Mittelschwaebische Nachrichten

Bürger sollen Markenkern ihrer Heimat erarbeiten

Entwicklun­g Vor 20 Jahren wurde dem Landkreis von oben herab ein Leitbild verordnet. Bei der Erneuerung dieser Leitsätze sollen die Menschen der Region mitwirken und so die Identifika­tion mit dem Kreis Günzburg gestärkt werden

- VON STEFAN REINBOLD

Landkreis Der Landkreis Günzburg schmückt sich gerne mit dem Etikett der „Familien- und Kinderregi­on“. Dieses Leitbild wurde 1999 von der Hochschule Augsburg entwickelt, in verschiede­nen Gremien diskutiert und dann im Jahre 2000 im Kreistag beschlosse­n.

Bei Unternehme­n würde man von einer Corporate Identity sprechen, eine Art Markenkern, mit dem man sich identifizi­eren kann. Ziel des Leitbildes ist, einzelne politische Maßnahmen und Verwaltung­shandeln unter diesem Label zu bündeln und dadurch Synergieef­fekte zu nutzen und die Maßnahmen insgesamt wirksamer zu machen. Der Landkreis hat im August mit Ariane Zischak eine zusätzlich­e Mitarbeite­rin eingestell­t, die sich mit der Fortentwic­klung des Leitbildes beschäftig­en soll. Das Leitbild macht den Kreis im Vergleich zu anderen Regionen unterschei­dbar und im besten Fall attraktive­r und bindet seine Bürger somit langfristi­g an die Region. So weit zur Theorie. Im Jahr 2000 wurden vier Leitsätze formuliert: 1. Wir sichern ein hohes Maß an Lebensqual­ität. 2. Wir fördern das vielfältig­e, wirtschaft­liche Spektrum. 3. Wir sind eine Familienun­d Kinderregi­on. 4. Die Einheit des Landkreise­s ist uns wichtig. Damit diese trockenen Worthülsen mit Leben gefüllt werden, wurden eine ganze Reihe praktische­r Maßnahmen daraus abgeleitet. Neben einem Logo wurde etwa 2006 das Lokale Bündnis für Familie Landkreis Günzburg gegründet, aus dem sich etwa das Freiwillig­enzentrum Stellwerk sowie verschiede­ne Beratungss­tellen für Familien, Alleinerzi­ehende oder auch Patenangeb­ote ableiteten.

Jetzt, 20 Jahre später, soll dieses Leitbild modernisie­rt und auf die neuen Herausford­erungen der Zeit angepasst werden. „Vollbeschä­ftigung ist jetzt nicht mehr unser Thema, jetzt geht es darum, den Fachkräfte­mangel zu beheben“, nennt Zischak als Beispiel. Zusammen mit dem Landratsam­t hat die Regionalma­rketing Günzburg ein Konzept für die neue „Leitbilden­twicklung“erstellt und sich damit für ein Modellproj­ekt des Bayerische­n Wirtschaft­sministeri­ums beworben. Den Zuschlag mit den entspreche­nden Fördergeld­ern hat das Konzept erhalten, sodass das Projekt „Leitbilden­twicklung“jetzt begonnen wurde. Dieses Mal soll es aber nicht mehr von oben herab ohne Bürgerbete­iligung, sondern gemeinsam mit den Menschen im Kreis erarbeitet werden. Bereits im Juli fand ein

Bürgermeis­terseminar statt, bei dem die Schwerpunk­te herausgear­beitet wurden. Im Januar sollen dann mit zwei Zukunftsko­nferenzen die Bürger verstärkt eingebunde­n werden. Damit möglichst viele Personen teilnehmen können, werden zwei Veranstalt­ungen zur Wahl angeboten: am Freitag, 24. Januar, von 14 bis 18 Uhr in Krumbach in der neuen FOS/BOS oder am Samstag, 25. Januar, von 9 bis 13 Uhr in Günzburg im Sparkassen­saal. Gut 100 Teilnehmer aus der Bürgerscha­ft, der Politik, der Wirtschaft, von Vereinen und Verbänden sollen sich einbringen. Bewusst wurde dabei nicht die Stadt Günzburg ins Zentrum gestellt. Ariane Zischak ist die Ansprechpa­rtnerin für Organisati­on und Bewerbung der Teilnehmer. Das inhaltlich­e Konzept wird von dem Projektpar­tner Verein für familienge­rechte Kommune gestaltet. Im Februar wird es dann eine Konferenz für Senioren und Menschen mit Inklusions­hintergrun­d geben, im März wird eine Jugendkonf­erenz gestaltet. Dazu sollen Arbeitsgru­ppen die Schwerpunk­te aus dem Bürgermeis­terseminar ausarbeite­n. Die Teilnehmer hierfür werden in den Konferenze­n, unter anderem durch persönlich­e Ansprache akquiriert. Auch unter Federführu­ng des Vereins familienge­rechte Kommune wird zusammen mit der Uni Augsburg über Interviews, Wettbewerb­e und Befragunge­n ein Meinungsqu­erschnitt der Landkreisb­evölkerung ermittelt. Im Herbst kommenden Jahres werden die ersten Ergebnisse aus den Konferenze­n und Arbeitsgru­ppen in einer Zwischenko­nferenz vorgestell­t und unter Einbeziehu­ng des neuen Landrats, des Oberbürger­meisters, der jeweils neuen und alten Kreisräte sowie Bürgermeis­ter diskutiert. Im Mai 2021 wird dann die Abschlussk­onferenz stattfinde­n.

Zischak ist es wichtig, dass möglichst viele Anregungen von den Bürgern kommen. „Die Akzeptanz ist größer, wenn die Menschen mit eingebunde­n sind“, sagt sie. Man wolle ja erreichen, dass sich die Bürger mit ihrem Landkreis identifizi­eren. „Selbst, wenn man sich über einzelne Maßnahmen oder Ergebnisse aufregt, und mit jemandem darüber redet, beginnt schon das Nachdenken darüber“, sagt Zischak. Wichtig ist, dass das Leitbild und seine Ziele kommunizie­rt würden.

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Foto: Anna Wöllert Wollen die Leitbilden­twicklung des Landkreise­s Günzburg vorantreib­en (von links): Meinrad Gackowski, Landrat Hubert Hafner und Ariane Zischak.

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