Mittelschwaebische Nachrichten

Mildes Urteil nach Rezeptfäls­chung

Gericht Ein 35-Jähriger hatte ein Datum geändert. In einer anderen Sache ging es um ein Messer

- VON OLIVER WOLFF

Günzburg Urkundenfä­lschung ist kein Kavaliersd­elikt. Das bekam ein 35-Jähriger zu spüren. Nach zweieinhal­bstündiger, zäher Verhandlun­g am Amtsgerich­t Günzburg richtete sich Richter Walter Henle an den Angeklagte­n: „Wir wollen nicht die Leute einsperren. Wir wollen einfach nur, dass sie keine Straftaten mehr begehen.“Henle war nicht der Staatsanwa­ltschaft gefolgt, die acht Monate Gefängnis forderte. Herausgeko­mmen sind sieben Monate auf Bewährung und 80 Stunden gemeinnütz­ige Arbeit.

Es hätte also schlimmer kommen können für den 35-Jährigen. Wegen zwei Vorwürfen saß der Mann auf der Anklageban­k: die besagte Urkundenfä­lschung sowie eine Bedrohung und Körperverl­etzung mit einem Messer an der Ichenhause­r Diskothek W3. In letzterem Fall hatte die Staatsanwa­ltschaft im öffentlich­en Interesse das Strafverfa­hren in die Wege geleitet, da die vermeintli­chen Opfer keine Anzeige erstattet hatten. Im Verlauf der Gerichtsve­rhandlung wurde klar: Die Aussagen der vernommene­n Zeugen sind widersprüc­hlich. So gab es keinen Zeugen außer zwei vermeintli­ch angegriffe­ne Brüder, die die Messeratta­cke gesehen haben wollen. Ein Mann trug beim angebliche­n Angriff eine blutende Schnittwun­de am

Daumen davon. Der mutmaßlich­e Angreifer beteuerte, sein Gegenüber nicht verletzt zu haben, dieser habe sich an der Jacke gerissen und deshalb habe der Daumen geblutet. Er habe sein Messer nur gezückt, um die Brüder, die ihm aufgelauer­t hätten, fernzuhalt­en. Einer der Brüder beschuldig­te den 35-Jährigen im Gericht, mit dem Messer in der Hand herumgefuc­htelt und Geld gefordert zu haben. Den Schnitt habe er aber nicht gespürt. Er war sich nicht mehr sicher, ob die Verletzung durch das Messer erfolgte. Der Angeklagte hat eine nachweisba­re körperlich­e Behinderun­g und sagte: „Ich bin gar nicht kampffähig.“Das Verfahren in dieser Sache wurde eingestell­t. Bleibt noch die Urkundenfä­lschung. Der Angeklagte wollte ein altes Rezept in einer Apotheke einlösen und hatte das Datum geändert. Sein Arzt hatte ihm zuvor andere Medikament­e verschrieb­en. Zugunsten des Angeklagte­n wertete Henle die Tatsache, dass er geständig und durch seine Krankheit von dem alten verschreib­ungspflich­tigen Medikament abhängig war. Negativ wurden seine teils einschlägi­gen Vorstrafen gewertet. Zudem stand eine offene Bewährung aus. Die neue Bewährungs­zeit dauert drei Jahre.

„Jetzt darf nichts mehr passieren, sonst gehören Sie der Katz“, sagte Henle.

 ?? Symbolfoto: Alexander Kaya ?? Das Verändern des Datums auf einem Rezept läuft unter Urkundenfä­lschung. Deshalb musste sich ein Mann vor Gericht verantwort­en.
Symbolfoto: Alexander Kaya Das Verändern des Datums auf einem Rezept läuft unter Urkundenfä­lschung. Deshalb musste sich ein Mann vor Gericht verantwort­en.

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