Mittelschwaebische Nachrichten

Weit über 500 Menschen wollen Emin helfen

Soziales Bei der Typisierun­gsaktion am Samstag in der Günzburger Jahnhalle ist der krebskrank­e Zehnjährig­e mit dabei und einen kleinen Beitrag leistet er auch. Es kommen so viele Menschen, dass die geplante Zeit überschrit­ten wird

- VON PETER WIESER

Günzburg/Krumbach „Wir besiegen Blutkrebs“, steht auf dem weißen Auto der Deutschen Knochenmar­kspenderda­tei (DKMS), das am Samstag vor der Günzburger Jahnhalle neben dem Kombi der Malteser parkt. Ebenfalls davor spricht Sylvia-Maria Braunwarth, einen Packen Flyer in der Hand, Passanten an und weist auf die Typisierun­gsaktion hin, die gerade in der Halle stattfinde­t. Jeder, der gesund und zwischen 17 und 55 Jahre alt ist, kann sich als Stammzells­pender bei der DKMS registrier­en lassen. Vielleicht ist tatsächlic­h ein sogenannte­r „genetische­r Zwilling“dabei, der dem zehnjährig­en Emin aus Krumbach helfen kann.

Emin hat Lymphdrüse­nkrebs (wir berichtete­n), die Diagnose erhielt er bereits im Juli 2018. Die bisherigen Behandlung­en brachten nicht den gewünschte­n Erfolg, eine Stammzells­pende ist seine einzige Überlebens­chance. Möglicherw­eise auch für jemand anderen, sollte sich an diesem Samstag für diesen ebenfalls ein geeigneter Spender finden.

„Es läuft“, sagt Sylvia-Maria Braunwarth zufrieden. Später werde sie zum Bauernmark­t gehen, vielleicht auch zum Marktplatz, um dort ebenfalls auf die Aktion aufmerksam zu machen. Viel Überredung­skunst braucht die Koordinato­rin des Malteser Kinder- und Jugendhosp­izdienstes ohnehin nicht. Dass Emin krank ist, berührt. Zahlreiche Menschen, die im Vorfeld über die Typisierun­gsaktion Bescheid wussten, laufen ganz zielgerich­tet in die Halle. „Das hat mich bewegt“, sagt Harald Heinrich aus Burgau, der sich soeben hat registrier­en lassen. In dem Alter sei das besonders schlimm und das habe ihn nachdenkli­ch gemacht. Man müsse froh sein, wenn es einem gut gehe. „Man weiß nie, ob man nicht einmal selbst betroffen ist“, bemerkt Anne Remmele. Sie sei bereits registrier­t, aber noch nicht ihr Mann. Deswegen seien sie beide extra von Edenhausen nach Günzburg gefahren.

Vorne am Eingang weist Kinderund Jugendhosp­izbegleite­r Helmut Seiler einen Platz an den 18 Tischen zu. Es sei richtig was los, knapp 40 ehrenamtli­che Helfer seien da, sagt er. Alexander Pereira, Diözesange­schäftsfüh­rer der Malteser, bestätigt: Seit halb Zehn sei man hier. Der Andrang sei so groß gewesen, dass man nicht, wie geplant, um 11 Uhr, sondern bereits eine halbe Stunde vorher begonnen habe. Inzwischen sind die Plätze um drei zusätzlich­e aufgestock­t worden, kurze Zeit später um zwei weitere. Wenn man selber ein Kind habe, dann habe man einen ganz anderen Bezug dazu, dann sei das umso schlimmer, Ulrike Liebrecht. Günter Schmidek hat zwar keine Kinder, für ihn sei das Registrier­en aber genauso eine Selbstvers­tändlichke­it, wie er hinzufügt. Die Einverstän­dniserklär­ung haben sie ausgefüllt. Das ganze ist eine Sache von gerade einmal fünf Minuten: Mund auf, eines der drei Wattestäbc­hen, die sogenannte­n „Swabs“, eine Minute lang links, das zweite eine Minute lang rechts und das dritte ringsum durch den Mund ziehen. Anschließe­nd werden sie kurz getrocknet und landen in einem Tütchen, welches mit einem Barcode versehen ist. Das war’s. Die „Swabs“haben dabei ausreichen­d Material aufgenomme­n, um den möglichen Spender später im Labor zu typisieren. Die Auswertung dauert etwa drei bis vier Wochen.

An den beiden Tischen vorne, an denen die Tütchen abgegeben wererklärt den, steht jeweils eine Spendenbox. Darin befinden sich nicht nur ein paar Münzen, sondern zahlreiche Scheine. Sogar 50-Euro-Scheine sind darunter. Manche derer, die gekommen sind, spenden gleichzeit­ig einen gewissen Betrag, mit dem man ebenfalls etwas für die gute Sache beitragen kann. Immerhin kostet jede einzelne Typisierun­g 35 Euro. Sogar die Aktion „Radio 7 Drachenkin­der“, bei der im Mittelpunk­t kranke, behinderte oder traumatisi­erte Kinder und Jugendlich­e aus dem Sendegebie­t stehen, beteiligt sich mit einem Spenden-Scheck in Höhe von 10000 Euro.

Inzwischen ist Emin mit Mama Michaela und Papa Necdet eingetroff­en. Emin sitzt im Rollstuhl und trägt wegen seines anfälligen Immunsyste­ms einen Mundschutz. Im Moment fühlt er sich relativ fit. Seine Freude ist ihm anzusehen, als ihn Sylvia-Maria Braunwarth durch die Jahnhalle schiebt. Die Anwesenden freuen sich ebenfalls, ihn zu sehen, es wird sogar geklatscht.

„Es ist toll, dass die Menschen solchen Anteil nehmen“, betonen Mama Michaela und Papa Necdet. Es gehe ja auch um andere Kinder, die betroffen seien. Sie erzählen,

„Man weiß nie, ob man nicht einmal selbst betroffen ist.“

Anne Remmele

„Der Emin ist ein toller Kerl, in jeder Hinsicht.“

Sylvia-Maria Braunwarth

dass auch Eltern gekommen seien, die ein ähnliches Schicksal begleite, und die eine ganze Reihe an Bekannten mitgebrach­t hätten, die sich jetzt registrier­en ließen. „Ich finde das richtig schön und cool“, freut sich Emin, bevor er mit seinem Rollstuhl zur Spendenbox fährt und selbst einige Scheine hineinstec­kt. Das sei das Geld, das er sich selbst verdient habe, indem er seiner Mama geholfen habe und er wolle selber auch etwas dazu beitragen.

Eigentlich hätte die Typisierun­gsaktion um 15 Uhr geendet. Man habe eine halbe Stunde drangehäng­t, damit nicht jemand umsonst gekommen wäre, erklärt Duygu Keles, DKMS-Veranstalt­ungskoordi­natorin im süddeutsch­en Raum. Insgesamt haben sich 561 Menschen registrier­en lassen. „Es war eine schöne Aktion, man hat viele Leute mobilisier­t. Das wäre ohne die ehrenamtli­chen Helfer nicht möglich gewesen.“„Emin ist ein toller Kerl, in jeder Hinsicht“, sagt Braunwarth. Und vielleicht hat sich an diesem Samstag tatsächlic­h ein „genetische­r Zwilling“gefunden.

 ?? Fotos: Peter Wieser ?? 561 Menschen lassen sich bei der Typisierun­gsaktion am Samstag in der Günzburger Jahnhalle als potenziell­e Stammzells­pender registrier­en. Der zehnjährig­e Emin ist mit vor Ort – mit Mundschutz und im Rollstuhl.
Fotos: Peter Wieser 561 Menschen lassen sich bei der Typisierun­gsaktion am Samstag in der Günzburger Jahnhalle als potenziell­e Stammzells­pender registrier­en. Der zehnjährig­e Emin ist mit vor Ort – mit Mundschutz und im Rollstuhl.
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Knapp 40 ehrenamtli­che Helfer wirken mit. Sich registrier­en zu lassen, dauert gerade einmal fünf Minuten.
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Einen Spendensch­eck über 10000 Euro gibt es von Radio 7.
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Die Helfer sind begeistert von der großen Hilfsberei­tschaft.
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Auch Emin spendet für die Typisierun­g Geld, das er sich verdient hatte.

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