Kandidat ins Spiel kommt, dann liegt das meistens daran, dass die Lage insgesamt schlecht ist. Insofern sind die Spekulationen weniger ein Lob als vielmehr der Ausdruck der Not.
Haben Sie einen Favoriten?
Söder: Für die Entscheidung über den Spitzenkandidaten der Union sind Timing und Tuning entscheidend. Timing bedeutet, zunächst muss entschieden werden, wann überhaupt eine Bundestagswahl ist. Das hängt von der SPD ab. Sie muss jetzt entscheiden, ob sie in der GroKo bleibt. Womit rechnen Sie? Söder: Das weiß ich nicht. Sollte die Bundestagswahl aber erst 2021 stattfinden, dann wäre es sinnvoll, die Chancen einer Kandidatur erst Ende nächsten Jahres auszuloten. Was das Tuning betrifft: Die Entscheidung muss im Team fallen. Eine Urwahl oder eine Abstimmung mit knappen Mehrheiten würden die Union spalten.
Als Parteichef haben Sie bei der Abstimmung über die Frauenquote eine erste Niederlage erlebt. Woran lag es? Söder: Warum Niederlage?
Weil sich Ihr Konzept nicht durchgesetzt hat.
Söder: Ich würde sagen: Wir wollten zwei Schritte gehen, sind am Ende aber trotzdem einen vorangekommen. Bei der Parteireform haben wir von 75 Punkten nahezu alle durchgebracht. Beim Thema Frauenquote, das gebe ich zu, hätte ich mir etwas mehr gewünscht. Denn die Realität ist, dass nicht nur in den Städten die Akzeptanz gerade bei jungen Frauen deutlich erhöht werden kann. Und da ist eine Quote ein Instrument – sicher nicht das einzige, um eine stärkere Repräsentanz von Frauen zu erreichen.
Auch am von Ihnen verordneten grünen Kurs hört man Kritik.
Söder: Wir mussten Entscheidungen zum Artenschutz und zum Klimaschutz treffen. Es wäre doch völlig absurd, wenn wir für so eine gewaltige Herausforderung wie die Veränderung unserer natürlichen Lebensbedingungen keine Antwort hätten. Wer glaubt, diese ignorieren zu können, der versündigt sich an Heimat und Zukunft. Wir setzen dabei auf einen Kurs der Vernunft und der Mitte. Unser Klimaschutz-Konzept ist das modernste weit und breit. Was wir aber nicht machen, sind Extrempositionen, wie sie die Grünen fordern. Von Fleisch bis Auto: Alles wird stigmatisiert und dämonisiert. Das wollen wir nicht. Insofern stehen wir in der Mitte der Bevölkerung. Und mein Eindruck ist: Das wird von der CSU-Basis auch gelebt.
Die Grünen sind der politische Hauptgegner?
Söder: Ich glaube schon. Im Kanzler-Duell vor der nächsten Wahl geht es nicht um Schwarz und Grün, sondern um Schwarz oder Grün. Die Grünen werden Anspruch auf die Kanzlerschaft erheben. Um Platz eins kämpfen wir also mit den Grünen und weniger mit der SPD.
Interview: Michael Czygan