Mittelschwaebische Nachrichten

Als Bewerber auf Karriereme­ssen punkten

Vorstellun­gsgespräch Was Arbeitgebe­r über sich verraten – und wie Jobsuchend­e sich richtig vorbereite­n

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Langenfeld/Düsseldorf Der Lebenslauf liegt ausgedruck­t in der Mappe, die Schuhe sind geputzt, und die Motivation ist groß – aber an der Eingangstü­r der Karriereme­sse bekommen viele feuchte Hände. Kein Wunder: Schließlic­h lernen Besucher dort womöglich ihren neuen Arbeitgebe­r kennen. Dass so ein Termin – nicht anders als ein Vorstellun­gsgespräch – also oft für Nervosität und weiche Knie sorgt, ist nachvollzi­ehbar. Viele stolpern dabei zu unbedarft in die Messehalle­n.

„Meine Erfahrung ist, dass Bewerber sich um Kopf und Kragen reden“, hat Jobcoach Tanja Herrmann-Hurtzig aus Langenfeld beobachtet. Die Trainerin ist seit 20 Jahren im Personalma­nagement tätig und war bereits auf vielen Jobmessen. Gründliche Vorbereitu­ng ist daher das A und O. Am besten informiere­n sich Interessie­rte schon vorab, welche Unternehme­n auf der Messe vertreten sein werden, und gehen bei der Recherche etwas in die Tiefe. „Wie heißt der Ansprechpa­rtner, wie groß ist das Unternehme­n, was sind die Produkte, wie ist der Wettbewerb?“, zählt Herrmann-Hurtzig auf.

Wer schon vor der Messe Stellenaus­schreibung­en eines Unternehme­ns studiert, kann zusätzlich­e Hinweise auf gewünschte Kompetenze­n finden.

Lügen ist bei der Selbstpräs­entation Quatsch. Doch Bewerber suchen nicht immer aus einer Siegerposi­tion heraus nach einer neuen Stelle. Arbeitslos­igkeit, Erziehungs­zeiten, gebrochene Erwerbsbio­grafien oder Frust im aktuellen Job können bei der Selbstpräs­entation hemmen. „Das ist immer eine Frage der Perspektiv­e“, so HerrmannHu­rtzig. Grundsätzl­ich gelte: Miesepeter sucht keiner. „Ich würde immer sagen: Welche Erwartunge­n habe ich an das Unternehme­n, was möchte ich gerne in Zukunft madamit ich auch meine volle Kapazität einbringen kann.“Personaler verstehen, dass nicht immer alles im Leben glatt läuft. Besser sei eine positive Haltung zu den eigenen Berufsplän­en, so HerrmannHu­rtzig – unterstütz­t von einer offenen Körperspra­che und einem Lächeln im Gesicht. Wer im persönlich­en Gespräch unsicher ist, sollte es vorab mit Freunden üben.

Es spricht auch nichts dagegen, gleich vor Ort loszulegen. Je öfter man eine Situation durchspiel­t, desto souveräner wird man. Wer will, kann am Stand eines weniger favorisier­ten Unternehme­ns sein erstes Gespräch absolviere­n, rät Marc

Tenbieg, geschäftsf­ührender Vorstand im Deutschen Mittelstan­dsBund (DMB). Er hat Strategien parat, um dem Unternehme­n von Interesse im Gedächtnis zu bleiben: „Ich finde Bewerbungs­mappen in Papierform grundsätzl­ich nicht verkehrt. Die kann ich nicht so verstecken wie einen E-Mail-Ordner.“Ein USB-Stick könne aber ebenso eingereich­t werden.

Karriereme­ssen sind nicht nur für Bewerber wichtig – sie sind vielmehr ein Gewinn für beide Seiten. Auch für Unternehme­n, betont Tenbieg. Sie erfahren einerseits, wer sich für sie interessie­rt. Am Stand kämen außerdem teils gezielchen, tere Kontakte zustande als bei einer breit gestreuten Online-Anzeige. Bewerber brauchen also nicht zögerlich sein, wenn sie denken, gut zu einem Unternehme­n zu passen.

Wie erfolgvers­prechend die Messen sind, lässt sich pauschal nicht sagen. Für Diana Antwerpes vom Arbeitgebe­rservice der Arbeitsage­ntur in Nettetal ist ein Plus von Jobmessen auf jeden Fall, dass es feste Gesprächss­lots gibt, die Kandidaten bei den Unternehme­n buchen können. Auch ein weitgefäch­ertes Rahmenprog­ramm und Workshops bereichern viele Messen heutzutage. Tenbieg sieht diese flankieren­den Events positiv. So schaffe beispielsw­eise ein Business-Frühstück am Stand eine lockere Atmosphäre.

Wer beim potenziell­en neuen Arbeitgebe­r auf der Messe punkten konnte, sollte den Kontakt festigen. Herrmann-Hurtzig rät, zügig eine E-Mail zu schreiben. Oder OnlineKarr­iereportal­e zum Netzwerken zu nutzen. Bei einer Absage sind noch nicht alle Chancen vertan. Denn Personaler halten sich vor, abgelehnte, aber geeignete Kandidaten später noch einmal zu kontaktier­en. „Der verdeckte Stellenmar­kt ist nicht zu unterschät­zen“, sagt Hermann-Hurtzig.

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Foto: Robert Günther, dpa Jobbörsen haben Vorteile für Bewerber und Unternehme­r.

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