Mittelschwaebische Nachrichten
Was Thomas-Cook-Urlauber jetzt wissen müssen
Tourismus Der insolvente Veranstalter hat alle Reisen auch im kommenden Jahr abgesagt. Wie Betroffene jetzt reagieren können
Oberursel Schlechte Nachrichten für Thomas-Cook-Kunden: Der insolvente Reiseveranstalter hat am Dienstag auch alle Reisen für 2020 abgesagt. Bislang galt der Stopp nur bis Ende Dezember dieses Jahres. Wer bereits die Reise ganz oder teilweise angezahlt hat, sollte versuchen, die Kosten zurückzubekommen. Die wichtigsten Fragen und Antworten dazu.
Welche Kunden sind genau betroffen?
Betroffen sind Kunden, die eine Reise über die deutschen Tochterunternehmen des britischen Touristikkonzerns Thomas Cook gebucht haben. Dazu gehören die Veranstaltermarken Neckermann Reisen, Öger Tours, Bucher Reisen und Air Marin sowie über Thomas Cook International gebuchte Trips. Bis einschließlich September 2020 könnte die Absage die Reisepläne von rund 660000 Kunden treffen. Nachdem die britische Mutter Pleite gegangen war, hatte die deutsche Thomas Cook am 25. September einen Insolvenzantrag gestellt. Nicht betroffen sind laut Thomas Cook Reisen von Drittveranstaltern, die Kunden über neckermann-reisen.de und urlaub.de oder in den Thomas-CookReisebüros gebucht haben.
Wohin können sich Pauschalreisende wenden?
Für Betroffene greift nun die Insolvenzversicherung des Unternehmens. Zuständig ist in diesem Fall die Zurich Versicherung. Für die Abwicklung von Ansprüchen hat die Versicherung wiederum die Kaera AG beauftragt. Die Absicherung betrifft aber nur Pauschalreisen – die laut der Kaera aus mindestens zwei Reisearten wie etwa Transport und Unterkunft bestehen. „Pauschalurlauber haben einen Sicherungsschein vorliegen, darüber sind sie versichert“, erklärt Nicole MertgenSauer, Rechtsreferentin der Verbraucherzentrale Bremen. Sie gibt allerdings zu bedenken: Auch Pauschalreisende müssen damit rechnen, dass sie nur eine Teilsumme zurückbekommen – „wenn die Haftungssumme nicht genügend hergibt und staatliche Hilfen ausbleiben“. In so einem Fall werden die Erstattungen meist anteilig gekürzt. Und genau danach sieht es derzeit aus: Denn die Versicherungssumme ist auf 110 Millionen Euro begrenzt.
Nach Angaben des Versicherers sind bis 1. November aber bereits etwa 150000 Schadenmeldungen eingegangen im Volumen von mehr als 250 Millionen Euro. Hinzu kämen die Kosten für die Rückholung von Urlaubern, die zum Zeitpunkt der Insolvenz mit der deutschen Thomas Cook unterwegs waren.
Wie können Pauschalreisende Schäden anmelden?
Die Kaera AG hat für Betroffene eine Website eingerichtet. Kunden werden gebeten, ausschließlich über dieses Webformular Schadensfälle anzumelden. Wer keine Internetverbindung hat, kann auch telefonisch Kontakt über die Nummer 06172/ 99 76 11 23 aufnehmen. Für die Anmeldung des Anspruchs müssen Pauschalreisende ihre Unterlagen einreichen. Dazu gehören unter anderem die Buchungsbestätigung des Reiseveranstalters, ein Nachweis über die Zahlung des Reisepreises und der Sicherungsschein, den sie nach der Buchung bekommen haben. Bei Zurich Deutschland stellt man sich jetzt auf eine größere Zahl an neuen Schadensmeldungen betroffener Kunden ein: „Mit der bekannt gegebenen Entscheidung von Thomas Cook erwarten wir nun auch die Meldung von Schadenersatzansprüchen für Reisen, die im kommenden Jahr hätten stattfinden sollen. Diese wurden in der Regel noch nicht vollständig bezahlt, sondern nur angezahlt“, heißt es.
Was gilt für Reisende, die Einzelleistungen gebucht haben?
Wer zum Beispiel nur den Flug oder die Unterkunft gebucht hat, kann sich nicht an den Abwickler wenden. „Sie können nur über den Insolvenzverwalter beziehungsweise über die Insolvenztabelle Ansprüche anmelden“, erklärt Rechtsexpertin Mertgen-Sauer. Vorläufiger Insolvenzverwalter ist die Kanzlei Hermann Wienberg Wilhelm (hww). Allerdings seien die Chancen für Reisende mit Einzelleistungen noch geringer: „Betroffene dürften nur einen sehr geringen Bruchteil ihres Geldes wiederbekommen“, sagt die Verbraucherschützerin.
Was können Betroffene sonst noch tun?
Liegt die Buchung der Reise noch nicht zu lange zurück, können sich Betroffene ihr Geld selbst zurückholen. Das gilt zum Beispiel, wenn die Reise per Lastschrift bezahlt wurde. Diese können nämlich innerhalb von acht Wochen rückgängig gemacht werden. „Und auch wer per Kreditkarte gezahlt hat, kann versuchen, den Betrag über das Kreditinstitut zurückzufordern“, erklärt MertgenSauer. Allerdings könne der Insolvenzverwalter unter Umständen später die Zahlungen wieder einfordern. Wer vor Gericht ziehen will, sollte sich vorab rechtlichen Rat holen. Außerdem sollten sich Betroffene regelmäßig über das Insolvenzverfahren auf den entsprechenden Internetseiten informieren. Denn die deutsche Thomas Cook versucht weiter, Investoren zu finden. Bislang liege aber noch kein belastbares Angebot für die Fortführung von Thomas Cook als Ganzes vor.
Derzeit kursieren E-Mails, in denen im Namen von Thomas Cook Daten abgefragt werden. Was ist davon zu halten?
Vorsicht: Dahinter steckt eine Betrugsmasche. Sie ist einfach: Per E-Mail fragen Betrüger sensible Daten wie Pass- und Kreditkartendaten ab. Die Nachricht mit Firmenlogo sieht authentisch aus. Doch die E-Mails stammen nicht von Thomas Cook, informiert der Reiseveranstalter. Er rät Kunden, diese Nachrichten mit dem Betreff „Wichtig: Erstattung Ihrer Thomas Cook-Reise“zu ignorieren und zu löschen.