Mittelschwaebische Nachrichten
Im SUV durch ein Land vor unserer Zeit
Die meisten „Stadtgeländewagen“bekommen die Wildnis so gut wie nie zu Gesicht. Ein Albanien-Trip zeigt, was sie eigentlich draufhätten
Es ist ein Land vor unserer Zeit. Die Straßen sind mal steinig, mal schlammig, fast immer aber holprig. Die Landschaften unberührt. Eine Tomate schmeckt noch nach Tomate und wer auf den Wochenmarkt geht, der gleich hinter der nächsten Brücke in einem kleinen Tal abgehalten wird, der kommt im Sonntagsstaat. Entweder auf Schusters Rappen oder auf dem Pferd. Gerne auch mit einem klapprigen Eselkarren. Das Land vor unserer Zeit hat gerade eben eine Abfuhr von der EU bekommen. Nicht reif genug, noch nicht einmal für den Beginn von Beitrittsverhandlungen.
Dabei ist Albanien (noch) ein Geheimtipp für Touristen. Und besonders für Offroadfahrer. Denn so richtig entwickelt ist das Straßennetz des Landes immer noch nicht. Bis Anfang der neunziger Jahre waren in ganz Albanien knapp 3000 Autos unterwegs. Nur Mitglieder der kommunistischen Partei und hohe Beamte des diktatorischen Regimes von Staatsgründer Enver Hoxha konnten und durften sich einen fahrbaren Untersatz leisten. Rest des Landes litt unter bitterer Armut, was auch an Hoxhas Paranoia lag, der sein Land streng abschottete. Vor lauter Angst, Albanien könnte von den Nachbarn überfallen werden, ließ er gigantische Stahl- und Betonwerke errichten und befahl seinem Drei-Millionen-Volk damit den Bau von 750 000 Bunkern.
Auf die stummen Zeugen dieser diktatorischen Vergangenheit trifft man immer wieder beim Roadtrip durch Albanien. In der Stadt Elbasan grüßt in der Ferne das rostige und zum Teil verlassene RiesenKombinat „Stahl der Partei“mit seinen ursprünglich 520 Gebäuden und seiner 47 Kilometer langen Eisenbahnstrecke. Und die Bunker findet man überall im Land. An einsamen Berghängen genauso wie hinDer ter historischen Burgmauern. 170 000 sind es schließlich „nur“geworden, bis der Diktator nach 41-jähriger Herrschaft anno 1985 starb. Genützt werden die Schutzräume heutzutage eher profan: als Ziegenställe oder Strohstadel. In der Hauptstadt Tirana auch als KunstObjekte.
Unser Skoda Karoq kämpft sich ohne zu mucken und zu murren die
Bergpisten hinauf. Vorbei an den skurrilen Bunkerbauten oder durch Olivenhaine, die so alt sind, dass sie die halbe Menschheitsgeschichte erzählen können. Bäume mit einem Alter von bis zu 3800 Jahren sind keine Seltenheit. Die Menschen, auf die wir auf den einsamen Straßen treffen, sind freundlich. Was sie sich denken, wenn sie auf das mittlerweile „dreckige“Dutzend Karoq treffen, kann man nur erahnen. Freundlich machen die stolzen Reiter Platz für die Hightech-Karawane. Hund und Hirte treiben wahlweise Schaf- und Ziegenherden von der Straße und auch ein bockiger Esel hat schließlich ein Einsehen, dass ein moderner SUV im Zweifelsfall der Stärkere ist.
Hier kann ein Sports Utility Vehicle tatsächlich beweisen, was es draufhat. Weder Schlammpisten noch Fahrbahnen, die an Schutthalden erinnern, stoppen die Karawane. Im Offroad-Programm nimmt der Tscheche Stein für Stein jede Hürde, gelassen holpert er über Verschränkungen und fährt selbstständig den Berg hinunter. Man muss nur den Mut haben, Computer und Mechanik machen zu lassen.
Gottvertrauen oder Vertrauen in die Skoda-Ingenieure sind da durchaus dienlich, wenn man bei 17 Prozent Gefälle vom Bremspedal geht. Und siehe da: Es funktioniert. Wie von Geisterhand rattert der Karoq zu Tale, wir genießen die Aussichten in dunkle Schluchten und Canyons, die bis zu 100 Meter tief sind.
Offroad-Kompetenz hat Skoda schon lange. Nach dem Krieg war sogar ein kompakter Geländewagen mit zuschaltbarem Vorderradantrieb im Programm, der 58-prozentige Steigungen schaffte. Dennoch kam der Tschechen-Jeep mit der Typbezeichnung 973 über die Stückzahl von 30 Prototypen nicht hinaus. Von 1966 bis 1972 wurde der erste SUV-Vorfahre von Skoda in erheblicher Stückzahl gebaut.
In Neuseeland lief der Trekka vom Band, ein Automobil auf der Basis des Octavia-Kombi-Fahrgestells. Der Kiwi-SUV mit dem tschechischen Herzen brachte es immerhin auf 3000 Exemplare. Geradezu lächerlich im Vergleich zu heute: Allein 2017 lieferte Skoda 127000 Allradfahrzeuge aus, seit 1999 gingen über 700000 4x4-Modelle an die Kunden.