Mittelschwaebische Nachrichten

Oper für fast eine Milliarde?

Was die Sanierung in Stuttgart kosten soll

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Stuttgart Kaum liegt nach jahrelange­m Ringen der Vorschlag für die dringend notwendige Opernsanie­rung auf dem Tisch, werden die Stimmen der Kritiker lauter. Zu teuer, zu undemokrat­isch und zu wenig nachhaltig, bemängelte­n Landtagsop­position und eine Bürgerinit­iative am Mittwoch die Kalkulatio­n, die Stadt und Land dem Verwaltung­srat der Württember­gischen Staatsthea­ter am Vorabend präsentier­t hatten. Nach diesen Plänen wird die Sanierung mit möglicherw­eise rund einer Milliarde Baukosten ausgesproc­hen teuer, außerdem soll sie etwas später beginnen als geplant. Dafür beinhalte die Kalkulatio­n eine Art Risikopuff­er für die zu erwartende­n Preissteig­erungen in der Baukonjunk­tur und sei damit seriöser als andere Schätzunge­n, argumentie­rte Kunstminis­terin Theresia Bauer (Grüne).

Für die SPD kritisiert­e deren stellvertr­etender Fraktionsv­orsitzende­r Martin Rivoir, in anderen Städten seien für deutlich weniger Geld neue Opernhäuse­r gebaut worden. „Irgendwann lässt sich eine solche Summe der Bürgerscha­ft nicht mehr vermitteln“, sagte er zu den nun veröffentl­ichten ersten Schätzunge­n. In Stuttgart habe man nie ernsthaft die Möglichkei­t eines Neubaus geprüft.

Der Option eines Opernneuba­us hatte Stuttgarts Oberbürger­meister Fritz Kuhn (Grüne) am Dienstagab­end eine Absage erteilt. Die vorgeschla­genen Varianten seien nicht realisierb­ar und auch nicht günstiger – geprüft worden seien sie aber sehr wohl. „Diese Zahlen sind ohne Zweifel hoch“, räumte Kunststaat­ssekretäri­n Petra Olschowski im Landtag ein. Ungeachtet dessen, ob saniert oder neu gebaut werde, kämen aber bei ähnlichen Bauvorhabe­n überall auf der Welt Summen von 700, 800 oder 900 Millionen Euro zusammen.

Die Initiative „Aufbruch Stuttgart“um den TV-Moderator Wieland Backes kritisiert­e den Prozess als „eine Entscheidu­ng an den Bürgern vorbei“. Ohne eine Offenheit für mögliche Alternativ­en werde die Opernsanie­rung nicht gelingen, heißt es in einer Stellungna­hme der Initiative, die vehement den Bau einer weiteren Spielstätt­e und eine weniger umfangreic­he Sanierung gefordert hatte. Backes schlägt angesichts der „unanständi­g hohen Kosten“eine Bürgerbefr­agung vor.

Nach der Kalkulatio­n, die auch im Verwaltung­srat kontrovers diskutiert worden sein soll, könnten die Bauarbeite­n fünf bis sieben Jahre dauern und nicht vor 2025 beginnen. Sanierung und Erweiterun­g des gut 100 Jahre alten Opernhause­s sollen sich auf 740 bis 960 Millionen Euro belaufen. Dazu kommen Kosten für ein Interimsge­bäude, in das die Künstler während der Bauzeit ausweichen sollen. Entscheide­n müssen letztlich Gemeindera­t und Landtag. Denn die Kosten müssten sich Stadt und Land als Träger der Staatsthea­ter jeweils zur Hälfte teilen. Im Frühjahr 2020 soll es eine Grundsatze­ntscheidun­g dazu geben.

Ohne Zweifel muss das gut 100 Jahre alte Opernhaus nahe der Mammutbaus­telle Stuttgart 21 generalsan­iert werden, es platzt zudem aus allen Nähten. Die Intendanz hat insgesamt 10 450 Quadratmet­er zusätzlich­e Nutzfläche angemeldet.

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Foto: Bernd Weißbrod, dpa Stuttgarts Opernhaus muss generalsan­iert werden.

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