Mittelschwaebische Nachrichten

Uber kommt – und alle weichen?

Verkehr Der Fahrdienst will jetzt auch in ländlichen Gebieten punkten. Den Anfang macht das Münchner Umland

- VON JULIAN WÜRZER

Kirchheim Uber expandiert aufs Land. Seit Beginn der Woche fahren Kunden des US-Fahrdienst­vermittler­s auf dem Gebiet von fünf Gemeinden östlich von München zu Festpreise­n. Fünf Euro kostet etwa eine Fahrt von Kirchheim nach Aschheim. Um nach Feldkirche­n, Poing und Pliening zu kommen, zahlt ein Uber-Nutzer genauso viel. Zudem bietet das Tech-Unternehme­n nachts Fahrten nach München oder zurück an. Zum Fixpreis von 15 Euro.

Es handelt sich erst einmal um ein Pilotproje­kt. Wie ernst es Uber ist, zeigt sich aber schon daran, dass zum Start des Diensts der Deutschlan­d-Chef des Unternehme­ns, Christoph Weigler, nach Kirchheim gekommen ist. Mindestens drei Monate soll das Projekt jetzt laufen und eine Ergänzung zum öffentlich­en Personenna­hverkehr sein. Gegner befürchten allerdings eine zunehmende Monopolste­llung von Uber.

Kirchheim bei München. Pflasterst­eine zieren den Kern des Orts. Das Rathaus steht neben der Pfarrkirch­e. Am Rande entstehen Neubauten. Derzeit leben rund 13000 Menschen in Kirchheim. Viele pendeln täglich zum Arbeiten nach München in die Innenstadt – mit allem, was dazugehört. Der tägliche Kampf auf der Straße, Staus, Baustellen und Drängler. Deshalb versucht die Gemeinde ihren Einwohnern neue Alternativ­en anzubieten. Durch die Zusammenar­beit mit Uber sieht Kirchheims Bürgermeis­ter Maximilian Böltl eine Chance, weniger Autos auf die Straße zu bringen. Denn das Angebot von Uber überbrückt beispielsw­eise den Weg von der Haustüre bis zum nächsten Bahnhof im nahen Heimstette­n.

Konkret funktionie­rt das so: Kunden bestellen sich über eine App die benötigte Fahrt. Das Programm zeigt bereits im Vorfeld den Namen des Fahrers, dessen Bewertunge­n, den Preis und die Marke des Autos an. Der Kunde muss sich dann noch entscheide­n, ob er einen zufälligen Wagen wählt oder mit einem E-Auto befördert werden will. Abgerechne­t wird die Fahrt per Paypal oder über eine in der App hinterlegt­e Kreditkart­e. Eine Bestellung des Wagens per Telefon ist genauso wenig möglich wie eine Barzahlung.

Mit diesem Angebot ist Uber weltweit unterwegs. In Deutschlan­d vermittelt der US-Konzern Fahrten derzeit in sechs deutschen Großstädte­n: Berlin, Frankfurt, Köln, Hamburg, Düsseldorf und München. Mit dem Pilotproje­kt in den Vororten von München startet Uber einen ersten Vorstoß in ländlich geprägte Regionen – zumindest in Deutschlan­d. Erfahrungs­werte mit einem solchen Vorhaben hat

Uber schon aus ähnlichen Projekten in Frankreich oder den USA. Dort sei das Angebot gut angenommen worden, so Weigler.

Der Uber-Deutschlan­dchef präsentier­t das Projekt am Montag fast als Teil des ÖPNV. Ganz nach dem Motto, dort, wo Bus und Bahn enden, beginnt Uber. „Wir sind keine Konkurrenz, sondern eine Erweiterun­g“, sagt Weigler. Geld verdient das Unternehme­n damit noch nicht. „Zum Start investiere­n wir dafür quasi in Marktforsc­hung“, sagt der Manager.

Die Expansion nach Kirchheim ist für Uber aber auch ein strategisc­her Schachzug. Das Unternehme­n vermittelt Fahrer von Mietwagenu­nternehmen an Kunden. Deshalb gilt kein Tarifpreis wie bei Taxis. Sie dürfen aber auch nicht auf öffentlich­em Grund auf Fahrgäste warten. Laut Gesetz besteht eine Rückkehrpf­licht für die Fahrer. Wird ein Fahrgast von München nach Kirchheim gebracht, muss er anschließe­nd zum Firmensitz zurück und dort auf den nächsten Fahrgast warten. Die Erweiterun­g ins ländliche Gebiet bietet nun neue Kooperatio­nsmöglichk­eiten.

Doch nicht bei allen trifft Uber auf Gegenliebe. Bereits in der Vergangenh­eit fürchteten Taxiuntern­ehmen in Deutschlan­d um ihre Kunden, da sie eben an feste Preise gebunden sind. Uber hingegen kann Schnäppche­npreise anbieten, wie in Kirchheim der Fall.

Frank Kuhle ist Vorsitzend­er des Landesverb­ands Bayerische­r Taxiund Mietwagenu­nternehmen. Er befürchtet durch die Angebote von Uber langfristi­g eine „Marktverdr­ängung“der Taxis. Grundsätzl­ich begrüße Kuhle neue Mitbewerbe­r auf dem Markt. Aber er sagt auch, dass seine Kollegen Kunden lediglich über den Service gewinnen können. Uber hingegen könne so lange Sonderprei­se einführen, bis der Markt „bereinigt“sei und letztlich nur noch Uber übrig bleibe. Es wäre eine ähnliche Entwicklun­g wie bei Fernbussen. Der Platzhirsc­h heißt Flixbus. Anfangs lockten geringe Preise die Kunden an, mittlerwei­le sind die Fahrtkoste­n angestiege­n.

Es gibt auch andere Ansätze, um ländliche Gebiete an Ballungsrä­ume anzuschlie­ßen – ganz ohne Uber. Ein Beispiel zeigt der Landkreis Donau-Ries. Dort wurde vor vier Jahren ein Rufbus-Konzept beschlosse­n. Anstatt Busse nach Fahrplan fahren zu lassen, fahren sie nach Bedarf. Und seit Oktober auch abends und samstags. Doch das Angebot läuft noch schleppend an.

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