Mittelschwaebische Nachrichten
Filmreif: Das Meisingerhaus im Wandel
Projekt Friedhelm Riemann hat die aufwendige Sanierung des künftigen „Hauses zur Geschichte“in Babenhausen mit der Kamera begleitet. Er dokumentierte eine bemerkenswerte Arbeit
Babenhausen Das Meisingerhaus, das seit 450 Jahren in Babenhausen steht und zu den ältesten Handwerkergebäuden Schwabens zählt, soll zu einem „Haus zur Geschichte“werden. Zuletzt stockte dessen Sanierung allerdings, vor allem im Innern. Das hat finanzielle Gründe. Während eines Filmabends, den der Historische Verein Babenhausen veranstaltete, wartete Johann Kreuzpointner mit einem Lösungsvorschlag auf: „Wenn von den rund 5000 Einwohner Babenhausens nur 1000 jeweils 100 Euro spendieren, könnte man die Sanierung zügig zum Abschluss bringen.“Ob sein Appell fruchtet, bleibt abzuwarten.
Nachdem unsere Zeitung den Heimatforscher Dieter Spindler mit der Silberdistel ausgezeichnet hatte (wir berichteten), wurden zwei Filme vorgeführt. Produziert hatte diese der Filmemacher Friedhelm Riemann, der seit rund 14 Jahren im Fuggermarkt beheimatet ist und der sich selbst als vom „Virus der bewegten Bilder infiziert“bezeichnet. Der erste Beitrag ist den Aktivitäten des Historischen Vereins gewidmet. Es geht darin um die Ausstellungen und Publikationen, aber auch um die historischen Spaziergänge und Gruselkellerführungen, mit welchen der Verein unter Leitung von Barbara Kreuzpointner die Geschichte des Fuggermarkts lebendig hält.
Das größte Projekt des Vereins ist aber zweifelsohne die Sanierung des Meisingerhauses. Und so lassen Barbara Kreuzpointner und Dieter Spindler im ersten Film auch dessen 450-jährige Geschichte Revue passieren. Demnach hatten im Laufe der Jahrhunderte unterschiedliche Handwerker dort Einzug gehalten, wobei die Bewohner stets in Kontakt mit dem Fürstlichen Haus standen. Im Film verdeutlicht dies Markus Graf Fugger anhand eines Gemäldes aus dem Fuggermuseum.
Außerdem wird Franz Meisinger, der seine Kindheit und Jugend in dem Gebäude verbracht hatte, mit der Kamera bei einem Rundgang durch das Haus begleitet. Er erzählt interessante wie humorvolle Anekdoten, zum Beispiel dass eine Nachbarin genau beobachtet habe, wie lange das Klohäuschen aufgesucht worden sei. Ihr Ratschlag: „Esst mehr Äpfel, dann geht es schneller!“
Riemanns zweiter Film thematisiert die aufwendige Sanierung des Bauwerks. Restaurator Heinz Haberland erzählt, dass sich mit den Maßnahmen „ein Kreis schließt“; das Gebäude werde einem sinnvollen Zweck zugeführt. Dem stimmt der junge Restaurator Julian Stiller zu, der sich ehrenamtlich engagierte. Deutlich wird in der Dokumentation auch, dass die Sanierung für das Architekturbüro und die beauftragten Handwerker eine Herausforderung darstellte – und darstellt. Denn einige Überraschungen hatten auf den Bauherrn, den Historischen Verein, gewartet.
Manches war im wahrsten Sinne des Wortes auf Sand gebaut worden, was eine betonierte Stützwand im Erdreich erforderlich machte. So kam es auch, dass die Kosten insgesamt deutlich stiegen.
Dass die Sanierung bis jetzt geschultert werden konnte, lag nicht zuletzt an den erbrachten Eigenleistungen Freiwilliger, allen voran von Johann Kreuzpointner. Er investierte praktisch ebenso viele Arbeitsstunden, wie das Gebäude Jahre auf dem Buckel hat, nämlich 450. Man sieht ihn im Film Wände einschlagen und Kübel schleppen. Eine Anekdote: Im Film ist Kreuzpointner stets mit demselben Arbeitshemd zu sehen. Allerdings betont er in einer Szene, dass „er durchaus mehrere Hemden besitze“– und dass diese auch nicht durchgeschwitzt seien.
Riemanns Film dokumentiert alle bisherigen Bauabschnitte der Sanierung – von den Abbrucharbeiten im Inneren über das Aufziehen der Lehmwände und den Austausch tragender Holzelemente bis hin zum Einbau passender Fenster und Türen. Beeindruckend ist etwa, dass allein 5640 Biberschwanzdachplatten befördert werden mussten – und der Platz für einen Kran fehlte. Auch, dass das Gebäude über einen längeren Zeitraum hinweg in Folie eingehüllt gewesen war und an den „Verpackungskünstler“Christo erinnert hatte, sieht der Zuschauer. Wie es nun weitergeht? Das ist laut Johann Kreuzpointner eine Kostenfrage, wobei er auf die Spendenbereitschaft der Bevölkerung setzt.
Barbara und Johann Kreuzpointners Vision: Im „Haus zur Geschichte“soll in Zukunft eine Art „Kommunikationszentrum über Menschen, Ereignisse und Bauten entstehen“.
Bürger sollen nicht nur selbst Historisches einbringen können, sondern auch Auskünfte erhalten und auf eine umfangreiche Datensammlung zugreifen können. Laut der Vorsitzenden sollen die Exponate personifiziert sein. Bezugslose Dreschflegel hingegen solle das „Haus zur Geschichte“nicht beherbergen.
Filmemacher Friedhelm Riemann bezeichnete die Dokumentation als seinen Beitrag zum Erhalt des Meisingerhauses, habe er diese doch kostenlos für den Historischen Verein erstellt. Wer eine Kopie erwerben möchte (allerdings nur für den privaten Gebrauch), kann sich per Email an riemannfilm@gmx.de wenden.