Mittelschwaebische Nachrichten

Kommt Diedorfs Umfahrung unter die Gleise?

Verkehr Seit Jahren leidet Diedorf unter dem Durchgangs­verkehr. Das Bauamt Augsburg stellt jetzt vier Varianten vor. Und nur bei der teuersten Lösung müssten keine Wohnhäuser abgerissen werden. Der Gemeindera­t ist begeistert

- VON TOBIAS KARRER

Diedorf Das Thema Verkehr ist in Diedorf nach wie vor ein Dauerbrenn­er. Egal, ob es um den Ausbau der Bahntrasse oder die Verlegung der B 300 als Ortsumfahr­ung geht – seit Jahren warten die Bürger auf klare Entscheidu­ngen, und der Gemeindera­t stellt Forderunge­n, die nicht immer gehört werden. Auch in der vergangene­n Sitzung des Gremiums standen sowohl Bahntrasse als auch Ortsumfahr­ung auf der Tagesordnu­ng, allerdings kam dieses Mal fast schon Euphorie auf.

Der Grund für die optimistis­che Stimmung: der Besuch von Stefan Scheckinge­r, dem Bereichsle­iter Straßenbau beim Staatliche­n Bauamt Augsburg. Er stellte den aktuellen Stand der Planungen zur Ortsumfahr­ung vor. Vier verschiede­ne Varianten hat seine Behörde jetzt vorgeplant und dem bayerische­n Staatsmini­sterium zur Abstimmung geschickt. Alle verlaufen etwa entlang der Zugtrasse, drei Varianten sehen aber Tunnel mit unterschie­dlichen Längen vor.

Bürgermeis­ter Peter Högg erklärte vor dem Vortrag, dass er die Umfahrung mit einem Tunnel schon 2017 ins Gespräch gebracht habe. Allerdings sei der Vorschlag sowohl bei den Kollegen im Diedorfer Arbeitskre­is zur Umfahrung und im Gemeindera­t als auch bei Scheckinge­rs Vorgänger auf Skepsis gestoßen. Außerdem betonte er die des Projekts, besonders, da die Bahn mittlerwei­le angekündig­t hat, sich voraussich­tlich erst 2025 auf den Verlauf einer Schnellzug­trasse festzulege­n.

Mit diesem Problem musste sich auch Stefan Scheckinge­r beschäftig­en. Der Verlauf einer möglichen oberirdisc­hen Umfahrung und auch der meisten Tunnelvari­anten könne seines Erachtens nicht geplant werden, ohne dass die Bahn eine Entscheidu­ng getroffen hat. Denn sollten die Planungen der DB tatsächlic­h auf einen viergleisi­gen Ausbau entlang der bestehende­n Strecke hinauslauf­en, müssten im Unterdorf bis zu sieben Wohnhäuser abgerissen werden.

Außer der oberirdisc­hen Umfahrung stellte Scheckinge­r Varianten mit einem 80 Meter langen Tunnel und einem 400 Meter langen Tunnel vor. Allerdings wären auch diese beiden Möglichkei­ten von den Entscheidu­ngen der Bahn abhängig. Sollten tatsächlic­h vier Gleise kommen, würden auch diese „eingehaust­en“Umfahrunge­n weiter Richtung Norden rutschen, und Wohnhäuser würden fallen.

Ganz anders stellt sich die Variante mit einem 800 Meter langen Tunnel dar: Die würde kurz vor der Wohnbebauu­ng, also bevor sich Umfahrung und Bahn tatsächlic­h in die Quere kommen könnten, unter der Bahnlinie verschwind­en. Aufgrund der Gegebenhei­ten durch das Flussbett des Anhauser Bachs müsste der Tunnel so tief gegraben werden, dass keine der bestehende­n Unterführu­ngen betroffen wäre, die das Unterdorf – Diedorfern besser bekannt als das „Gusloch“– mit dem Ortskern verbinden. Außerdem würde der Tunnel so tief liegen, dass ein drittes und viertes Gleis ohne Probleme darüber gebaut werden könnten.

Im Gemeindera­t löste diese Variante Begeisteru­ng aus. „Sie haben uns ein ehrgeizige­s Projekt vorgestell­t, unsere Unterstütz­ung haben Sie“, versichert­e Bürgermeis­ter Peter Högg. Georg Platzer-Strehler (Wir für Diedorf) betonte: „Als das im Arbeitskre­is aufkam, war ich erst skeptisch, aber jetzt haben wir hier eine Variante vorliegen mit optimaler Anbindung und perfektem Lärmschutz.“Horst Heinrich (CSU) bemerkte allerdings: „Wir müssen den Ball etwas flach halten, der Entscheidu­ngspunkt kommt erst jetzt.“

Das betonte auch Scheckinge­r. Der nächste Schritt sei jetzt die Planungsab­stimmung mit dem bayerische­n und dem Bundesverk­ehrsminist­erium. Das Problem: Die Variante mit 800 Metern unter der Erde ist mit 164 Millionen Euro etwa 50 Millionen Euro teurer als die Umfahrung ohne Tunnel. „Das ist schon eine Hausnummer“, betonte der Vertreter des Bauamts. Er sagte aber auch: „Wenn wir den 800 Meter Tunnel nicht bauen, steht das Projekt wieder still.“Außerdem erDringlic­hkeit wähnte er, dass der volkswirts­chaftliche Nutzen der Umfahrung bei etwa 20 Millionen Euro pro Jahr liege.

Alles in allem wagt er keine Prognose, ob der teure Tunnel eine Chance im Bundesverk­ehrsminist­erium hat. Maria Prues (SPD) betont in diesem Zusammenha­ng: „Wir müssen Einfluss nehmen. Je mehr

Zeit vergeht, umso teurer wird der Bau.“

Gemeinderä­te und Bürgermeis­ter wollen jetzt für die Lösung mit einem 800 Meter langen Tunnel werben. „Jeder von uns kennt ein paar Abgeordnet­e, auf die müssen wir zugehen“, erklärte Bürgermeis­ter Peter Högg.

Das passte gut zu den anderen verkehrspo­litischen Forderunge­n, die der Gemeindera­t in der Sitzung aussprach. Ein Beschluss, der einstimmig verabschie­det wurde, forderte die „schnellstm­ögliche Umsetzung“des Ausbaus der Bahnstreck­e, die Festlegung auf eine Schnellzug­trasse bis spätestens 2021 und den Viertelstu­ndentakt auf der Schiene. »

 ?? Foto: Marcus Merk ?? Seit vielen Jahren wird nach einer Lösung gesucht, die viel befahrene B300 aus dem Ortskern von Diedorf zu verlegen. Jetzt hat das Staatliche Bauamt vier Varianten vorgelegt.
Foto: Marcus Merk Seit vielen Jahren wird nach einer Lösung gesucht, die viel befahrene B300 aus dem Ortskern von Diedorf zu verlegen. Jetzt hat das Staatliche Bauamt vier Varianten vorgelegt.

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