Mittelschwaebische Nachrichten
Raser-Unfall: Verletzter Bub sagt aus
Elfjähriger leidet noch heute unter den Folgen
Deggendorf Zwei Männer liefern sich auf einer kurvenreichen Strecke im Bayerischen Wald eine Verfolgungsfahrt zwischen Sportwagen und Motorrad. Der 28-jährige Fahrer eines Audi TT RS verliert die Kontrolle über seinen hochmotorisierten Wagen – er prallt frontal gegen einen entgegenkommenden Oldtimer-Opel. Dessen 38-jähriger Fahrer ist sofort tot. Sein Sohn erleidet allerschwerste Verletzungen.
Am Montag sagte der Bub vor dem Landgericht Deggendorf im Prozess gegen die beiden auf der Anklagebank sitzenden Fahrer von Sportwagen und Motorrad aus. Das sei ihm wichtig, berichtete zuvor die Mutter des Elfjährigen. Schweren Schrittes, leicht hinkend, aber aufrecht und selbstsicher erscheint Johannes im Verhandlungssaal. In seinem Gesicht sind Narben zu sehen. Er trägt eine Brille – seit dem Unfall kann er laut seiner Mutter auf dem linken Auge kaum noch sehen, das rechte Auge ist verschoben.
Mit einem deutlichen „Servus!“begrüßt Johannes den Richter, der den tapferen kleinen Kerl wohlwollend anlächelt. Dass der Schüler vor Gericht auftreten kann, ist alles andere als selbstverständlich. Notarzt und Klinikpersonal seien direkt nach dem Unfall nicht davon ausgegangen, dass Johannes überleben werde, hatte die Mutter des Buben zuvor geschildert. Gesicht und Kiefer gebrochen, Becken und Bein gebrochen, Hirn und Lunge verletzt, vier Zähne verloren, Schnittwunden, Koma. An ihrem Buben sei kaum noch etwas heil gewesen.
Sein Alltag ist seit dem Unfall bei Achslach im Juli 2018 von Rehamaßnahmen geprägt. „Physio, Ergo, Logo“, zählt Johannes auf. Die Therapien machten ihm aber Spaß, sagt er. Ansonsten hoffe er, dass sein Bein wieder „aufwacht“, sodass er keine Schiene mehr tragen müsse. An den Unfall habe er keine Erinnerungen. Es wirkt, als sei der Bub stolz, in dem Prozess auch einen Beitrag leisten zu können.
Zu seiner Linken sitzen die beiden 28 und 54 Jahre alten Angeklagten. Mit ernster Miene verfolgen sie den Auftritt des Elfjährigen und der Mutter. Zum Prozessauftakt vor drei Wochen hatten sie Verantwortung für das Geschehen übernommen und Reue gezeigt. Den Verteidigern zufolge zahlen sie der Witwe im Rahmen eines außergerichtlichen Täter-Opfer-Ausgleiches 31000 sowie 25000 Euro. Der 28-jährige Sportwagenfahrer ist Bundespolizist und nach Angaben seines Anwaltes vom Dienst suspendiert. Er war bei dem Unfall schwer verletzt worden. Plädoyers und Urteile sind für die kommende Woche geplant.