Mittelschwaebische Nachrichten
Schlussstrich unter den Fall Mollath
Justizopfer Jahrelang saß Gustl Mollath verfassungswidrig in der Psychiatrie und kämpfte um finanzielle Entschädigung. Nun hat er sich mit dem Freistaat Bayern geeinigt
München Ein handfester Justizskandal geht offiziell zu Ende: Der Freistaat Bayern zahlt an das Psychiatrieopfer Gustl Mollath im Zuge einer gütlichen Einigung zusätzliche 600000 Euro. „Ohne Anerkennung einer Rechtspflicht“, wie das Landgericht München I am Dienstag mitteilte.
Die Summe geht auf einen Vergleichsvorschlag des Gerichts zurück, das der Meinung war, dass eine „Vielzahl von Verfahrensfehlern“dazu geführt haben, dass Mollath zur Unterbringung in einer psychiatrischen Klinik verurteilt worden war – und erst nach sieben Jahren wieder freigelassen wurde. Für die 2747 Tage in der Psychiatrie hatte Mollath vom Freistaat in einem Amtshaftungsverfahren 1,8 Millionen Euro gefordert und unter anderem mit 800000 Euro Schmerzensgeld, 288000 Euro Verdienstausfall und 90 000 Euro Anwaltskosten begründet. Der Freistaat hingegen pochte zunächst auf die gesetzliche Entschädigung von 25 Euro pro Tag, die mit der Zahlung von 70 000 Euro vor zwei Jahren abgegolten worden seien. Im Laufe des Zivilverfahrens bot das Justizministerium dann insgesamt 170 000 Euro an, bevor es dem Vergleichsvorschlag des Gerichts zustimmte.
„Insofern ist der Betrag, der jetzt vereinbart wurde, rechtspolitisch ein großer Fortschritt, auch wenn ich mit vielen Aspekten unzufrieden bin“, kommentierte Mollaths Anwalt Hildebrecht Braun. „Dennoch deckt er bei weitem nicht den Schaden ab, der Mollath tatsächlich widerfahren ist.“Doch da Mollath mit seinen nunmehr 61 Jahren nach der langen Zeit der Ungewissheit finanzielle Sicherheit benötige, habe er dem zunächst abgelehnten Vorschlag nun doch zugestimmt.
Damit wird offiziell ein Schlussstrich unter den Fall gezogen, der mit einem hässlichen Rosenkrieg begonnen hatte. Ein Rückblick: Mollaths damalige Frau zeigt den Nürnberger 2002 wegen Körperverletzung an. Mollath bestreitet die Vorwürfe, doch vor Gericht attestieren ihm Gutachter gravierende psychische Störungen – auch, aber nicht nur weil er Strafanzeige gegen seine Frau und weitere Mitarbeiter der Hypo-Vereinsbank wegen Steuerhinterziehung, Schwarzgeld- und Insidergeschäften stellt. Erst Jahre später wird bekannt, dass ein Teil der Vorwürfe zutraf. Da sitzt Mollath allerdings schon seit vier Jahren in der Psychiatrie. Seine Hoffnung ruht nun auf der Staatsanwaltschaft, die die Wiederaufnahme seines Prozesses beantragt. Doch das Landgericht Regensburg weist dies zunächst zurück. Am Ende jedoch hebt das Oberlandesgericht Nürnberg die Regensburger Entscheidung auf und ordnet die Wiederaufnahme des Strafverfahrens sowie die sofortige Freilassung Mollaths an, der sich in der Zwischenzeit durch zahlreiche Mahnbriefe an Behörden und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens den Ruf eines Querulanten zugezogen hatte. Es folgt ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts, wonach Mollaths Unterbringung in der Psychiatrie seit 2011 verfassungswidrig war. 2014 spricht ihn das Landgericht Regensburg im Wiederaufnahmeverfahren frei.
Zurück bleibt ein zwar erleichterter, aber verbittert wirkender Mollath. Sein Anwalt hofft, dass er nach der gütlichen Einigung nun „leichter innere Ruhe“finden kann. Doch eines sei klar, ist Braun überzeugt: „Natürlich ist das, was er hinter sich hat, etwas, das ihn bis zum Tod begleiten wird.“
Mollath bleibt zurück: Erleichtert, aber verbittert