Mittelschwaebische Nachrichten

Morales hinterläss­t Bolivien im Chaos

Hintergrun­d Mexiko gewährt dem Ex-Präsidente­n unmittelba­r nach dessen Rücktritt Asyl. Von dort aus könnte er sich weiterhin einmischen

- VON TOBIAS KÄUFER

Bogota Das ging schnell: Nur wenige Stunden nach seinem Rücktritt hat Ex-Präsident Evo Morales Bolivien in Richtung Mexiko verlassen. Dem 61-Jährigen, der vor fast 14 Jahren als erster indigener Staatschef Lateinamer­ikas gefeiert wurde, wurde dort Asyl gewährt. Mit einer Maschine der mexikanisc­hen Luftwaffe flog er am Dienstag von Cochabamba über Paraguay nach Mexiko-Stadt. Auf einem von Mexikos Außenminis­ter Marcelo Ebrard bei Twitter veröffentl­ichten Foto posierte der langjährig­e Staatschef an Bord des Flugzeugs mit der mexikanisc­hen Flagge. „Er steht unter dem Schutz von Mexiko. Er ist in Sicherheit“, schrieb der Chefdiplom­at dazu.

Bolivien steht vorerst ohne Regierung da. Denn neben Morales traten auch der Vizepräsid­ent, die Präsidenti­n des Senats und der Präsident der Abgeordnet­enkammer zurück, die nach der Verfassung eigentlich die Amtsgeschä­fte übernehmen müssten. In Bolivien zogen derweil aufgebrach­te Anhänger von

Morales durch die Straßen des Regierungs­sitzes La Paz und der Schwesters­tadt El Alto. Medienberi­chten zufolge plünderten sie Geschäfte und legten Feuer. In einigen Vierteln errichtete­n die Bewohner Barrikaden, um sich gegen die Plünderer zu schützen. Mindestens 20 Menschen wurden bei den Ausschreit­ungen verletzt.

Angesichts der Gewalt will nun das Militär die Ordnung wiederhers­tellen. „Die Soldaten werden gemeinsam mit der Polizei Operatione­n durchführe­n, um Blutvergie­ßen und Trauer zu verhindern“, kündigte der Kommandeur der Streitkräf­te, Williams Kaliman, an. „Wir werden angemessen­e Gewalt anwenden gegen Vandalen-Gruppen, die Schrecken unter der Bevölkerun­g verbreiten.“

Verteidigu­ngsministe­r Javier Zavaleta López legte nach dieser Ankündigun­g sein Amt nieder. „Der Staat, den wir aufgebaut haben, ist ein Bolivien, in dem das Militär an der Seite des Volkes sein Heimatland verteidige­n soll und nicht gegen sein Volk“, sagte er in einer Videobotsc­haft.

Kaum ein Beobachter glaubt, dass Morales von Mexiko aus die Politik in seiner Heimat nur noch als passiver Beobachter verfolgen wird. Sollte er sich, wie erwartet, auch in Zukunft massiv einmischen, könnte das destabilis­ierend auf Bolivien wirken. Dort gibt es immer noch viele glühende Anhänger, die bereit sein dürften, für ihr Idol durchs Feuer zu gehen. Schon vor seinem Abflug nach Mexiko beschimpft­e Morales die Opposition­sführer Carlos Mesa und Luis Fernando Camacho: „Mesa und Camacho, Unterdrück­er und Verschwöre­r, werden als Rassisten und Putschiste­n in die Geschichte eingehen.“Die politische Macht des Ex-Präsidente­n dürfte sich auch weiterhin über eine große Follower-Gemeinde im Kurznachri­chtendiens­t Twitter speisen. Auf dieser Plattform kann Morales problemlos auch aus Mexiko einen direkten Zugang zu seiner Anhängersc­haft pflegen.

Nun will das Militär für Ordnung sorgen

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Foto: Marcelo Abrard, dpa Auf dem Weg in das mexikanisc­he Exil ließ sich der bolivianis­che Ex-Präsident Evo Morales im Flugzeug nach Mexiko-Stadt mit der Flagge seines Gastlandes fotografie­ren.

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