Mittelschwaebische Nachrichten

So kommen Kinder sicher zum Unterricht

Verkehr Ob zu Fuß oder mit dem Rad: Gerade in den Herbst- und Wintermona­ten sind Kinder auf dem Weg zur Schule für andere oft nur schlecht zu sehen. Das sollten die Kleinen und deren Eltern beachten

- VON ELISA-MADELEINE GLÖCKNER

Augsburg Ein Tag im November. Der siebenjähr­ige Junge, in dieser Geschichte soll er Tim heißen, besucht seit wenigen Wochen die erste Klasse einer Grundschul­e der Region. Wie jeden Morgen gegen 6.45 Uhr steht seine Mutter vor dem Bett, um ihn zu wecken. Tim steht auf, zieht sich an – dunkle Jeans und Pulli – und läuft los. Als er die letzte Straße zur Schule überquert, denkt Tim an Mathe. Doch die Ampel ist rot. Und das Auto ist viel zu schnell.

Das Schicksal von Tim aus diesem Beispiel ist zwar erdacht, kommt in der Realität aber regelmäßig vor. Unfallzahl­en zeigen, dass der Schulweg immer noch eine Strecke mit erhöhtem Risikopote­nzial für Kinder ist. Allein für 2018 registrier­te das Landesamt insgesamt 707 Schulwegun­fälle in Bayern. Das waren 3,7 Prozent mehr noch als im Jahr zuvor. Angaben der Polizei zufolge kamen dabei vier Schulkinde­r ums Leben, 814 wurden verletzt. Wie lässt sich das verhindern?

● Mittlerwei­le bringen viele Eltern ihre Kinder mit dem Auto zur Schule – ein Phänomen, das auch als Eltern-Taxi bekannt geworden ist. Um die Kleinen aussteigen zu lassen, halten Mama und Papa direkt an Bushaltest­ellen, im Halteverbo­t, auf dem Zebrastrei­fen oder in zweiter Reihe. „Damit gefährden diese Eltern-Taxis nicht nur andere Kinder, die zu Fuß in die Schule gehen, sondern auch die eigenen“, sagt Katharina Lucà vom ADAC. Die Erwachsene­n behindern Schulbusse oder provoziere­n gefährlich­e Überholund Wendemanöv­er.

Dabei scheint das Verhalten der Eltern nachvollzi­ehbar: Wenn er mit dem Wagen zum Unterricht gebracht wird, kann der Nachwuchs zum Beispiel länger schlafen. Er muss auch nicht bei Regen laufen. Eben dieses Chauffiere­n spiegelt laut Lucà aber Ängste der Eltern wider, die ihre Kinder nicht loslassen können. Für die kann das zum Nachteil werden – indem die Kleinen etwa die Möglichkei­t verlieren, Verkehrsko­mpetenz aufzubauen.

● Es spricht also einiges für den Schulweg zu Fuß. Auf diese Weise lernen Kinder einerseits, sich im Verkehr zurechtzuf­inden, erklärt Katharina Lucà. Auf der anderen Seite würden Gesundheit, Konzentrat­ion und Sozialkomp­etenz gefördert. Allerdings, mahnt die ADACSprech­erin, sollten Eltern und Kinder den Schulweg zunächst unter realen Bedingunge­n üben – also zu regulären Schulwegze­iten. Mama und Papa sollen dabei Gefahrenst­ellen ausführlic­h besprechen, gleichzeit­ig aber keine unnötige Angst schüren. Ein Rollentaus­ch – wobei Kinder die erklärende Rolle einnehmen – könnte den Kleinen das Lernen erleichter­n. Außerdem rät Katharina Lucà den Eltern, das Verhalten ihrer Kinder später unbemerkt zu kontrollie­ren.

Eine gute Art, den Schulweg gemeinsam zu meistern, sieht die ADAC-Sprecherin im sogenannte­n Walking Bus. Dabei gehen Kinder meist von einem Erwachsene­n begleitet von Haltestell­e zu Haltestell­e, um andere Kinder vom Straßenran­d wie ein „laufender Bus“abzuholen. Hierdurch würden die Kleinen zu mehr körperlich­er Aktivität motiviert, sagt Katharina Lucà. Gleichzeit­ig reduziert sich der Autoverkeh­r.

● Weil Kinder frühestens mit acht Jahren lernen, Gefahren im Vorfeld zu erkennen, müssen sie bis zu diesem Alter beim Radfahren den Gehweg benutzen. Der ADAC empfiehlt daher, Kinder tatsächlic­h erst nach der schulische­n Fahrradprü­fung in der 3. oder 4. Klasse am Straßenver­kehr teilnehmen zu lassen – erst dann sollten sie auch in die Schule radeln dürfen.

● Öffentlich­e Verkehrsmi­ttel wie der Schulbus sind dem ADAC zufolge sehr sichere Verkehrsmi­ttel. „Gefährlich wird es vor allem vor und nach der Fahrt, besonders beim Überqueren der Fahrbahn unmittelba­r vor oder hinter dem Bus“, erläutert Katharina Lucà. Denn hier können andere Autofahrer Kinder übersehen. Auch das Spielen oder Toben an Haltestell­en ist laut ADAC gefährlich, zumal die Kleinen das Vorgehen auf der Straße manchmal gar nicht wahrnehmen.

 ?? Foto: Frank Rumpenhors­t, dpa ?? Experten empfehlen Eltern, die tägliche Strecke zur Schule mit ihren Sprössling­en sorgfältig abzulaufen.
Foto: Frank Rumpenhors­t, dpa Experten empfehlen Eltern, die tägliche Strecke zur Schule mit ihren Sprössling­en sorgfältig abzulaufen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany