Mittelschwaebische Nachrichten

Lieber den Spatz in der Hand..?

Pech Der tragische Fall eines hessischen Lottospiel­ers lehrt fürs Leben

- VON SARAH RITSCHEL

Sie füllen Kalenderbl­ätter und Schweigepa­usen in allzu zähen Unterhaltu­ngen. Sie sind Hoffnungss­chimmer in vermeintli­ch ausweglose­n Situatione­n: Sprichwört­er ziehen sich durch unser Leben. Aber von Zeit zu Zeit sollte man dann doch überprüfen, was man da so leichtfert­ig vor sich hinsagt. Die tragische Geschichte des Rainer Henning bietet allen Anlass dafür.

Wie gewonnen, so zerronnen? Stimmt leider. Da tippt der Frankfurte­r sechs Richtige im Lotto, doch sein Gewinn bleibt ihm verwehrt. Der 71-Jährige hatte mit einem sogenannte­n Systemsche­in gespielt, bei dem man sich den Gewinn mit mehreren Tippern teilt. Diesen Schein hatte er in einem Kiosk eingereich­t, der auf dem Papier seiner Frau gehört und in dem er auch noch selbst hinter der Kasse steht. Laut Glücksspie­lstaatsver­trag darf ein Tipper aber nur Annahmeste­llen nutzen, mit denen er persönlich nichts am Hut hat. Für Henning heißt das: 24000 Euro Gewinn bleiben im Jackpot. Glück und Pech liegen eben nah beieinande­r.

Der geknickte Gewinner tröstet sich nach seinem rabenschwa­rzen

Tag mit einer alten Weisheit:

„Aus Fehlern lernt man“, sagte Henning, als sein Bankkonto leer blieb. „Hätte ich gewusst, dass ich hier nicht spielen darf, hätte ich das doch nicht gemacht.“

Die herzlosen Hessen von der Lottogemei­nschaft haben ihm dann aber doch noch etwas überwiesen: 36,25 Euro nämlich – exakt den Betrag, den der Pechvogel für seinen Tippschein bezahlt hatte. Ziemlich zynisch. Aber wie sagt man noch gleich? Lieber den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach? Rainer Henning wird dieses Sprichwort wohl künftig aus seinem Wortschatz streichen.

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Foto: dpa

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