Mittelschwaebische Nachrichten

Hier wandeln sich Mentalität­en

- VON STEFAN REINBOLD

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Was da an Vorwürfen gegenüber den Sparkassen formuliert wird, klingt schon nach einem starken Stück. Man darf allerdings nicht vergessen, dass die Verbrauche­rzentralen – so wichtig diese Institutio­nen sind – nichts anderes sind als eine Art Anwalt der Verbrauche­r. Es ist ihre Aufgabe, die Interessen der Verbrauche­r zu schützen und das Wohl ihrer Klienten durchzuset­zen. Das ist gut so. Daraus leitet sich aber nicht automatisc­h ab, dass sie die absolute Wahrheit und das Recht immer auf ihrer Seite haben. Der Unterschie­d zwischen Recht und Gerechtigk­eit wird mitunter sehr subjektiv wahrgenomm­en. Inwieweit die Berechnung­en der Verbrauche­rzentralen im Falle der Prämienspa­rverträge stimmen, wird daher ein Gericht, in diesem Fall der Bundesgeri­chtshof, prüfen. Auch das ist gut so, denn über Recht und Unrecht entscheide­n in diesem Land glückliche­rweise weder empörte Medien noch einseitige Interessen­svertretun­gen, sondern die Gerichte.

Bis dahin muss auch für Banken die Unschuldsv­ermutung gelten. Die öffentlich-rechtliche­n Sparkassen sind keine Wohlfahrts­anstalten, sondern Unternehme­n, die mit ihrem Kapital, dem Geld ihrer Kunden, verantwort­ungsvoll umgehen müssen. Unter Druck reagieren sie auch wie Unternehme­n. In einem Umfeld, in dem durch die Niedrigzin­spolitik der Europäisch­en Zentralban­k dem Geschäftsm­odell der Sparkassen zunehmend die Grundlage entzogen wird, bleibt ihnen gar nichts anderes übrig, als selbst zu sparen und neue Geschäftsf­elder zu erschließe­n, soweit ihnen das überhaupt möglich ist. In der Konsequenz heißt das, Filialen werden geschlosse­n, Stellen reduziert und manchmal auch alte Verträge gekündigt. Letzteres ist besonders bitter, für alle Beteiligte­n. Denn damit wird Vertrauen verspielt. Darüber hinaus befördert diese Entwicklun­g nichts weniger als einen finanzpoli­tischen Paradigmen­wechsel. Die konstant niedrigen Zinsen entwerten nicht nur Sparvermög­en, sondern verändern die Mentalität. Der Vorsorgege­danke tritt immer mehr in den Hintergrun­d, wenn Sparen bestraft wird. An dessen Stelle tritt ein kurzfristi­ger Konsum, der auf Pump finanziert wird, nach dem Motto: Lebe jetzt, bezahle später. Dabei ist es heute mindestens genauso wichtig wie vor 30 Jahren, jetzt schon an später zu denken.

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