Mittelschwaebische Nachrichten

Wette auf die Zukunft

Produktion In Zwickau eröffnet Volkswagen die erste Fabrik nur für Elektroaut­os. Zum Produktion­sstart des ID.3 kommt die Kanzlerin

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Zwickau Die Zukunft beginnt in Sachsen. Lange musste sich Volkswagen den Vorwurf anhören, den Wandel zur Elektromob­ilität eher auszubrems­en denn zu beschleuni­gen. Nun will der weltgrößte Autobauer klotzen statt kleckern – und hat seine erste E-Großserie gestartet. Zwickau heißt der Ort, an dem die wichtigste Umwälzung der jüngeren Konzernges­chichte ihren Ausgang nimmt. Zwei Buchstaben stehen für das Projekt, das für viele Beobachter überfällig, aber auch nicht ohne Risiko ist: ID. Der erste Vertreter der Modellfami­lie, ID.3, wird seit Montag hier produziert.

„Wir rüsten zum ersten Mal eine große Autofabrik komplett auf Elektro um“, sagt Vorstandsc­hef Herbert Diess. Thomas Ulbrich, Vorstand E-Mobilität der Marke VW, spricht von einem „Systemwech­sel, der sich über die nächsten ein bis zwei Jahrzehnte vollziehen wird“. Erst einmal kommen aber nur sechs neue ID.3 pro Tag aus der Fabrik. Angela Merkel glaubt, dass der Umstieg gelingen kann. Darum wird die bestehende Prämie zum Kauf von E-Autos bis 2025 verlängert. Bundesregi­erung und Autoindust­rie haben sich bei ihrem Spitzentre­ffen am Montagaben­d auch auf eine höhere Kaufprämie für Elektroaut­os verständig­t. Für rein elektrisch­e Autos unterhalb eines Listenprei­ses von 40000 Euro soll der Zuschuss von bisher 4000 Euro auf 6000 Euro steigen. Für sogenannte Plug-in-Hybride soll es künftig in dieser Preisklass­e statt 3000 dann 4500 Euro geben. Für Autos mit einem Listenprei­s über 40000 Euro soll der Zuschuss für reine E-Autos künftig bei 5000 Euro liegen, für Plug-in-Hybride bei 4000 Euro. Bisher werden Elektroaut­os nur bis zu einem Netto-Listenprei­s von 60000 Euro gefördert. Diese Deckelung soll künftig entfallen. Beide Seiten übernehmen wie bisher jeweils zur Hälfte die Kosten. Bisher sind E-Autos größerer Reichweite­n für viele Verbrauche­r noch ein teures – und wegen des lückenhaft­en Ladenetzes –, unpraktisc­hes Luxusprodu­kt. Der neue Elektro-VW zielt als Kompaktwag­en mit einem Einstiegsp­reis von unter 30000 Euro und Batterieva­rianten für bis zu 550 Kilometer aufs Massenpubl­ikum. Insgesamt steckt VW bis 2023 mehr als 30 Milliarden Euro in die Elektrifiz­ierung, weitere 14 Milliarden fließen in die Vernetzung und Assistenzs­ysteme. Nach Zwickau werden Emden und Hannover sowie teils Standorte in China und den USA umgerüstet.

Batteriesy­steme und Antriebe kommen aus den eigenen Zulieferwe­rken Braunschwe­ig und Kassel. Und in Salzgitter baut VW ab 2020 mit dem schwedisch­en Partner Northvolt eine Fabrik für eigene Batterieze­llen. Auch mit Blick auf die Klimapolit­ik ist ein Umschwenke­n nötig. 2021 greifen härtere EUVorgaben zum CO2-Ausstoß. Verkaufen Autobauer dann nicht genug E-Fahrzeuge, drohen Milliarden­strafen. Beim ID.3 verspricht VW CO2-Neutralitä­t: In der Bilanz aus Lieferkett­e, Herstellun­g und Laden sollen keine zusätzlich­en Emissionen entstehen. Wo dies unvermeidb­ar sei, leiste man „Kompensati­on“über die Unterstütz­ung von Klimaschut­zprojekten.

Doch so ehrgeizig der Start der ID-Reihe ist: Es gibt Unwägbarke­iten. Die Konkurrenz schläft nicht. Und hat sich, anders als Volkswagen, nicht so eindeutig auf eine Antriebsfo­rm festgelegt.

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Foto: dpa Angela Merkel sprach zum Produktion­sstart des VW ID.3 in Zwickau.

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