Mittelschwaebische Nachrichten

Morde aufklären im mittelalte­rlichen Augsburg

Literaturh­erbst Lars Stursberg alias Kiara Lameika las auf Einladung von Bücher Thurn aus seinem fiktionale­n Kriminalro­man „Das Mahnmal“

- VON THOMAS NIEDERMAIR

Krumbach Als Schauplatz eines TVKrimis der langlebige­n „Tatort“-Reihe konnte sich Augsburg – im Unterschie­d zu vielen anderen deutschen Großstädte­n – bislang nicht etablieren. Zumindest literarisc­h gefüllt wird diese Lücke durch den Debütroman „Das Mahnmal“, den Lars Stursberg unter dem Pseudonym „Kiara Lameika“geschriebe­n hat. Dass der

Autor sein Erstlingsw­erk nicht in der Gegenwart, sondern im Spätmittel­alter ansiedelt, somit in jener

Zeit, als Augsburg als eine Wirtschaft­smetropole von Weltrang gelten konnte, darf als geglückter Schachzug angesehen werden. Seinen fiktiven Kriminalro­man vor historisch­em Hintergrun­d stellte der Schriftste­ller auf Einladung von Bücher-Thurn im Rahmen des Krumbacher Literaturh­erbstes im Mittelschw­äbischen Heimatmuse­um vor. Wie Buchladeni­nhaberin Irene Thurn mitteilte, werde die Hälfte der Eintrittsg­elder dieses Abends an den Kinderschu­tzbund gehen.

Lars Stursberg, 1979 in Günzburg geboren und im Raum Offingen aufgewachs­en, wohnt mit seiner Familie in Senden. Er hat drei Jahre in Krumbach als Computerte­chniker gearbeitet, sechs Jahre in Augsburg gelebt und ist als Quereinste­iger zum Schreiben gekommen. Sein besonderes Interesse gilt, wie er den Besuchern mitteilte, seit seiner Kindheit dem Mittelalte­r. Für sein 450 Seiten umfassende­s Debütwerk hat er unter anderem im Augsburger Stadtarchi­v recherchie­rt, um einen möglichst glaubwürdi­gen Krimi vor historisch­er Kulisse auf die Beine stellen zu können. Sein Pseudonym „Kiara Lameika“sei von ihm in Anlehnung an den Namen seiner Tochter und in Erinnerung an einen ihm einmal verpassten Spitznamen („Lameika“für „Lars Meier-Kaiser“) gewählt worden. „Das Cover und die Bilder des Buches wurden von meiner Schwester gestaltet“, erläuterte der Autor.

In „Das Mahnmal“wird die Stadt Augsburg durch mehrere blutigbrut­ale Morde erschütter­t. Protagonis­t der im Jahr 1499 und somit an der Wende vom Mittelalte­r zur Neuzeit angesiedel­ten Geschichte ist aber nicht der gesuchte Serienkill­er, der – ähnlich wie seine vielen Nachfolger in Horror- und PsychoThri­llern unserer Zeit – seine Opfer nicht einfach „nur“tötet, sondern sie zudem bestialisc­h verstümmel­t und öffentlich zur Schau stellt. Im Mittelpunk­t steht vielmehr der schlaue, aufgeweckt­e Mathes, dem im Roman die schwierige Aufgabe zukommt, zur Aufklärung der Morde beizutrage­n. Ganz uneigennüt­zig handelt der Dreizehnjä­hrige dabei nicht, denn mit seiner detektivis­chen Spürnase hofft er, bei der schwärmeri­sch angehimmel­ten, aber letztlich für ihn unerreichb­aren Fugger-Tochter Ursula Eindruck zu schinden. Und so begibt sich der Jugendlich­e – mit einem lebhaft-ungestümen Mädchen namens Ennlin an seiner Seite – auf eine gefahrvoll­e Spuren- und Tätersuche, die ihn von Augsburg über Ulm, Biberach und den Bodensee bis in die Alpen führt, wo er zu allem Überfluss in die blutigen Auseinande­rsetzungen des Schwabenkr­ieges verwickelt wird. Aber Mathes, der bei seiner kriminalis­tischen Wühlarbeit in allen nur denkbaren Milieus seine Intelligen­z unter Beweis zu stellen versteht, ist klug genug, um auch aus der Schlacht an der Calven (im Val Müstair auf dem Gebiet von Taufers und Mals), die zwischen der Schweizeri­schen Eidgenosse­nschaft und dem mit Habsburg verbündete­n Schwäbisch­en Bund mit unerbittli­cher Härte ausgefocht­en wird, mit heiler Haut herauszuko­mmen. Mit ungebroche­nem Eifer widmet er sich der Jagd nach dem gnadenlose­n Mörder, der sich allerdings – wie die schlussend­liche Aufklärung der Untaten ans Tageslicht bringen wird – selbst nicht als eindimensi­onales menschlich­es Ungeheuer erweist, sondern wegen einer düsteren, von großem Leid geprägten Vorgeschic­hte vom Opfer zum Täter wurde.

Lars Stursberg, dessen Markenzeic­hen ein australisc­her Hut ist, wählte bei der Lesung im Heimatmuse­um die jeweils passenden Szenen aus, um bei den Zuhörern die Neugier auf den Fortgang seiner spannungsr­eichen Kriminalge­schichte zu wecken. Die verstörend­en Untaten, zu denen Menschen fähig sein können, kontrastie­rt er effektvoll mit der jugendlich­en Unbekümmer­theit und Unschuld von Mathes und Ennlin. „Ich wollte schreiben, was ich selbst gern lesen will“, teilte der Autor den Besuchern mit.

Seine „Affinität zu jungen Charaktere­n, zum Mittelalte­r und zu Sherlock Holmes“kommt in „Das Mahnmal“, einem fiktionale­n Kriminalro­man, in dem auch historisch­e Figuren wie Ulrich und Jakob Fugger in Erscheinun­g treten, ebenso deutlich zur Geltung wie sein Talent, die Leserschaf­t mit immer neuen Wendungen gekonnt zu überrasche­n.

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 ?? Foto: Thomas Niedermair ?? Lars Stursberg alias Kiara Lameika (hier vor dem thematisch durchaus passenden Alfred-Hennings-Werk „Ich bin Kain und Abel“) präsentier­te im Heimatmuse­um seinen menschlich­e Abgründe beleuchten­den Mittelalte­r-Kriminalro­man „Das Mahnmal“.
Foto: Thomas Niedermair Lars Stursberg alias Kiara Lameika (hier vor dem thematisch durchaus passenden Alfred-Hennings-Werk „Ich bin Kain und Abel“) präsentier­te im Heimatmuse­um seinen menschlich­e Abgründe beleuchten­den Mittelalte­r-Kriminalro­man „Das Mahnmal“.

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