Mittelschwaebische Nachrichten
Mildes Urteil nach Rezeptfälschung
Gericht Ein 35-Jähriger hatte ein Datum geändert. In einer anderen Sache ging es um ein Messer
Günzburg Urkundenfälschung ist kein Kavaliersdelikt. Das bekam ein 35-Jähriger zu spüren. Nach zweieinhalbstündiger, zäher Verhandlung am Amtsgericht Günzburg richtete sich Richter Walter Henle an den Angeklagten: „Wir wollen nicht die Leute einsperren. Wir wollen einfach nur, dass sie keine Straftaten mehr begehen.“Henle war nicht der Staatsanwaltschaft gefolgt, die acht Monate Gefängnis forderte. Herausgekommen sind sieben Monate auf Bewährung und 80 Stunden gemeinnützige Arbeit.
Es hätte also schlimmer kommen können für den 35-Jährigen. Wegen zwei Vorwürfen saß der Mann auf der Anklagebank: die besagte Urkundenfälschung sowie eine Bedrohung und Körperverletzung mit einem Messer an der Ichenhauser Diskothek W3. In letzterem Fall hatte die Staatsanwaltschaft im öffentlichen Interesse das Strafverfahren in die Wege geleitet, da die vermeintlichen Opfer keine Anzeige erstattet hatten. Im Verlauf der Gerichtsverhandlung wurde klar: Die Aussagen der vernommenen Zeugen sind widersprüchlich. So gab es keinen Zeugen außer zwei vermeintlich angegriffene Brüder, die die Messerattacke gesehen haben wollen. Ein Mann trug beim angeblichen Angriff eine blutende Schnittwunde am
Daumen davon. Der mutmaßliche Angreifer beteuerte, sein Gegenüber nicht verletzt zu haben, dieser habe sich an der Jacke gerissen und deshalb habe der Daumen geblutet. Er habe sein Messer nur gezückt, um die Brüder, die ihm aufgelauert hätten, fernzuhalten. Einer der Brüder beschuldigte den 35-Jährigen im Gericht, mit dem Messer in der Hand herumgefuchtelt und Geld gefordert zu haben. Den Schnitt habe er aber nicht gespürt. Er war sich nicht mehr sicher, ob die Verletzung durch das Messer erfolgte. Der Angeklagte hat eine nachweisbare körperliche Behinderung und sagte: „Ich bin gar nicht kampffähig.“Das Verfahren in dieser Sache wurde eingestellt. Bleibt noch die Urkundenfälschung. Der Angeklagte wollte ein altes Rezept in einer Apotheke einlösen und hatte das Datum geändert. Sein Arzt hatte ihm zuvor andere Medikamente verschrieben. Zugunsten des Angeklagten wertete Henle die Tatsache, dass er geständig und durch seine Krankheit von dem alten verschreibungspflichtigen Medikament abhängig war. Negativ wurden seine teils einschlägigen Vorstrafen gewertet. Zudem stand eine offene Bewährung aus. Die neue Bewährungszeit dauert drei Jahre.
„Jetzt darf nichts mehr passieren, sonst gehören Sie der Katz“, sagte Henle.