Mittelschwaebische Nachrichten
Jetzt fliegen die Raketen wieder
Nahost Israels tödlicher Schlag gegen einen militärischen Dschihad-Führer in Gaza löst massive Gegenangriffe aus
Gaza/Tel Aviv Das Haus von Baha Abu Al Ata steht in einem dicht bebauten Viertel im Osten von Gaza. Mauerstücke liegen am Dienstag vor dem dreigeschossigen Gebäude. Eines der oberen Stockwerke ist weitgehend zerstört. Dort soll Abu Al Ata, ein Militärchef des Islamischen Dschihads, geschlafen haben. Dort hat ihn die israelische Luftwaffe mit einem gezielten Angriff in der Nacht getötet. Eine große Explosion habe sie alle mitten in der Nacht aufgeschreckt, erzählt Nachbar Ahmad Helles. „Es hat sich wie ein Erdbeben im Viertel angefühlt.“Er sei mit seinen Brüdern nach draußen gegangen und habe das zerstörte Haus von Abu Al Ata gesehen.
Das Gesundheitsministerium in Gaza erklärte, dass am Dienstag bei den Attacken insgesamt fünf Palästinenser getötet worden seien. Die Reaktionen ließen nicht lange auf sich warten: Militante Palästinenser feuerten aus dem Gazastreifen nach Angaben des israelischen Außenministeriums mehr als 150 Raketen auf Israel. 60 davon seien vom Abwehrsystem Iron Dome (Eisenkuppel) abgefangen worden. Der Dschihad nannte den tödlichen Angriff auf seinen Militärchef eine „Kriegserklärung“Israels, es seien damit „alle roten Linien überschritten“worden. Nach syrischen Angaben kamen bei einem weiteren Angriff der israelischen Luftwaffe auf einen anderen Dschihad-Führer in Damaskus zwei Menschen ums Leben.
Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu beschrieb Abu Al Ata als „den zentralen Verantwortlichen für Terrorattacken aus dem Gazastreifen“. Nach Beratungen des Sicherheitskabinetts in Tel Aviv sagte Netanjahu, der Militärchef stehe hinter Angriffen mit hunderten von Raketen und sei dabei gewesen, neue Attacken zu planen. „Er war eine tickende Bombe.“Gleichzeitig betonte Netanjahu, Israel sei nicht an einer weiteren Eskalation interessiert. Israels Armeechef Avi Kochavi sagte, notfalls sei das Militär zu weiteren gezielten Tötungen bereit. Die Eskalation befeuerte die Furcht vor einem neuen Gaza-Krieg. Nach Medienberichten bemühen sich Ägypten und die Vereinten Nationen hinter den Kulissen intensiv um eine Beruhigung der Lage.
Aus dem Gazastreifen abgefeuerte Raketen schlugen nach israelischen Medienberichten direkt in Häusern in Netivot und Kerem Schalom im Süden Israels sowie auf einer dicht befahrenen Schnellstraße südlich von Tel Aviv ein. Nach Angaben eines Rettungsdienstes erlitten rund 40 Israelis bei Raketenangriffen Verletzungen. In Israel blieben Schulen und Büros vom Süden bis zum Zentrum geschlossen. Der Zugverkehr nahe dem Gazastreifen wurde laut Medienberichten teilweise gestoppt. Die Armee verlegte nach eigenen Angaben verstärkt Truppen ins Grenzgebiet. Die beiden Grenzübergänge von Israel in den Gazastreifen blieben bis auf Weiteres geschlossen.