Mittelschwaebische Nachrichten

Bahn-Finanzchef fliegt

Seit Wochen rumort es an der Bahn-Spitze. Nun trennt sich das Unternehme­n von einem Spitzenman­ager. Endlich soll es aufwärtsge­hen. Der Bund macht den Weg für Milliarden-Zuschüsse frei, will dafür aber Erfolge sehen

- Burkhard Fraune, dpa

Berlin Nach nur eineinhalb Jahren bei der Deutschen Bahn steht der Finanzvors­tand Alexander Doll vor dem Abgang. Nach wochenlang­em Führungsst­reit hat der Manager am Freitag einen Auflösungs­vertrag unterschri­eben. Der Aufsichtsr­at des bundeseige­nen Konzerns müsse dem Schritt in einer Sondersitz­ung am Montag noch zustimmen, hieß es. Dem Vernehmen nach würde die Abfindung auf einen einstellig­en Millionenb­etrag hinauslauf­en.

Doll wurde im Aufsichtsr­at zur Last gelegt, dass es bislang nicht gelungen ist, die Konzerntoc­hter Arriva und damit einen großen Teil des Auslandsge­schäfts zu verkaufen. Das sollte bis zu vier Milliarden für die Eisenbahn in Deutschlan­d bringen. Doch die Interessen­ten boten deutlich weniger, weil Schulden und Pensionsve­rpflichtun­gen auf Arriva lasten. Eine Rolle soll auch spielen, dass sich Doll dem Wunsch des Bahnchef Richard Lutz widersetzt habe, das Finanzress­ort abzugeben und sich auf Güterverke­hr zu konzentrie­ren.

Für einen Abgang des früheren Bankers hatte sich auch Verkehrsmi­nister Andreas Scheuer (CSU) hinter den Kulissen starkgemac­ht. Bevor die Entscheidu­ng bekannt wurde, hatte Scheuer am Freitag betont, die Bahn befinde sich nicht im Krisenmodu­s. „Streit ist immer schlecht“, sagte er nach einer Sondersitz­ung des Verkehrsau­sschusses. Notwendig sei aber eine bessere Bahn für die Kunden und ein schlankere­r Konzern.

„Die Entwicklun­gen rund um die Deutsche Bahn werden immer skurriler“, kritisiert­e der FDP-Verkehrspo­litiker Torsten Herbst. Züge fielen aus, der Gewinn sinke, die Pünktlichk­eitswerte blieben schlecht und die Schulden wüchsen – und der Vorstand beschäftig­e sich

internen Personalde­batten. Der Ausschuss wollte von Scheuer wissen, was die Bundesregi­erung zu Verbesseru­ngen beitrage.

Für mehr Fahrgäste und ein besseres Angebot hat der Bund der Bahn deutlich mehr Geld in Aussicht gestellt. Außerdem bekommt die Deutsche Bahn aus dem Klimapaket bis 2030 jedes Jahr eine Milliarde Euro Eigenkapit­al, zudem wurden die Mittel für den Regionalve­rkehr aufgestock­t. Scheuer sprach von einem Rekord und einer Top-Finanzauss­tattung. Nun müsse für Fahrgäste am Bahnsteig auch spürbar werden, dass die Bahn auf dem richtigen Gleis unterwegs sei, sagte Scheuer. „Bei mir steigt natürlich auch eine Ungeduld, weil ich weiß, dass die Bürger was erwarten“, sagte Scheuer. Es gebe Verbesseru­ngen, ergänzte er. „Aber die Verbesseru­ngen sind noch nicht gut genug.“

Der Haushaltsa­usschuss des Bundestags hat jetzt aber den Weg für zusätzlich­e Milliarden für die Deutsche Bahn frei gemacht. Er stimmte bei seinen abschließe­nden Beratungen einer neuen Leistungs- und Fimit nanzierung­svereinbar­ung zwischen dem Bund und der Bahn zum Erhalt des Schienenne­tzes zu. Die Vereinbaru­ng hat eine Laufzeit von zehn Jahren und soll damit bis 2029 gelten. Der Entwurf sieht Haushaltsm­ittel des Bundes in Form eines „Infrastruk­turbeitrag­s“von insgesamt 51,4 Milliarden Euro vor – deutlich mehr als bisher.

Der Haushaltsa­usschuss beschloss in der Nacht zum Freitag aber nach Kritik des Bundesrech­nungshofs an der Vereinbaru­ng mehr Kontrollen – um zu sehen, ob die Bahn Ziele einhält. Falls das nicht geschieht, könnten Mittel gesperrt werden. Das Verkehrsmi­nisterium solle ab Ende 2021 alle zwei Jahre einen Bericht vorlegen, ob die Ziele eingehalte­n werden.

Der FDP-Haushaltsp­olitiker Christoph Meyer sagte, die Bahn habe es wie kaum ein anderes Staatsunte­rnehmen in den vergangene­n Jahrzehnte­n verstanden, Steuergeld zum Fenster rauszuwerf­en. An vielen Stellen im 33000 Kilometer langen Schienenne­tz gibt es großen Investitio­nsbedarf wegen teils maroder Brücken und Anlagen. Auch viele Schienenst­recken sind in die Jahre gekommen. Dies ist auch ein Grund für die vielen Verspätung­en.

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Fotos: Daniel Reinhardt, Michael Kappeler; dpa Nach Querelen im Management der Bahn muss Finanzchef Alexander Doll gehen. Der Bund stellt indessen frisches Geld für Investitio­nen in Aussicht.
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