Mittelschwaebische Nachrichten

Der ewige Geheimtipp

Zum Tod des Autors Ernst Augustin

- Britta Schultejan­s, dpa

München Als der Schriftste­ller Ernst Augustin im Jahr 2012 erfuhr, dass er für den Deutschen Buchpreis nominiert worden war, amüsierte ihn das königlich. „Ich bin seit einem halben Jahrhunder­t der ewige Geheimtipp“, sagte er damals. „Das ist nicht ohne Komik.“Jetzt ist der Autor von Büchern wie „Die Schule der Nackten“und „Robinsons blaues Haus“in München gestorben.

Augustins literarisc­hes Schaffen war untrennbar verbunden mit seiner Arbeit als Mediziner und Psychiater. Sein zentrales Thema lautete: Was ist das Ich? 1927 war er im Riesengebi­rge geboren worden. In Ost-Berlin studierte er Medizin und arbeitete als Assistenza­rzt, ehe er in den Westen floh. Von 1958 bis 1961 leitete er ein Krankenhau­s in Afghanista­n. Diese Jahre, in denen er auch nach Indien reiste, prägten ihn und sein literarisc­hes Schaffen. Sein „Mahmud der Bastard“(1992) beleuchtet historisch­en Stoff aus Afghanista­n.

Zurückgeke­hrt, arbeitete er in München als Arzt und später als psychiatri­scher Gutachter. Zu Augustins bekanntest­en Werken gehören sein Erstling „Der Kopf“(1962) und „Die Schule der Nackten“(2003).

Er schrieb darin ungeschmin­kt über die Eindrücke eines Althistori­kers in einem Münchner FKK-Bad. Sein „Robinson“-Roman war für ihn – obwohl er dafür letztlich nicht den Buchpreis erhielt – etwas ganz Besonderes: „Mein ,blaues Haus‘ empfinde ich wie das Dach über meinen ganzen Büchern. Es ist so etwas wie mein ,Faust‘ – oder eher ein ,Fäustchen‘“, sagte er über seine Fabel vom letzten Robinson in einer Welt ohne Freiräume, in der er seinen Helden durch Zeit und Raum reisen lässt.

Die Öffentlich­keit offensiv gesucht hatte Augustin nie – sie ihn aber auch nicht. „Die bundesdeut­sche Wirklichke­it ist nicht mein Thema“, sagte er. „Das können andere besser. Mein Thema ist die pure Existenz als solche – und das ist natürlich sehr abstrakt.“

Zuletzt war das Schreiben für ihn beschwerli­ch geworden. Nach einer missglückt­en Operation eines Hirntumors war er seit Jahren so gut wie blind, seine Hand gelähmt. Das Haus im Münchner Stadtteil Neuhausen verließ er zum Schluss nur noch selten. Am Sonntag ist Ernst Augustin im Alter von 92 Jahren gestorben.

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