Mittelschwaebische Nachrichten
Der Schock am Morgen
In einer stillgelegten Kali-Grube in Sachsen-Anhalt kommt es zu einer Verpuffung. Zwei Bergleute werden verletzt. Warum in dem Bergwerk noch gearbeitet wird
Teutschenthal Um 8.57 Uhr geht am Freitag in der Grube Teutschenthal im Süden Sachsen-Anhalts ein Alarm los. Unter Tage gibt es eine Verpuffung. Zwei Bergleute, ein 24-Jähriger und ein 44-Jähriger, werden verletzt. Die Grubenwehr rückt aus, ein oft geübtes Rettungskonzept wird in Gang gesetzt. Mehr als 30 weitere Bergleute, die sich in der Grube aufhalten, retten sich nach Angaben der Polizei in zwei vorgesehene Sicherheitsbereiche. Zunächst heißt es, sie seien eingeschlossen worden. Das sei aber nicht der Fall gewesen, betont der technische Geschäftsführer der Grube, Erik Fillinger.
Den Manager erreicht der Grubenalarm auf dem Handy. „Das war natürlich erst mal ein Schock“, sagt Fillinger. Er fährt sofort zu dem Betriebsgelände. Die Grubenwehr habe die beiden verletzten Kollegen aus dem alten Kali-Bergwerk nach oben bringen können. „Sie konnten laufen und waren ansprechbar“, berichtet Fillinger. Welche Verletzungen sie genau erlitten, ist unklar.
Der Ältere habe durch herumfliegendes Material Schürfwunden im Gesicht erlitten. Beide hätten unter Schock gestanden und seien nach Halle ins Krankenhaus gebracht worden. Die anderen Bergleute kommen unversehrt wieder ins Freie. Eine Sprecherin der Polizei spricht von insgesamt 38 Betroffenen, das Unternehmen sowie das Wirtschaftsministerium dagegen von insgesamt 36 Mitarbeitern. Was die Verpuffung ausgelöst hat, ist vorerst unklar.
Die Grube Teutschenthal ist ein früheres Kali-Bergwerk, das schon 1982 stillgelegt wurde. Zwei große Abraumhalden in dem Ort künden von der Bergbauvergangenheit. Die alte Grube mit einer Ausdehnung von rund zehn Kilometern muss gesichert werden. Das war auch die Arbeit der Bergleute am Freitag: Sie füllen sogenanntes Versatzmaterial in die Hohlräume – zumeist Filterstäube aus Müllverbrennungsanlagen. In diesen Materialien ist auch Wasserstoff gebunden, sagt Fillinger.
Die Polizei und das Landesamt für Geologie und Bergwesen nehmen Ermittlungen zu dem Unglück auf. Wenige Stunden nach der Verpuffung herrscht relative Ruhe auf dem Grubengelände. Die Polizei, die zunächst mit 20 Einsatzkräften angerückt war, ist bis auf ein Auto wieder weg. Alle betroffenen Bergleute sind nach Hause geschickt worden. Der Betrieb steht still. Niemand dürfe derzeit ohne Sauerstoffversorgung unter Tage, berichtet Fillinger. Die Grubenwehr ist noch im Einsatz. Sie nimmt sogenannte Wettermessungen vor – prüft also die Gaskonzentration. Erst wenn die Werte unbedenklich seien, werde die Grube in Abstimmung mit dem Landesbergamt wieder geöffnet, sagt Fillinger. Einen derartigen Unfall habe es in Teutschenthal zuvor noch nicht gegeben. Die Polizei geht dem Verdacht auf Körperverletzung nach, vorsätzlich oder fahrlässig verursacht, sagt Polizeisprecher Ralf Karlstedt. Wie lange die Messungen unter Tage dauern werden, kann Geschäftsführer Fillinger noch nicht sagen. Für ihn steht nach dem großen Schreck am Morgen im Vordergrund, dass die Bergleute in Sicherheit sind. „Ich war am Ende sehr erleichtert, als ich die beiden Kollegen, die leider eine Verletzung davongetragen haben, gesehen habe und mit dem einen auch noch mal reden konnte.“