Mittelschwaebische Nachrichten
Heiße Schokolade zum Verlieben
Genuss Für viele ist eine Tasse heiße Schokoladenmilch ein Stückchen vom Glück in der kalten Jahreszeit. Das Kultgetränk hat eine lange Geschichte, die von den Azteken über Adelshäuser bis zur trendigen Marshmallow-Krönung führt
Die Welt der heißen Schokolade ist überaus vielfältig. Jedes Land hat da so seine Vorlieben, die sich regional sogar oft noch voneinander unterscheiden. Und welcher Koch hat nicht auch noch sein ganz eigenes Geheimrezept? Nicht zuletzt sind es die Zutaten und deren Qualität, die den Unterschied machen. Die Mutter aller heißen Schokoladen ist der Kakao der Mayas und Azteken. Bevor die ersten Kakaobohnen in der beginnenden Neuzeit nach Europa kamen, gab es in Amerika schon eine sehr lange Tradition des Kakaotrinkens.
Die Mayas und Azteken bereiteten ihren Kakao bekanntlich mit Wasser zu und nicht etwa mit Milch oder sogar Sahne, wie wir das heute kennen. der Name des Getränks „Xocoatl“bedeutet soviel wie „bitteres Wasser“und ist der Ursprung des Wortes Schokolade. Ganz wichtig war bei den Azteken aber das Aufschäumen der Flüssigkeit. Dazu wurde sie von einem Gefäß in ein anderes mehrfach aus größerer Höhe umgeschüttet. Geschmacklich unterschied sich das Ergebnis stark von dem, was wir heute als Kakao kennen. Das lag natürlich nicht zuletzt an Zutaten wie Chili oder Ohrenblume.
Einige der alten Rezepte brachten die Spanier im 16. Jahrhundert mit nach Europa. Doch den Europäern schmeckten diese kakaohaltigen Getränke zuerst überhaupt nicht. Erst als reichlich Honig und später auch Zucker hinzugefügt und einige der exotischsten Gewürze weggelassen oder durch heimische ersetzt wurden, begann der Kakao auch in Europa seinen Siegeszug. Der anfangs sehr kostbare gesüßte Wasser-Kakao galt als Lieblingsgetränk des französischen Sonnenkönigs Ludwigs XIV und begann damit einen Siegeszug durch viele Adelshäuser.
Die frühen europäischen Rezepte waren aber noch an die der Mayas und Azteken angelehnt, wenn auch stark gesüßt. Eines der ältesten spanischen Rezepte ist von Antonio Colmenero de Ledesma überliefert. Er nahm 100 Kakaobohnen, zwei Chilischoten oder ersatzweise: Schwarzer Pfeffer, eine Handvoll Ohrenblumengewürz, etwas gemahlenen Amalgopfeffer, eine Vanilleschote, 60 Gramm Zimt, je zwölf Mandeln und Haselnüsse sowie 450 Gramm Rohrzucker. Alle Zutaten werden zermahlen und vermengt für einen Vorrat an Kakaopulver. Davon wird ein großer Löffel in einen in einen Becher heißes Wasser gegeben und solange gerührt, bis sich alles aufgelöst hat und schäumt.
Der heutige von Kindern geliebte europäische Milchkakao hat seinen Ursprung in den Niederlanden: Der Holländer Coenraad J. van Houten gilt als Erfinder des Kakaopulvers. 1828 ließ er sich ein Verfahren zur Entölung von Kakaobohnen patentieren. Zudem verbesserte er die Löslichkeit des Pulvers durch Hinzugabe von Soda. Kein Wunder also, dass die Niederländer ihren Kakao bis heute am liebsten aus echtem Kakaopulver zubereitet trinken.
Da der Kakao für das Pulver von der wertvollen Kakaobutter entfettet wurde, kam nun die Milch statt Wasser ins Spiel, was angesichts des Stellenwertes der Milchwirtschaft in den Niederlanden kein Wunder war. Auch heute darf bei der niederländische „Chocolademelk“obendrauf ein Sahnehäubchen nicht fehlen. Der Vorteil der neuen Zubereitungsart lag auf der Hand: Die Süße und auch der Anteil des herberen Kakaopulvers lässt sich ganz individuell fein dosieren.
Natürlich kennt man in den Niederlanden auch die Variation mit geschmolzener Schokolade, die sich Drinkchocolade nennt. Wird dafür herbe Bitterschokolade verwendet, darf auch ruhig ein wenig nachgesüßt werden. Bei Milchschokolade erübrigt sich das in der Regel.
Auch in Österreich darf ein Sahnehäubchen, also Schlagobers, bei der der heißen „Wiener Schokolade“nicht fehlen. Das Besondere ist hier das legierte Eigelb, das traditionell dafür sorgt, dass die heiße Schokolade deutlich cremiger in Geschmack und Konsistenz wird. Zubereitet wird das Getränk, indem auch wirklich Schokoladenstücke in Milch aufgelöst werden und nicht Kakaopulver. Das Eigelb wird ganz zum Schluss hinzugefügt. Den Topf zuvor von der Feuerstelle nehmen und etwas abkühlen lassen. Dann das verquirlte Eigelb mit zwei oder drei Esslöffeln der Schokoladenmilch vermengen, dann dem Rest zugeben und während des erneuten Erhitzens mit dem Schneebesen cremig rühren. Wer will, kann die heiße Schokolade vor dem Trinken noch einmal durch ein Sieb gießen.
Traditionellerweise lässt sich warmer Kakao von heißer Schokolade dadurch unterscheiden, dass Kakao immer aus Kakaopulver entsteht und die heiße Schokolade streng genommen aus Schokoladenstücken hergestellt werden. Heute verschwimmen die Begriffe aber immer häufiger und werden oft sogar synonym verwendet.
In Großbritannien wird gerne Milchschokolade in Milch aufgelöst und mit einem Schuss Sahne verfeinert. Aber auch die Variante, die mit Kakaopulver zubereitet wird, hat hier ihre Fans. In den USA mag man es gerne süß und kalorienhaltig, sodass die Amerikaner gerne kleine Marshmallows oder eine Marshmallowcreme in den heißen Kakao geben. Die Marshmallows lösen sich
Der Kaba war 1929 ein Erwachsenengetränk
langsam schmelzend auf und machen den Kakao nicht nur sämiger sondern auch noch zusätzlich süßer.
In Deutschland wurde Kaba zum Synonym für Kakaopulver: Die Mischung aus Zucker, Kakaopulver und Gewürzen wurde vom Bremer Kaufmann Ludwig Roselius als „Plantagentrank“für Erwachsene entwickelt und kam 1929 auf den Markt. Roselius gründete die Firma Kaffee Hag, nachdem er sich hatte sich 1906 seine Herstellung von koffeinfreiem Kaffee patentieren ließ.
Den Durchbruch erlebte Kakao als Instantpulver in den Vereinigten Staaten, als Nestlé-USA 1948 eine einfach lösliche Kakao-Zucker-Vanille-ZimtMischung unter dem Namen „Quick“auf den Mark brachte. Seit den Fünfzigern erfreut sich das Instantpulver großer Beliebtheit, da es sich rasch auflöst und das Getränk somit schnell zubereiten lässt. Seitdem gelten Kakao und Kaba vor allem als Kindergetränk.
Als eine deutsche Erfindung für die Erwachsenen gilt die „Russische Schokolade“. Sie besteht aus Kakao oder heißer Schokolade meist mit einem Schuss Rum oder Cognac. Der Name kommt vermutlich daher, dass man anfangs dem Getränk mit einem unauffällig schmeckenden Schuss Wodka ein paar alkoholische Umdrehungen hinzufügte.