Mittelschwaebische Nachrichten
Zufrieden?
Interview Der bekannteste Bergsteiger der Welt, Reinhold Messner, spricht über die inneren Werte, Sinnhaftigkeit und Glück, was es nicht zu kaufen gibt. Am 22. November kommt er mit einer neuen bildgewaltigen Show nach Gersthofen
Gersthofen In die vierte Dimension geht Extrembergsteiger Reinhold Messner, wenn er am 22. November in der Stadthalle Gersthofen mit seiner neuesten Liveshow die großen Berge dieser Welt vorstellt. Vielleicht spricht der Bergsteiger auch über die Zufriedenheit im Menschen. Die war auch Thema eines besonderen Interviews, das unser Redakteur Maximilian Czysz mit ihm geführt hat.
Stimmt es, dass Berge zufrieden machen?
Reinhold Messner: Grob gesagt stimmt das. Hauptsache, der Berg macht müde. Denn müde Menschen sind immer zufriedener.
In Gersthofen gibt’s nur den 80 Meter hohen Müllberg.
Messner: Auch ein Müllberg kann interessant sein. Vielleicht entsteht da eines Tages ein Müllberg-Tourismus.
Gibt es einen Berg, der sie besonders zufrieden gemacht hat?
Messner: Es waren Tausende von Bergen. Die größte Befriedigung für mich war immer, wenn es mir gelungen ist, eine Idee für eine Route im konkreten Versuch zu klettern – sei es körperlich, weil ich alles hineingesetzt hatte, wie auch geistig, weil ich eine Art Kunstwerk mit dieser Linie im Berg hinterlassen habe.
Was ist für Sie Zufriedenheit? Ist das die Summe der Ziele, die man sich gesetzt und dann erreicht hat wie bei einer Besteigung?
Messner: Zufriedenheit hat bei mir in erster Linie mit Ideen zu tun, die ich umsetze. Und genau während des Umsetzens bin ich glücklich. Und dass, ohne mich zu fragen, ob ich eigentlich glücklich bin. Ich frage nicht mehr, weil ich im Tun die Antwort bin. Das ist ein gelingendes Leben, das mir Glück und Zufriedenheit schenkt. Nicht das Haben, Kaufen oder Konsumieren ist es, sondern das Schaffen. Auch, wenn ich nur auf einen Berg hinaufgegangen bin, dann habe ich etwas geschafft. Ich hatte es mir vorgenommen, auch, wenn es vielleicht völlig unnütz ist, aber ich hab’s geschafft und das gab mir Zufriedenheit. Messner: Ich bin gerade von der Frankfurter Buchmesse zurück und sage Ihnen: Ich habe so viele Bücher gesehen, in denen es darum geht, wie man glücklich wird, dass ich jetzt verstehe, wie man unzufrieden wird. Die Vorstellung, dass man das Glück kaufen kann, ist völlig falsch. Messner: Wir sind eine verwöhnte Konsumgesellschaft, die es in den letzten Jahren so gut hatte wie noch nie. Wir merken Jahr für Jahr, dass wir unser Habitat ziemlich schädigen. Aber wir glauben nicht, dass es so ist. Ich habe das Gefühl, dass es viel Unsicherheit auf der Welt gibt. Zumindest in der westlichen Welt. In Nepal nicht, denn dort haben die Menschen noch andere Sorgen. Im Himalaya haben die Menschen eine große Schicksalsergebenheit, in Afrika ist das zum großen Teil ähnlich, vor allem in den ausgegrenzten Gebieten. Was kann uns besinnen?
Messner: Sinnhaftigkeit muss ich selber schaffen. Wir selbst geben Sinn. Man muss etwas durchschauen können, um Sinn zu geben. Das fällt ja nicht vom Himmel.
Ich selber habe mich vor rund 40 Jahren auf eine Selbstversorgergemeinschaft eingelassen. Ich habe einen Pächter, könnte aber jeden Augenblick sagen: Jetzt wird gehortet. Damit könnten wir in einer Krisenzeit, die vielleicht zehn Jahre dauert, überleben. Das wäre dann ein Selbstversorgerdasein wie im Mittelalter.
„Wir selbst geben Sinn.“
Das ist freilich idealistisch gedacht. Aber wegen einer Klimakatastrophe könnte es zu einer Auseinandersetzung kriegerischer Natur kommen.
Sehen Sie die Gefahr?
Messner: Die einen hetzen brutal, die anderen wie Greta Thunberg hetzen auch und gehen in ein Extrem. Sagen wir so: Es ist nicht ungefährlich.
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Tickets Karten für die Liveshow am Freitag, 22. November, um 19.30 Uhr in der Gersthofer Stadthalle, die von der Augsburger Erdanziehung präsentiert wird, gibt es unter anderem in der Vorverkaufsstelle im Gersthofer Ballonmuseum.