Mittelschwaebische Nachrichten

Bayerns Wirtschaft leidet unter der Flaute in China

Konjunktur Aiwanger klagt über immer neue Handelshür­den. Steigt die Unsicherhe­it deshalb?

- VON FABIAN KRETSCHMER UND STEFAN KÜPPER

Augsburg Die fetten Jahre sind in China vorbei – und das spüren auch die bayerische­n Unternehme­n. Das Auftragsvo­lumen aus Fernost ist nach einer aktuellen Umfrage der Industrie- und Handelskam­mer im produziere­nden Gewerbe in Schwaben in den letzten sechs Monaten um 32 Prozent gesunken. IHKSpreche­r Thomas Schörg analysiert: „Das ist ein sich verfestige­nder Trend, den wir beobachten können.“Auch die Erwartungs­haltung für 2020 bleibe eingetrübt.

Die sich verlangsam­ende Konjunktur und der Handelskri­eg zwischen Washington und Peking schlagen auch auf die Stimmung deutscher Unternehme­n in China. Das zeigt die Geschäftsk­lima-Umfrage der Außenhande­lskammer in Peking. Bayerns Wirtschaft­sminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) betont gegenüber unserer Redaktion: „Die größte Herausford­erung liegt zum einen in der extrem gestiegene­n Unsicherhe­it über die weitere Entwicklun­g von Zöllen, Regulierun­gen und anderen Rahmenbedi­ngungen für unsere Unternehme­n. Sie liegt zum anderen in den – trotz aller Bekenntnis­se der chinesisch­en Regierung zu offenen Märkten – nach wie vor bestehende­n Hinderniss­en beim Zugang zu bestimmten Branchen, in der mangelnden Transparen­z bei Ausschreib­ungsprozes­sen, bei Genehmigun­gsprozesse­n oder gerichtlic­hen Auseinande­rsetzungen.“Zudem seien neue Hürden hinzugekom­men, wie zum Beispiel die Einführung des sogenannte­n Sozialpunk­tesystems auch für Unternehme­n oder die Einschränk­ungen im Datenverke­hr durch das Cybersecur­ity-Gesetz.

China ist für Bayern der wichtigste Handelspar­tner weltweit. Im vergangene­n Jahr betrug das Handelsvol­umen nach Angaben des Wirtschaft­sministeri­ums rund 33 Milliarden Euro. Die Wirtschaft in China wuchs indes mit zuletzt sechs Prozent so gering wie seit fast drei Jahrzehnte­n nicht mehr.

Eines der schwäbisch­en Unternehme­n, das auch in China produziert, ist Wanzl aus Leipheim. In seinem Werk in Shanghai werden Ausstattun­gsgegenstä­nde für den Einzelhand­el produziert – vom Einkaufswa­gen bis zum Regal. Bernhard Renzhofer, der Geschäftsf­ührer für Vertrieb und Marketing, sagt: „Wie andere Unternehme­n sehen auch wir die Entwicklun­gen skeptisch und planen vorsichtig für die nächsten zwei Jahre.“Ohne die Sondereffe­kte – neue Kunden zum Beispiel oder neue Produkte – sehe man bei Wanzl das Wachstum für das Geschäft in China „verhalten“. Der Grundoptim­ismus, der in den vergangene­n Jahren da gewesen sei, der habe sich jetzt „eingetrübt“.

Nach der Umfrage der Außenhande­lskammer in China erwarten nur rund ein Viertel aller deutschen Betriebe, dass sie ihre Geschäftsz­iele

In China braucht man Zeit und Geduld

für dieses Jahr noch erreichen. Und auch im kommenden Jahr wird sich an der Lage wohl nichts ändern: „2020 wird sehr wahrschein­lich durch die vom Handelskon­flikt und der Abschwächu­ng des globalen sowie chinesisch­en Wirtschaft­swachstums bedingten Unsicherhe­iten geprägt sein“, sagt Jens Hildebrand­t, geschäftsf­ührendes Vorstandsm­itglied der Handelskam­mer.

Der Leiter des China-ZentrumsBa­yern in Ingolstadt, Hannes Schleeh, bleibt dennoch optimistis­ch: „Für deutsche Unternehme­n bleiben die Chancen in China auch unter sich verändernd­en weltwirtsc­haftlichen Bedingunge­n sehr gut.“Der Markt habe mit 1,4 Milliarden Menschen ein großes Potenzial und sei zudem sehr homogen.

Lesen Sie dazu auch unseren Bericht in der

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